Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzug nachträglicher Werbungskosten im Zusammenhang mit Einnahmen vor dem 1.1.2009
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Abgeltung von Werbungskosten durch den Sparer-Pauschbetrag bezieht sich noch nicht auf Steuerberatungskosten, die auf vor dem 1.1.2009 zugeflossene Erträge entfallen. Diese bleiben auch bei späterer Zahlung von der Neuregelung ausgenommen.
2) Die Aufwendungen sind nicht um den anteiligen, in Anspruch genommenen Sparer-Pauschbetrag zu kürzen.
Normenkette
EStG § 11 Abs. 2 S. 2, § 52a Abs. 10 S. 10, § 20 Abs. 9 S. 1
Nachgehend
BFH (Urteil vom 09.06.2015; Aktenzeichen VIII R 42/14) |
Tatbestand
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Abzugsfähigkeit von nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, die im Zusammenhang mit Einnahmen aus Kapitalvermögen stehen, die vor dem 01.01.2009 zugeflossen sind.
Die Kläger wurden im Streitjahr 2009 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung erklärten sie u.a. jeweils Kapitaleinkünfte, wobei der Kläger unter Kz. 15 seiner Anlage KAP Steuerberatungskosten i.H.v. 1.544,03 EUR als Werbungskosten geltend machte. Diese Aufwendungen stehen unstreitig im Zusammenhang mit Kapitalerträgen, die den Klägern vor dem 01.01.2009 zugeflossen sind und am 05.02., 05.05., 17.09. und 26.10.2009 bezahlt wurden. Mit Einkommensteuerbescheid vom 25.03.2011 wurden die Kläger zur Einkommensteuer veranlagt. Der Beklagte erkannte den geltend gemachten Werbungskostenabzug nicht an. Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung wurden beim Kläger und bei der Klägerin jeweils ein Sparer-Pauschbetrag gemäß § 20 Abs. 9 Sätze 1 und 2 EStG i.H.v. jeweils 801 EUR berücksichtigt.
Hiergegen legten die Kläger am 28.04.2011 Einspruch ein, den sie damit begründeten, dass die geltend gemachten Aufwendungen im Zusammenhang mit Einnahmen aus Kapitalvermögen stünden, die bis zum Jahr 2008 erzielt worden seien. Somit handele es sich um nachträgliche Werbungskosten zu Kapitaleinkünften, die noch der Regelbesteuerung nach dem bis zum 31.12.2008 gültigen Einkommensteuergesetz unterlägen und deshalb in voller Höhe zu berücksichtigen seien.
Mit Einspruchsentscheidung vom 01.06.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er unter Hinweis auf Rz. 322 und 323 des BMF-Schreibens vom 22.12.2009 (IV C 1 – S 2252/08/10004, 2009/0860687, BStBl I 2010, I S. 94) aus, dass ein Werbungskostenabzug bei Einkünften aus Kapitalvermögen seit Einführung der sog. Abgeltungssteuer gemäß § 20 Abs. 9 S. 1 des Einkommensteuergesetzes – EStG – ausgeschlossen sei. Werbungskosten seien dabei dem Jahr zuzuordnen, in dem sie geleistet würden, so dass in 2009 geleistete Ausgaben dem Abzugsverbot auch dann unterlägen, wenn sie mit Kapitalerträgen der Vorjahre im Zusammenhang stünden. Abweichend hiervon sei es aus Billigkeitsgründen nicht zu beanstanden, wenn die durch das Abzugsverbot unberührt bleibende Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 2 S. 2 EStG noch für einen Zeitraum bis zum 31.01.2009 angewendet werde. Nach diesen Grundsätzen scheide ein Abzug der Steuerberatungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen vorliegend aus.
Am 18.06.2011 haben die Kläger die vorliegende Klage erhoben.
Sie machen geltend, dass nach der in § 52a Abs. 10 Satz 10 EStG kodifizierten Übergangsregelung das in § 20 Abs. 9 Satz 1 EStG normierte Abzugsverbot der tatsächlichen Werbungskosten nur für solche Werbungskosten gelte, die im Zusammenhang mit Kapitalerträgen stünden, die vor dem 01.01.2009 zugeflossen seien. Das Wort „Kapitalerträge” sei dabei als Synonym für den Begriff „Einnahmen aus Kapitalvermögen” zu verstehen, da sich die Einkünfte aus Kapitalvermögen erst aus der Differenz zwischen den Einnahmen und Werbungskosten ergäben. Ein generelles Abzugsverbot für alle nach dem 31.12.2008 abfließenden Werbungskosten können der Vorschrift nicht entnommen werden. Nichts anderes folge aus dem objektiven Nettoprinzip. Auch die Verwaltung habe Zweifel an ihrer Auffassung, was sich daran zeige, dass der Zehn-Tages-Zeitraum nach § 11 Abs. 2 S. 2 EStG im BMF-Schreiben vom 22.12.2009 auf einen Monat verlängert worden sei.
Die Kläger beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 2009 vom 25.03.2011 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 01.06.2011 dergestalt zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Berücksichtigung nachträglicher Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.H.v. 1544,03 EUR neu festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er vollumfänglich auf die Einspruchsentscheidung.
Auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.07.2014 wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2009 ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –).
I.
Der Beklagte hat zu Unrecht den Abzug der Steuerberatungskosten i.H.v. 1.544,03 EUR als nachträgliche Werbungskosten bei de...