Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Zusammenveranlagung nach bestandskräftigen Einzelveranlagungen
Leitsatz (redaktionell)
1) Nach Eintritt der Unanfechtbarkeit eines Bescheids können Ehegatten ihr Veranlagungswahlrecht nur noch unter den engen Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 Satz 4 EStG ausüben.
2) Der Wechsel im Wege der Einzelveranlagung ergangener Einkommensteuerbescheide zu einer Zusammenveranlagung stellt keine Änderung oder Ersetzung i.S. der § 365 Abs. 3 AO, § 68 Satz 1 FGO dar.
Normenkette
EStG §§ 26b, 1 Abs. 1; AO § 363 Abs. 3; FGO § 68; EStG § 26a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Kern über die Frage, ob nach Ergehen von zwei Einkommensteuerbescheiden (jeweils Einzelveranlagungen gemäß § 26a Einkommensteuergesetz (EStG)) noch eine Zusammenveranlagung der Kläger nach § 26b EStG durchgeführt werden kann.
Die Kläger waren im Streitjahr unbeschränkt einkommensteuerpflichtig i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 1 EStG. Sie waren verheiratet und nicht dauernd getrennt lebend.
Nachdem die Kläger für das Streitjahr keine Einkommensteuererklärung(-en) abgegeben hatten, schätzte der Beklagte die Besteuerungsgrundlagen und erließ am 22. Juli 2019 einen Einkommensteuerbescheid. Der Beklagte führte eine Zusammenveranlagung nach § 26b EStG durch und erließ den Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 Abgabenordnung (AO).
Gegen den Bescheid wurde am 22. August 2019 Einspruch eingelegt. Der Beklagte forderte daraufhin mit Schreiben vom 26. August 2019 und 2. Oktober 2019 zur Begründung des Einspruchs auf.
Am 18. Oktober 2019 ging beim Beklagten ein Antrag auf Aufteilung der Steuerschuld ein; der Beklagte lehnte den Antrag am 24. Oktober 2019 ab.
Am 5. November 2019 erfolgte die elektronische Übermittlung von zwei separaten Einkommensteuererklärungen des Klägers und der Klägerin an den Beklagten. Unter Veranlagungsart war jeweils „Einzelveranlagung von Ehegatten/Lebenspartnern” angegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die in den Steuerakten des Beklagten befindlichen Erklärungen Bezug genommen.
Im weiteren Verlauf bat der damalige Steuerberater ab sofort den Schriftverkehr unmittelbar an die Mandanten zu übersenden. Unter dem 14. Mai 2020 erörterte der Beklagte den Einspruch -unter Adressierung an die Kläger persönlichschriftlich. Er kündigte an, den erklärten Gewinn des Klägers aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 15 EStG auf …,– € zu erhöhen. Am 25. Mai 2020 bestellte sich Rechtsanwalt A unter Vorlage einer Vollmacht als Vertreter der Kläger; am 20. Juli 2020 teilte er mit, er sei mit der Erhöhung des Gewinns auf …,– € einverstanden.
Daraufhin erging am 31. Juli 2020 ein geänderter Einkommensteuerbescheid unter Durchführung einer Zusammenveranlagung gemäß § 26 b EStG. Die Änderung erfolgte ausweislich des Bescheides nach § 164 Abs. 2 AO. Der Bescheid enthielt folgende Erläuterung: „Da Sie einen Wechsel der Veranlagungsart beantragt haben, erfolgt zunächst aus technischen Gründen eine Änderung der bisherigen Schätzungsveranlagung mit den Besteuerungsgrundlagen aufgrund der eingereichten getrennten Veranlagungen. Diese Vorgehensweise ist notwendig, um ein korrekte Zinsberechnung zu gewährleisten. Ihr Antrag ist insoweit noch nicht abschließend bearbeitet. Demnächst erhalten Sie einen Aufhebungsbescheid zur Steuerfestsetzung unter der hier angegebenen Steuernummer und die von Ihnen gewünschte Festsetzung als getrennte Veranlagung unter neuen Steuernummern. Wir bitten insoweit um Ihr Verständnis. Sollten Sie den Antrag im Einspruchsverfahren gestellt haben, bedarf es keines erneuten Einspruchs gegen diesen Bescheid/Abrechnung.” Beigefügt war die Rechtsbehelfsbelehrung, der Bescheid könne mit dem Einspruch angefochten werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bescheid Bezug genommen.
Am 24. August 2020 legten die Kläger, vertreten durch Herrn A, Einspruch gegen den Bescheid vom 31. Juli 2020 ein. Das Schreiben lautet wie folgt:
„… in der vorbezeichneten Angelegenheit lege ich…Einspruch ein. Die Begründung bleibt einem gesonderten Schriftsatz vorbehalten. Da mir die steuerlichen Unterlagen zu dem streitgegenständlichen Bescheid nicht vorliegen werde ich zunächst mit dem bisherigen Steuerberater…Rücksprache nehmen müssen. Der Einspruch ist daher nur fristwahrend…” Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 24. August 2020 (Einkommensteuerkaten des Beklagten) Bezug genommen.
Unter dem 28. August 2020 erließ der Beklagte unter Verwendung neuer Steuernummern zwei separate Einkommensteuerbescheide im Wege der Einzelveranlagung. Die Bescheide wiesen nach übereinstimmender Auffassung der Beteiligten, abgesehen von der zuvor einvernehmlich erörterten Erhöhung des Gewinns aus § 15 EStG, keine Differenzen zu den eingereichten Erklärungen auf. Die Bescheide enthielten jeweils die Rechtsmittelbelehrung, dass ein Einspruch möglich sei.
Ebenfalls unter dem 28. August 2020 erging ein weiterer Bescheid. Dieser ist mit „Aufhebungsbescheid zur Einkommensteuerfestsetzung 2016 vom 22.07.2019” übers...