Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrauensschutz bei der Umschuldung von Policendarlehen
Leitsatz (redaktionell)
Zinsen aus einer vor dem 14.2.1992 abgeschlossenen Lebensversicherung sind bei Umschuldung und neuer Finanzierung eines Disagios gleichwohl nicht steuerpflichtig, obwohl das Darlehen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG in Bezug auf die Zahlung des Disagios steuerschädlich verwendet wurde, weil die Billigkeitsregelung des BMF-Schreibens vom 15.6.2000, BStBl. I 2000, 1118 = FR 2000, 891 Tz. 72 das verhindert.
Normenkette
EStG 1992-2004 § 10 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob bei der Umfinanzierung eines Darlehens eine Lebensversicherung steuerschädlich verwendet wurde, so dass die Zinsen aus der Lebensversicherung einkommensteuerpflichtig werden.
Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Seit 1987 sind die Eigentümer des vermieteten Grundbesitzes L-Straße. Der ursprüngliche Nettokaufpreis dieses Grundbesitzes in Höhe von 1.354.681,– DM wurde bei Kauf des Objektes zum Teil über ein Darlehen bei der T-AG fremdfinanziert und durch eine Lebensversicherungspolice derselben Anstalt abgesichert.
Im Jahre 1998 belief sich die Valuta des Darlehens auf 1.000.000,– DM. Dieses Darlehen wurde durch ein neues Darlehen bei der X-Bank sowie private Gelder abgelöst. Im einzelnen wurde die Umschuldung wie folgt finanziert:
Restvaluta des alten Darlehens bei der T-AG 1.000.000,– DM.
Neues Darlehen bei der X-Bank über 1.000.000,– DM mit zwei Auszahlungen über
insgesamt |
897.416,67 DM |
Private Gelder |
109.642,77 DM |
Summe (einschließlich Zinsen) |
1.007.049,44 DM. |
Die Abtretung der Ansprüche aus der Lebensversicherung an die X-Bank erfolgte in Höhe des auszuzahlenden Nettodarlehensbetrages. Insoweit wird auf die Abtretungserklärung vom 4. September 1998 Bezug genommen.
Im Zeitpunkt der Umschuldung betrug die voraussichtliche Auszahlungssumme der Lebensversicherung, die im Jahre 2013 fällig sein wird, 604.285,– DM.
Vor der Auszahlung des neuen Darlehens in Höhe von 1.000.000,– DM wurde hiervon ein Disagio in Höhe von 10 % (100.000,– DM) einbehalten. Vereinbart wurde die Tilgung eines Darlehensanteils im Jahre 2013 in Höhe von 480.000,– DM durch die abgetretenen Lebensversicherungsansprüche.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass mit der Umschuldung auch das Disagio finanziert wurde, so dass die Lebensversicherung steuerschädlich verwendet wurde. Er erließ deshalb am 7. Februar 2001 einen Bescheid, in welchem die Steuerpflicht der Zinsen aus der abgetretenen Lebensversicherung festgestellt wurde.
Den hiergegen eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2002, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, als unbegründet zurück.
Mit der Klage tragen die Kläger vor:
Der Gesetzgeber habe bei der Neuregelung der steuerschädlichen Verwendung von Lebensversicherungen dem Vertrauensschutz insoweit Rechnung getragen, als einem Versicherungsnehmer, der seine Lebensversicherung bereits vor dem Stichtag im Jahre 1992 konkret beliehen hatte, die alte Rechtslage zu Gute komme. Deshalb lasse die Finanzverwaltung zu, in sog. Altfällen Darlehen nach dem 14. Februar 1992 unter Einsatz von Ansprüchen aus Lebensversicherungen steuerunschädlich ganz oder teilweise umzuschulden. Das Bundesministerium der Finanzen habe diesem Vertrauensschutzgesichtspunkt in dem Schreiben vom 15. Juni 2000 (BStBl I 2000, 1118) Rechnung getragen. In Tz. 72 dieses Schreibens werde ausgeführt, dass es bei Darlehen, die vor dem 14. Februar 1992 entstanden seien und durch ein neues Darlehen abgelöst werden, für die Handhabung der Lebensversicherungen nicht steuerschädlich sei, wenn das Ablösungsdarlehen die Restvaluta des umgeschuldeten Darlehens nicht übersteige und die Versicherungsansprüche vereinbarungsgemäß nur bis zu dieser Höhe der Sicherung oder Tilgung des Ablösungsdarlehens dienten. Hierbei handele es sich um eine Sonderregelung für Altfälle, die nicht durch einen Rückgriff auf die verschärften Bedingungen der Neufälle ausgehebelt werden dürfe.
Wegen der weiteren Begründung wird auch auf den Schriftsatz der Kläger vom 14. Juni 2006 Bezug genommen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid vom 7. Februar 2002 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 29. Mai 2002 aufzuheben;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen;
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Zur Begründung führt er ergänzend zur Einspruchsentscheidung aus:
Bei der Umschuldung eines Darlehens fehle es grundsätzlich an dem Merkmal der ausschließlichen und unmittelbaren Verwendung der Darlehenssumme für begünstigte Anschaffungs-/Herstellungskosten eines langlebigen Wirtschaftsgutes. Die Finanzverwaltung verstehe die Regelung in dem BMF-Schreiben vom 15. Juni 2000 als Billigkeitsregelung, um einen Steuerpflichtigen nicht für immer an einen Darlehensgeber zu binden. Soweit die Erstfinanzierung steuerunschädlich möglich ...