Nachgehend
Tatbestand
Weil der Kläger keine Einkommensteuererklärung für 1993 abgab, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen. Ausweislich der Steuerakten trägt der maschinell erstelle Einkommensteuerbescheid 1993 das Datum vom 4.12.1995 und wurde mit einfachem Brief zur Post gegeben. Adressiert ist der Bescheid an die Prozeßbevollmächtigte des Klägers. Er wurde in das Postfach der Prozeßbevollmächtigten eingelegt.
Gegen den Bescheid hat die Prozeßbevollmächtigte mit Schreiben vom 9.1.1996 Einspruch eingelegt. Das Schreiben trägt den Eingangsstempel des Beklagten vom gleichen Tag. Wegen Versäumung der Einspruchsfrist wies der Beklagte die Prozeßbevollmächtigte auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hin. Dazu hat die Prozeßbevollmächtigte vorgetragen, gegen den Steuerbescheid habe sie fristgerecht Einspruch eingelegt, denn der Bescheid habe bei ihr erst am 11.12.1995 im Postfach gelegen. Es könne zwar sein, daß dieser bereits am Samstag, dem 9.12.1995, dort eingelegt worden sei, samstags werde bei ihr jedoch keine Post abgeholt.
Der Beklagte wies den Einspruch als unzulässig zurück, ohne Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Gegen die Einspruchsentscheidung hat der Kläger Klage erhoben. Der Kläger ist der Auffassung, der Einspruch sei fristgerecht eingelegt worden.
Der Kläger beantragt,
die Einspruchsentscheidung vom 29.2.1996 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Der Beklagte hat zu Recht den Einspruch als unzulässig verworfen, weil er verspätet erhoben wurden ist.
Nach § 355 AO ist der Einspruch gegen einen Verwaltungsakt innerhalb eines Monats nach dessen Bekanntgabe einzulegen. Als bekanntgegeben gilt ein Verwaltungsakt, der durch die Post übermittelt wird, am dritten Tage nach der Aufgabe zur Post (§ 122 Abs. 2 AO). Danach gilt der Einkommensteuerbescheid, der das Datum des 4.12.1995 trägt, am 7.12.1995 als bekanntgegeben. Die Rechtsbehelfsfrist begann am 8.12.1995 und endete am 8.1.1996, weil das Fristende (7.1.1996) auf einen Sonntag fiel. Damit ist der vom Kläger eingelegte Einspruch, der den Eingangsstempel des Beklagten vom 9.1.1996 tragt, verspätet.
Die Prozeßbevollmächtigte des Klägers kann sich im Streitfall nicht darauf berufen, der Einspruch sei fristgerecht, weil sie den Bescheid erst am 11.12.1995 in ihrem Postfach gefunden habe. Denn der Dreitagezeitraum gilt auch, wenn der Bekanntgabeempfänger ein Postfach unterhält (vgl. BFH-Urteil vom 7. Februar 1962 II 137/60 U BStBl III 1962, 496). Zwar kann die Zugangsvermutung des § 122 Abs. 2 AO widerlegt würden, dazu ist aber erforderlich, daß subststantiiert Gründe für die Begründung von Zweifeln gegen die Dreitagevermutung geltend gemacht werden (vgl. BFH-Urteil vom 5. Dezember 1974 V R III 74, BStBl II 1975, 286, sowie Tipke-Kruse, § 122 AO Tz 23). Das hat die Prozeßbevollmächtigte des Klägers nicht getan. Sie hat nicht schlüssig dargetan, daß der Einkommensteuerbescheid erst nach Ablauf des Dreitagezeitraums zugegangen ist. Das dazu im Auszug vorgelegte Fristenkontrollbuch reicht nicht aus, in dem als Tag der Bekanntgabe der 11.12.1995 vermerkt ist, denn es kommt, wenn der Bekanntgabeempfänger ein Postfach unterhält, nicht auf das Datum der tatsächlichen Abholung der Sendung an.
Im Streitfall kommt hinzu, daß hier nicht einmal feststeht, ob die Prozeßbevollmächtigte das Postfach täglich geleert hat. Die Prozeßbevollmächtigte hat zwar vorgetragen, daß sie bis auf Samstag das Postfach täglich leere, es blieb aber offen, ob und wann sie das auch am 8.12.1995 getan hat. Zwar muß im Zweifel nach § 122 Abs. 2 die Behörde den Zeitpunkt des Zugangs nachweisen, weil die Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil vom 15. September 1994 XI R 31/91, BStBl II 1995, 41) es ausdrücklich abgelehnt hat, in den Fällen des Nachweises des Zugangszeitpunkts nach § 122 Abs. 2 AO einen sog. Anscheinsbeweis genügen zu lassen. Diese Nachweispflicht der Behörde gilt aber nicht, wenn nicht feststeht, daß täglich das Postfach geleert worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen