Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung einer Mindestzeitrente als Leibrente
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Mindestzeitrente, bei der die Mindestlaufzeit erheblich unter der durchschnittlichen Lebenserwartung des Berechtigten liegt, ist als Leibrente zu behandeln.
2) Im Fall einer Rentenerhöhung aufgrund einer Wertsicherungsklausel, erhöht sich der Ertragsanteil und der Stammrechtsanteil der Leibrente
Normenkette
EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, wie monatliche Rentenzahlungen als Gegenleistung für den Eigentumserwerb an einem Grundstück in den Streitjahren 1996 bis 1999 steuerlich zu behandeln sind.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen u.a. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Mit notariellem Kaufvertrag vom 18. Januar 1979 hatten die Kläger das bebaute Grundstück H-Straße 106 und 108, nunmehr L-Straße 106 – 108, in T-Stadt von Frau FB erworben. Der Kaufpreis bestand in einer Barzahlung i.H.v. 100.000 DM und monatlichen Rentenzahlungen i.H.v. 1.500 DM. Laut Kaufvertrag war die Rente auf Lebenszeit der Veräußerin zu zahlen unter weiterer Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel, die an den Lebenshaltungskostenindex gebunden war. Beim Ableben der Veräußerin als Berechtigten vor einem Zeitraum von 10 Jahren der Rentenzahlung sollte die Rente bis zum Ablauf der 10-Jahres-Frist an die Erben weitergezahlt werden. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den notariellen Kaufvertrag vom 18. Januar 1979 verwiesen (Bl. 40 ff. der FG-Akte).
FB hatte bei Abschluss des Vertrages am 18. Januar 1979 das 58. Lebensjahr vollendet.
Die Kläger nutzen das Grundstück zur Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung.
Die Kläger behandelten die Zahlungen als Mindestzeitrente oder verlängerte Leibrente. Demzufolge ermittelten sie den in den Rentenzahlungen enthaltenen Zinsanteil – entsprechend der Handhabung im betrieblichen Bereich – im Wege der Gegenüberstellung der Rentenbarwerte (Barwertminderung) und setzten den so ermittelten Zinsanteil als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung an. Dabei handelte es sich um folgende Beträge:
1996 |
11.862 DM |
1997 |
11.916 DM |
1998 |
12.042 DM |
1999 |
12.168 DM. |
Aufgrund des Eingreifens der Wertsicherungsklausel ergaben sich in den Veranlagungszeiträumen 1996 bis 1999 Rentenmehrbeträge gegenüber der ursprünglich vereinbarten Rente i.H.v. monatlich 1.500 DM. Die Rentenmehrbeträge aufgrund der Rentenerhöhung betrugen:
1996 |
11.040 DM |
1997 |
11.040 DM |
1998 |
12.735 DM |
1999 |
12.396 DM |
Im Jahre 2001 fand bei den Klägern eine Betriebsprüfung statt. Die Betriebsprüfung beanstandete die bislang von den Klägern praktizierte Behandlung der Rentenzahlung sowie der Rentenerhöhungsbeträge. Der Betriebsprüfer vertrat die Rechtsauffassung, die Kläger dürften sowohl in Bezug auf die Grundrente als auch in Bezug auf die Rentenerhöhungsbeträge lediglich den Ertragsanteil als Werbungskosten ansetzen. Nach seiner Auffassung sollte die Rentenverpflichtung gegenüber FB und ihren Abkömmlingen ungeachtet der Mindestlaufzeit von 10 Jahren eine Leibrente darstellen mit der Folge, dass nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG nur der Ertragsanteil der Rente als Werbungskosten abziehbar sein sollte. Auf dieser Grundlage änderte der Beklagte die Einkommensteuerbescheide 1996 bis 1999 am 6. März 2002 nach § 164 Abs. 2 AO. Dabei behandelte der Beklagte die Rentenzahlungen als Veräußerungsleibrente. Dementsprechend ermittelte er den Ertragsanteil gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG. Der Beklagte ging dabei davon aus, dass aufgrund des Alters der Veräußerin im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses von 58 Jahren der Ertragsanteil 35 % betragen würde. Außerdem ging er davon aus, dass der bisher in voller Höhe angesetzte Erhöhungsbetrag der Rente aufgrund der Wertsicherungsklausel als Bestandteil der Rente nur mit dem Ertragsanteil als Werbungskosten abzugsfähig sei.
Dementsprechend kürzte der Beklagte in den Bescheiden vom 6. März 2002 Zinsanteil und Rentenerhöhungsbeträge wie folgt:
|
1996 |
1997 |
1998 |
1999 |
Kürzung Zinsanteil |
5.562 DM |
5.616 DM |
5.742 DM |
5.868 DM |
Kürzung Rentenerhöhung |
7.176 DM |
7.176 DM |
8.277 DM |
8.057 DM |
|
12.738 DM |
12.792 DM |
14.019 DM |
13.925 DM |
Der gegen die Einkommensteueränderungsbescheide eingelegte Einspruch der Kläger wurde – nach Änderung des Einkommensteuerbescheides 1999 am 8. August 2002 aus hier nicht interessierenden Gründen – mit Einspruchsentscheidung vom 21. März 2003 als unbegründet zurückgewiesen.
Zur Begründung ihrer hiergegen gerichteten Klage tragen die Kläger vor, dass es sich bei den streitgegenständlichen Zahlungen – entgegen der Auffassung des Beklagten – nicht um eine Leibrentenverpflichtung handele, die im Anwendungsbereich der Überschusseinkunftsarten in Anlehnung an §§ 22 Nr. 1 Satz 3; 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 Satz 2 EStG zu beurteilen sei. Denn die Vertragsparteien hätten eine Mindestzeitrente (verlängerte Leibrent...