Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzugsfähigkeit von Einfuhrumsatzsteuer im Rahmen einer Verkaufskommission
Leitsatz (redaktionell)
Die notwendige Verfügungsbefugnis hat die Stpfl. mit der Versendung gem. § 3 Abs. 6 UStG erlangt. Die Stpfl. hat entweder die Kunstgegenstände persönlich beim Einlieferer abgeholt oder eine Spedition wurde durch die Stpfl. oder den Einlieferer beauftragt und die Einfuhr für die Stpfl. als Empfängerin der Leistung ausgeführt und sie in den Einfuhrdokumenten als Empfängerin genannt. Danach hat die Stpfl. bereits im Drittstaat die Verfügungsmacht an den Kunstgegenständen erlangt. Daraus folgt unter Berücksichtigung des Lieferbegriffs des § 3 Abs. 1 und Abs. 3 UStG sowie der einschlägigen Regelungen zum Lieferort nach § 3 Abs. 6 UStG, dass die Stpfl. im Zeitpunkt der Einfuhr der Kunstgegenstände nach Deutschland die insoweit nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 UStG für die Berechtigung zum Abzug der Einfuhrumsatzsteuer erforderliche Verfügungsmacht über die Kunstgegenstände erlangt hatte.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 6, 8, § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung zum Vorsteuerabzug bezüglich der von der Klägerin in den Jahren 2011 und 2012 gezahlten Einfuhrumsatzsteuer gem. § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft als Unternehmerin ein Kunstauktionshaus und bietet Eigentümern von Kunstwerken, Antiquitäten oder Schmuck die Möglichkeit, diese im Rahmen einer Verkaufskommission versteigern zu lassen. Eigentümer von Kunstgegenständen erteilen der Klägerin einen Versteigerungsauftrag und diese wird dann im Rahmen einer Verkaufskommission als Kommissionär tätig. Gemäß den in den Streitjahren geltenden Einlieferungsbedingungen erfolgt die Versteigerung durch die Klägerin öffentlich als Kommissionärin im eigenen Namen und für Rechnung des Einlieferers als Kommittent im Rahmen eines Kommissionsgeschäftes. Bis zur Durchführung der Auktion ist die Klägerin an einen Auftrag, der widerrufen werden kann, gebunden. Der Kommittent kann eine Privatperson wie auch ein Unternehmen sein. Die Objekte sind auf Rechnung und Gefahr des Kommittenten bei der Klägerin einzuliefern und ggf. wieder abzuholen, sollte es nicht zu einem Verkauf kommen.
Die Kosten des Transportes, der Transportversicherung, etwa anfallende Abfertigungskosten des Spediteurs etc. trägt der Einlieferer. Die anfallende Zollabfertigung und die Einfuhrumsatzsteuer übernimmt die Klägerin. Binnen 5 Wochen nach Abschluss der Versteigerung erhält der Kommittent die Abrechnung und nach seiner entsprechenden Anweisung den Versteigerungserlös abzüglich der Kommission sowie etwaiger verauslagter Kosten ausbezahlt.
Der Käufer der Kunstgegenstände zahlte gemäß der in den Streitjahren geltenden Einlieferungsbedingungen auf den Zuschlagpreis ein Aufgeld von 20% (21% bei der Auktion für asiatische Kunst). Auf diesen Nettorechnungspreis (Zuschlagpreis + Aufgeld) wurde die gesetzliche Umsatzsteuer von 7% für Bilder, Originalgraphik, Plastik und Sammlungsstücke und von 19% für Kunstgewerbe und Photographie hinzugerechnet.
In den Streitjahren 2011 und 2012 wurden auch Gegenstände von Einlieferern mit Sitz im Drittland eingeliefert und durch die Klägerin versteigert. Der Transport erfolgte zum Teil durch eine persönliche Abholung der Klägerin beim Einlieferer, z.B. aus der Schweiz und zum Teil durch die Beauftragung einer Spedition durch die Klägerin oder durch den Einlieferer. Sofern die Klägerin die Speditionskosten zahlte, wurden diese später als verauslagte Kosten mit dem ausbezahlten Versteigerungserlös verrechnet. Die Zollabfertigung wurde immer durch den Spediteur übernommen. Die anfallenden Kosten der Zollabfertigung sowie die Einfuhrumsatzsteuer trug vereinbarungsgemäß die Klägerin.
In ihren Umsatzsteuerjahreserklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin die gezahlte Einfuhrumsatzsteuer in Höhe von 72.022,50 € für 2011 und 83.433,67 € für 2012 als abziehbaren Vorsteuerbetrag geltend. Die Steuererklärungen standen einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich. Zwischen den Beteiligten ist der Betrag der Einfuhrumsatzsteuer mittlerweile unstreitig, da sich diese Einfuhrumsatzsteuer nur auf Regelumsätze der Klägerin bezieht und für die Kunstgegenstände, für die die Einfuhrumsatzsteuer angefallen ist, von der Klägerin nicht die Differenzbesteuerung geltend gemacht wurde.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung im Jahr 2014 bei der Klägerin, die auch die Streitjahre betraf, kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die Umsätze aus den Versteigerungen nach den Grundsätzen des Kommissionsgeschäftes rechtlich zu würdigen seien. Der Kommissionär könne die Einfuhrumsatzsteuer mangels tatsächlicher Verfügungsmacht über den Gegenstand der Einfuhr bei Grenzübertritt nicht als Vorsteuer abziehen, selbst wenn der Kommissionär die Einfuhrumsatzsteuer im Auftrag des Kommittenten angemeldet und entrichtet habe.
Dementsprechend änderte der Beklag...