Nachgehend

BFH (Urteil vom 19.11.1998; Aktenzeichen V R 69/96)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob im Vorsteuer-Vergütungsverfahren gemäß §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) die Zweitschrift eines zollamtlichen Ersatzbelegs als Original-Dokument i. S. des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV 1991 anzusehen ist.

Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft mit Sitz und Geschäftsleitung in …, lieferte im Januar 1992 Meßgeräte an einen inländischen Abnehmer. Die Grenzabfertigung übertrug sie der … GmbH (nachfolgend: C-GmbH), die u. a. beim Hauptzollamt … u. a. die anfallende Einfuhrumsatzsteuer (EUSt) i.H.v. 124.731,60 DM entrichtete. Das Hauptzollamt … stellte über die gezahlte EUSt einen Ersatzbeleg aus, den die C-GmbH zusammen mit ihrer Rechnung an die Klägerin absandte. Die betreffende Postsendung ist nach Darstellung der Klägerin nicht bei dieser angekommen.

Daraufhin beantragte und erhielt die C-GmbH eine Zweitschrift des Ersatzbelegs, die das Hauptzollamt … „nachträglich … als Zweitausfertigung für den verlorengegangenen Ersatzbeleg” ausstellte. Unter Vorlage dieser Zweitschrift beantragte die Klägerin beim Beklagten eine Vergütung der EUSt. Diesen Antrag lehnte der Beklagte ab, da eine Vergütung von Umsatzsteuer nach § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV 1991 nur bei Vorlage von Original-Belegen zulässig und die vorgelegte Zweitschrift kein Original-Beleg im Sinne dieser Vorschrift sei. In einem von ihm erlassenen Vergütungsbescheid berücksichtigte der Beklagte deshalb lediglich eine – auf einem anderen Vorgang beruhende – Vorsteuer i.H.v. 1.376,– DM. Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Einspruchsverfahren die Klage.

Nach Auffassung der Klägerin sind die Voraussetzungen für eine Vergütung der EUSt im Streitfall erfüllt. § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV 1991 stehe dem bereits deshalb nicht entgegen, weil diese Vorschrift lediglich die Vorlage von Rechnungen und Einfuhrbelegen im Original verlange. Bei dem zollamtlichen Ersatzbeleg handele es sich aber weder um eine Rechnung noch um ein Einfuhrdokument. Im übrigen sei die vorgelegte Zweitschrift des Ersatzbelegs als „Original”-Dokument im Sinne der genannten Regelung anzusehen. Diese verlange nämlich nicht die Vorlage einer „Original-Erstschrift”, weshalb das Original einer Zweitschrift im Vergütungsverfahren ebenfalls ausreichen müsse.

Die vom Beklagten vertretene gegenteilige Auffassung sei bereits deshalb verfehlt, weil sie dazu führe, daß bei einem unverschuldeten Verlust von Original-Dokumenten eine Vergütung entrichteter Steuern vollständig ausscheide. Eine solche Handhabung produziere unbillige Härten und sei weder vom Zweck der Vergütungsregelung noch von den Absichten des Gesetz- und des Verordnungsgebers gedeckt. Zudem liege hierin eine Diskriminierung ausländischer gegenüber inländischen Unternehmern, da letztere auch mit Hilfe von Zweitschriften einen Vorsteuerabzug erreichen könnten. Schon unter diesem Gesichtspunkt müsse im Streitfall die begehrte Vergütung gewährt werden.

Schließlich weist die Klägerin darauf hin, daß die einschlägigen Durchführungsbestimmungen der Finanzverwaltung ausdrücklich die Ausstellung einer Zweitschrift für den Fall vorsehen, daß der Verlust eines Ersatzbelegs glaubhaft gemacht wird. Der Sinn dieser Regelung könne nur darin liegen, daß die Zweitschriften anschließend zum Vorsteuerabzug benutzt werden könnten. Dies müsse deshalb auch für den Streitfall gelten. Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung den Vergütungsbescheid vom 6. April 1993 zu ändern und die zu vergütende Vorsteuer für Januar bis April 1992 auf 126.106,79 DM festzusetzen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Die streitige EUSt sei dort zu Recht nicht berücksichtigt worden, da die Klägerin den hierfür erforderlichen Original-Ersatzbeleg nicht vorgelegt habe. Der zollamtliche Ersatzbeleg zähle zu den in § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV 1991 genannten Einfuhrdokumenten und müsse deshalb im Umsatzsteuer-Vergütungsverfahren im Original beigebracht werden, wofür die Vorlage einer Zweitschrift nicht ausreiche. Ein Nachweis der Steuerzahlung auf andere Weise sei in diesem Verfahren nicht möglich.

Für eine solche Betrachtungsweise spreche insbesondere der Zweck des § 61 Abs. 1 Satz 5 UStDV 1991, der darin bestehe, der Finanzbehörde eine schnelle und einwandfreie Überprüfung des Vergütungsanspruchs zu ermöglichen und einen Mißbrauch des Vergütungsverfahrens zu verhindern. Letzteres sei bei einer Zulassung von Zweitschriften als Beweismittel nicht gewährleistet, da dann die Möglichkeit bestehe, daß ein Unternehmer den Original-Beleg im Rahmen einer Umsatzsteuer-Veranlagung und die Zweitschrift im Vergütungsverfahren vorlege und auf diese Weise eine doppelte Berücksichtigung des Vorsteuerbetrags erreiche. Zudem sei zu berücksichtigen, daß die deutschen Finanzbehörden ausländische Unternehmer nicht einer Außenprüfung unterziehen könnten, weshalb das Verlangen nach einem eindeutigen Nachweis des...

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