Entscheidungsstichwort (Thema)
Geldwerter Vorteil wegen seltener Dienstwagen-Nutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nur nach tatsächlicher Nutzung
Leitsatz (redaktionell)
Ein Zuschlag gem. § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG für die Nutzung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist nur für die tatsächlich durchgeführten Fahrten anzuwenden, wenn diese weniger als 15 Tage monatlich betragen, und dann nach Einzelbewertung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mit 0,002% des Listenpreises je Entfernungskilometer zu bewerten.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 2 S. 3, § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die zutreffende Besteuerung der Dienstwagennutzung für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte des Klägers.
Der Kläger ist von Beruf angestellter Unternehmensberater bei B, C-Straße … in D. Für seine Tätigkeit stand ihm während des gesamten Kalenderjahres ein Dienstwagen zur Verfügung. Der bis zum 02.08.2007 genutzte Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen E1 hatte unstreitig einen Bruttolistenpreis von 41.700 EUR; das für das restliche Streitjahr zur Verfügung stehende Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen E2 hatte einen Bruttolistenpreis von 88.400 EUR.
Beide Fahrzeuge nutzte der Kläger auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, allerdings wegen zahlreicher Dienstreisen lediglich an nachweislich 53 Tagen des Streitjahres (29 Fahrten bis zum 31.07.2007 und 24 Fahrten ab dem 01.08.2007), was zwischen den Beteiligten unstreitig ist (s. Bl. 82 d. FG-Akte und die Nachweise Bl. 38 ff. d. FG-Akte). Auf die Aufstellung des Klägers und seine Reisekostenabrechnungen wird Bezug genommen. Die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrug 3 km.
Der Kläger erklärte bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 445.670 EUR, wobei er den ursprünglichen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 466,15 EUR minderte. Diese Korrektur begründete er mit dem Wechsel von der pauschalen Besteuerung des geldwerten Vorteils zur Besteuerung nach den tatsächlich durchgeführten Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 04.04.2008 (VI R 85/04, BStBl II 2008, 887). Gemäß einer Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 23.01.2008 hatte dieser für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte pauschal einen Betrag von 38 EUR monatlich (0,03 % von 41.700 EUR × 3 km) für den ersten Dienstwagen und ab August 80 EUR monatlich (0,03 % von 88,400 EUR × 3 km) als geldwerten Vorteil versteuert (s. Rb-Akte des Beklagten). Seiner Berechnung legte er einen Anteil von 0,002 % des jeweiligen Listenpreises, multipliziert mit der Entfernung von 3 km und den Tagen der tatsächlichen Nutzung des Pkws für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu Grunde.
Der Beklagte folgte der Rechtsansicht des Klägers nicht. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens, in dem der Kläger sein Begehren weiter verfolgte, änderte der Beklagte den ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2007 zuletzt am 09.11.2009, aus hier nicht streitgegenständlichen Gründen. Mit Einspruchsentscheidung vom 05.01.2010 wies er den Einspruch als unbegründet zurück. Die vom Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 04.04.2008 entwickelten Rechtsgrundsätze, nach denen der Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem Dienstwagen von der Anzahl der tatsächlich durchgeführten Fahrten abhänge, für dessen Ermittlung eine Einzelbewertung je Fahrt mit 0,002 % des Listenpreises i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG je Entfernungskilometer vorgenommen werden müsste, würden von den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder nicht geteilt und dürften über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht angewendet werden. Insoweit werde auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23.10.2008 (IV C 5-S 2334/08/10010, BStBl I 2008, 961) verwiesen.
Unter Beibehaltung seiner Rechtsauffassung hat der Kläger am 02.02.2010 hiergegen die vorliegende Klage erhoben.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides, zuletzt geändert durch Bescheid vom 09.11.2009, in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 05.01.2010 die Einkommensteuer 2007 unter der Maßgabe herabzusetzen, dass der Bruttoarbeitslohn auf 445.670 EUR vermindert wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte auf seine Einspruchsentscheidung und das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 23.10.2008 (IV C 5-S 2334/08/10010, BStBl I 2008, 961).
Die Berichterstatterin hat mit Verfügungen vom 10.01.2011 und 02.03.2011 die Beteiligten darauf hingewiesen, dass der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 22.09.2010 (VI R 57/09, DStR 2010, 2627) seine Rechtsprechung aus dem Urteil vom 04.04.2008 nochmals bestätigt hat.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die beigezogenen Akten des Beklagten und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgr...