rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für stationäre Pflege und Unterkunft ohne Einstufung in eine Pflegeklasse abziehbar
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für Pflege und Unterbringung in einem Altenpflegeheim aufgrund jahrelanger psychischer Erkrankung sind als außergewöhnliche Belastung anzusehen. Dies ist an keine besonderen Nachweise gebunden. § 65 EStDV ist im Rahmen des § 33 EStG nicht entsprechend anzuwenden.
Normenkette
EStR R 188 Abs. 1; EStDV § 65; EStG § 33 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wurde am ….1927 geboren.
Am ….1995 zog die Klägerin in das Altenpflegeheim Haus … … … um.
Der Umzug erfolgte auf dringendes Anraten des damaligen Nervenarztes Dr. …. Dieser hielt den Umzug für dringend erforderlich um der Klägerin die Rückkehr in ein geregeltes Leben zu ermöglichen. In den Monaten vor dem Umzug war die Klägerin völlig antriebsarm gewesen. Zum Aufstehen und Verlassen des verdunkelten Zimmers, sowie zum Essen war sie nur bei Motivation durch den Sohn psychisch in der Lage.
Die Klägerin war schon zuvor jahrzehntelang dauerhaft psychisch krank gewesen und wegen der psychischen Erkrankung (manisch-depressive Neurose) sowohl in ambulanter als auch in stationärer Behandlung.
Die Klägerin lebt nunmehr seit dem ….1995 im Haus … … … und wird dort versorgt bzw. gepflegt. Die Vereinbarung gemäß § 93 BSHG über die Vergütung der Versorgung von Heimbewohnerinnen und Heimbewohnern ging davon aus, dass die Klägerin in die sogenannte „Pflegestufe 0” einzustufen sei.
Die Gesamtzahlungen an … betrugen im Streitjahr rund 33.000 DM.
Hiervon entfielen auf:
stationäre Pflegeleistungen 12.401,–
Sonstiges 197,–
Medikamente 614,–
Unterkunft 14.981,–.
Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1999 begehrte die Klägerin den Abzug von Krankheitskosten i.H.v. insgesamt DM 13.418 als außergewöhnliche Belastungen.
Der Beklagte lehnte die Berücksichtigung der Aufwendungen ab.
Im Rahmen der Einspruchsentscheidung erkannte er Aufwendungen für Medikamente DM 614,– an und wies den Einspruch im übrigen als unbegründet zurück.
Zur Begründung führte er aus: Aufwendungen für einen durch Krankheit oder Pflegebedürftigkeit bedingten Aufenthalt eines Steuerpflichtigen in einem Alters- oder Pflegeheim seien dem Grunde nach gemäß § 33 EStG als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigungsfähig.
Pflegebedürftig seien Steuerpflichtige, die die Voraussetzungen des § 14 SGB XI erfüllten, d.h. in eine der drei Pflegestufen eingestuft worden seien. Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit sei durch einen Bescheid der Pflegekasse über die Feststellung des medizinischen Dienstes zur Einstufung in eine Pflegestufe zu führen. Alternativ könne der Nachweis auch durch eine Bescheinigung nach § 65 Absatz 2 EStDV geführt werden. Hierzu sei die Vorlage eines Ausweises nach dem Schwerbehindertengesetz, der mit dem Merkzeichen „H” oder „Bl” gekennzeichnet ist, oder eines Bescheides der für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörde, die die entsprechenden Feststellungen enthält erforderlich. Diese Nachweise habe die Klägerin nicht erbracht.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vorliegenden Klage.
Die Klägerin beantragt,
den Einkommensteuerbescheid vom …2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom …2002 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere DM 12.401,– als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 Absatz 1 EStG berücksichtigt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Einspruchsentscheidung vom …2002. Ergänzend führt er aus, er sehe sich an die Voraussetzungen des Abschnitts 188 Absatz 1 der Einkommensteuerrichtlinien gebunden.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist begründet.
Der angefochtene Verwaltungsakt ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 100 Absatz 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO)).
Erwachsen einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtige gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands (außergewöhnliche Belastung) so wird auf Antrag die Einkommensteuer dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag de Einkünfte abgezogen wird (§ 33 Absatz 1 Einkommensteuergesetz (EStG)).
Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (§ 33 Absatz 2 EStG).
Ziel des § 33 EStG ist es, zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf zu berücksichtigen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen.
Vgl. BFH-Urteil vom 23.5.2002, III R 24/01, BStBl II 2002, 1227.
Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums d...