Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsen für Darlehen zur Auszahlung von Pflichtteilsberechtigten
Leitsatz (redaktionell)
1) Belastungen des Nachlasses mit Vermächtnis-, Pflichtteils- und Erbersatzansprüchen führen nicht zu Anschaffungskosten des Erben für die Wirtschaftsgüter des Nachlasses.
2) Selbst wenn die Darlehensaufnahme erfolgt, um die Zwangsvollstreckung des Vermächtnis- oder Pflichtteilsberechtigten abzuwenden und die Grundstücke für die Vermietung zu erhalten, führt dieses nicht dazu, dass die anfallenden Schuldzinsen Werbungskosten darstellen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1; HGB § 255 Abs. 1; EStG § 9 Abs. 1 S. 1; BGB § 2303
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob von der Klägerin geltend gemachten Schuldzinsen und eine weitere Absetzung für Abnutzung (AfA) als Werbungskosten nach § 9 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzugsfähig sind.
Die Klägerin erwarb am 02.04.2000 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach ihrer verstorbenen Mutter, T, die Grundstücke E-Straße 1, E-Straße 2 und N-Straße in B sowie Bankguthaben in Höhe von insgesamt 173.682,00 DM. Nach dem notariell beurkundeten Testament der Erblasserin vom 09.03.2000 wurde die Klägerin als Alleinerbin eingesetzt und dem Sohn N das Pflichtteilsrecht entzogen. Weiter heißt es in dem Testament:
„Für den Fall, dass ihm gleichwohl ein Pflichtteilsanspruch zustehen sollte, sind darauf in jedem Fall die von mir erbrachten Leistungen oder bei meinem Tode noch vorhandenen Resthaftungen anzurechnen. Darüber hinausgehende Freistellungs- und Erstattungsansprüche gehören als Nachlassforderung zu meinem Vermögen, gehen auf meine Erbin über und sind durch meinen Sohn zu erfüllen.”
Zur Absicherung von Verbindlichkeiten des Sohnes der Erblasserin und Bruders der Klägerin Herr N hatte die Erblasserin auf den Grundstücken Hypotheken eintragen lassen. Da N nicht in der Lage war, seine Verbindlichkeiten von damals 1,4 Mio DM zu tilgen, wurden die Objekte – auch noch zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Klägerin – teilweise zwangsverwaltet. Eine Zwangsversteigerung konnte zunächst aus formalen Gründen verhindert werden.
Nach dem Erbfall nahm die Klägerin bei der Bank B Darlehen über 1,4 Mio DM auf, mit denen die Verbindlichkeiten des Bruders abgelöst wurden.
Die Klägerin erklärte ihrem Bruder die Aufrechnung des aus der Darlehensablösung resultierenden Anspruchs mit dessen Pflichtteilsanspruch. Dieser machte gegen die Klägerin im Folgenden keinen Pflichtteil mehr geltend.
Die im Jahr 2001 (dem Jahr vor dem Streitjahr) für die aufgenommenen Darlehen angefallenen Zinsen in Höhe von insgesamt 90.695,66 DM hatte die Klägerin im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung 2001 jeweils anteilig bei den drei Objekten als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht. Das beklagte Finanzamt (FA) erkannte die geltend gemachten Schuldzinsen nicht als Werbungskosten an. Eine hiergegen geführte Klage wurde vom FG Köln durch Urteil vom 18.10.2006 4 K 6451/04 als unbegründet abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf das genannte Urteil verwiesen. Eine gegen diesen Urteil eingelegte Revision verwarf der BFH als unzulässig (Beschluss vom 15.05.2007, IX R 52/06).
Da die Klägerin für das Streitjahr keine Einkommensteuererklärung abgab, erließ der Beklagte den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 1.12.2004 mit geschätzten Besteuerungsgrundlagen. Die Veranlagung erfolgte gemäß § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Die festgesetzte Einkommensteuer 2002 betrug 6.345,00 EUR.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens legte die Klägerin die Einkommensteuererklärung 2002 vor. Der Beklagte erließ daraufhin den Einkommensteueränderungsbescheid 2002 vom 08.07.2005, in dem er die Einkommensteuer 2002 nunmehr i. H. v. 12.232,00 EUR festsetzte. Ein Hinweis von Seiten des Beklagten auf die drohende Verböserung erfolgte nicht. Diesen Bescheid bestätigte der Beklagte durch die abweisende Einspruchsentscheidung vom 31.08.2007, in der er den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Der Beklagte wich hierbei nach vorheriger Anhörung insoweit von der eingereichten Einkommensteuererklärung ab, als er die bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Schuldzinsen von insgesamt 45.498,79 EUR nicht berücksichtigte. Hiervon entfielen 35 % auf die E-Straße 2, 34 % auf die E-Straße 1 und 31 % auf die N-Straße. Da das Objekt E-Straße 2 im Streitjahr von der Klägerin zu 16 % selbst genutzt wurde, kürzte der Beklagte außerdem einen Teil der übrigen für dieses Objekt geltend gemachten Werbungskosten um diesen Anteil. Außerdem wich der Beklagte bei einer Vielzahl anderer, im Rahmen des vorliegenden Verfahrens nicht interessierender, Punkte von den erklärten Besteuerungsgrundlagen ab. Erklärungsgemäß übernommen wurde für alle drei Häuser die als Rechtsnachfolgerin der verstorbenen Mutter geltend gemachte AfA.
Zur Nichta...