rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verlustabzug
Leitsatz (redaktionell)
1.Gemäß § 10d Satz 2 EStG sind Steuerbescheide für die vorangegangenen Veranlagungszeiträume insoweit zu ändern, als der Verlustabzug zu gewähren oder zu berichtigen ist. Nach Satz 3 der Vorschrift gilt dies auch bei Unanfechtbarkeit der Steuerbescheide.
2. Die gesetzliche Regelung bezweckt die richtige und vollständige Verwirklichung des Verlustabzugs und stellt daher die Rechtmäßigkeit des Bescheides noch vor das Vertrauen auf seinen Bestand.
Normenkette
EStG § 10d Sätze 2-3; AO §§ 171-172, 172 Abs. 1, 1 Sätze 1, 1 Nr. 2d, Abs. 1 S. 1 Nr. 2d, 1.HS; EStG § 10d
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte die Einkommensteuerbescheide der Kläger für die Jahre 1981 und 1982 ändern durfte, nachdem sich herausgestellt hatte, dass Verluste des Veranlagungszeitraums 1983, die in diese Jahre zurückgetragen worden waren, zu Unrecht angesetzt worden sind.
Die Kläger sind zusammen zu Einkommensteuer veranlagte Ehegatten. Der Kläger ist Wirtschaftsprüfer und Steuerberater. Die Einkommensteuererklärung für 1981 ging im Januar 1983 beim Beklagten ein und die für 1982 im Februar 1984. Im Veranlagungszeitraum 1983 war der Kläger an der Sozietät F (Sozietät) in L beteiligt. Die Einkommensteuererklärung für 1983 ging im August 1984 beim Beklagten ein. Mit Gewinnfeststellungsbescheid vom 14. August 1984 wurde der Verlustanteil des Klägers aus der Sozietät für 1983 auf 410.184 DM festgestellt. Da sich dieser Verlust bei der Einkommensteuerfestsetzung für 1983 nicht in voller Höhe auswirkte (Bescheid vom 26. Oktober 1984 bzw. vom 23. Januar 1985), wurden 365.494 DM gemäß § 10d EStG nach 1981 und 49.561 DM nach 1982 zurückgetragen. Der Änderungsbescheid für 1981 erging am 7. Januar 1985, der für 1982 am 18. Februar 1985; der Vorbehalt der Nachprüfung für 1981 wurde mit Bescheid vom 26. April 1985 aufgehoben, der für 1982 und 1983 am 4. Februar 1986.
Im Zuge einer Betriebsprüfung der Sozietät durch das Betriebsstättenfinanzamt L erging am 28. August 1987 ein geänderter Gewinnfeststellungsbescheid für 1983, der keinen Verlust mehr zugunsten des Klägers auswies (ESt 4 B -Mitteilung des Finanzamt L vom 27. August 1987). Da die Sozietät gegen den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid Einspruch eingelegt und Aussetzung der Vollziehung beantragt hatte, stellte der Beklagte die Auswertung der Mitteilung auf Antrag des Klägers zunächst zurück. Nachdem das Finanzamt L den Beklagten im August 1988 darauf hingewiesen hatte, dass die Betriebsprüfung der Sozietät wegen offener Bewertungsfragen noch nicht abgeschlossen sei, stellte der Beklagte die Auswertung der Mitteilung vom 27. August 1987 zunächst weiterhin zurück.
Mit Schreiben vom 6. Juli 1989 teilte das Finanzamt L dem Beklagten mit, die Betriebsprüfung bei der Sozietät sei immer noch nicht abgeschlossen. Der Gewinnanteil des Klägers für 1983 könne jedoch vorerst mit 49.346 DM berücksichtigt werden. Daraufhin erließ der Beklagte am 8. August 1989 einen auf der Grundlage von § 175 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für 1983. Am 23. August 1989 (1982) bzw. am 4. Oktober 1989 (1981) ergingen gemäß § 10d Satz 2 EStG erneut geänderte Bescheide für die Streitjahre, in denen der Verlustrücktrag aus 1983 rückgängig gemacht wurde.
Mit dem Einspruch führten die Kläger aus, die Festsetzungsfrist für 1983 sei am 31. Dezember 1988 abgelaufen (Erklärungsabgabe 1984). Eine Änderung gemäß § 175 AO 1977 sei dem Beklagten versagt, weil noch kein geänderter Grundlagenbescheid vorliege. Die Änderung eines Folgebescheids gemäß § 155 Abs. 2 AO 1977 sei nur im Hinblick auf einen erstmaligen Grundlagenbescheid möglich, nicht aber, wenn aufgrund einer Außenprüfung mit einer Änderung des Grundlagenbescheids gerechnet werde. Die Unzulässigkeit der Bescheidänderung für 1983 habe zur Folge, dass auch die Einkommensteuerbescheide der Jahre 1981 und 1982 nicht hätten geändert werden dürfen.
Der im Anschluss an die Betriebsprüfung geänderte Gewinnfeststellungsbescheid, mit dem der Gewinnanteil des Klägers für 1983 endgültig mit 49.346 DM festgestellt wurde, erging erst am 6. März 1990. Die ordnungsgemäße Bekanntgabe des geänderten Gewinnfeststellungsbescheids ist zwischen den Beteiligten ebenso unstreitig wie der Umstand, dass die Feststellungsfrist bei Bescheiderlass noch nicht abgelaufen war.
Am 23. April 1990 erließ der Beklagte erneut einen auf der Grundlage von § 175 AO 1977 geänderten Einkommensteuerbescheid für 1983 und betrachtete daraufhin den Einspruch des Klägers gegen den Einkommensteuer-Änderungsbescheid vom 8. August 1989 als erledigt, weil der Änderungsbescheid vom 23. April 1990 Gegenstand des Einspruchsverfahrens geworden sei. Betreffend die Streitjahre 1981 und 1982 ergingen keine erneuten Änderungsbescheide.
Im Einspruchsverfahren gegen den Änderungsbescheid 1983 vom 23. April 1990 ...