Entscheidungsstichwort (Thema)
Verluste aus Knock-Out-Zertifikaten mit Stopp-Loss-Schwelle
Leitsatz (redaktionell)
Verluste aus Knock-Out-Zertifikaten mit Stopp-Loss-Schwelle sind als Termingeschäfte im VZ 2008 bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften und in den VZ 2009 bis 2011 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuerlich abzugsfähig.
Normenkette
EStG 2008 § 22 Nr. 2; EStG 2009 § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a, Abs. 4 S. 5; EStG 2008 § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Verluste des Klägers aus dem Erwerb von sogenannten Knock-Out-Zertifikaten steuerlich anzuerkennen sind. Die Kläger begehren die steuermindernde Berücksichtigung der Anschaffungskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften (im Streitjahr 2008) bzw. bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (in den Streitjahren 2009 bis 2011).
Die Kläger werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. In den Streitjahren erlitt der Käger Verluste aus Wertpapiergeschäften. Dabei handelte es sich u.a. um Geschäfte mit sog. „Open-End-Knock-Out-Zertifikaten”. Das sind Zertifikate ohne Laufzeitbegrenzung, die an Indizes bzw. einen bestimmten Aktienkurs gekoppelt waren. Das Zertifikat berechtigte den Kläger bei Einlösung bzw. Ausübung einen Abrechnungsbetrag zu verlangen. Der Preis eines Zertifikates bestimmte sich nach der Differenz zwischen einem vereinbarten Basispreis und dem (aktuellen) Wert der Bezugsaktie oder des Bezugsindex (Basiswert) bei Erwerb des Zertifikats. Um die Hebelwirkung zu verstärken, wurde außerdem ein bestimmtes Bezugsverhältnis vereinbart, so dass der Anleger nur einen Bruchteil der Differenz (regelmäßig 0,01) für ein Zertifikat bezahlen musste. Wurde z. B. bei einem Aktienkurs von 3000 € pro Aktie ein Basispreis von 2700 € vereinbart, dann hatte der Erwerber für das Open-End-Knock-Out-Zertifikat (3000 € – 270 € = 300 × 0,01=) 3 € zu bezahlen (zu Finanzierungskosten siehe unten). Stieg der Kurs auf 3500 €, bestand bei Ausübung des Rechts ein Zahlungsanspruch i. H. v. (3500 € – 2700 € = 800 × 0,01=) 8 €. Die Zertifikate waren mit einer sog. Stopp-Loss-Schwelle (Knock-Out-Barriere) versehen, die dem Basispreis vorgelagert war. Bei Berühren oder Durchbrechen der Barriere endete zwar die Laufzeit des Produktes. Da die Knock-Out-Barriere aber über dem Basispreis lag, wurde in jedem Fall mit Laufzeitende ein Knock-Out-Betrag ermittelt, der dem Anleger als „Restwert” ausbezahlt wurde. Dieser Restwert entsprach der Differenz aus dem Auflösungskurs und dem Basispreis und konnte im schlechtesten Fall auch 0,001 Euro je Wertpapier betragen.
Ein erheblicher Teil der vom Kläger in den Streitjahren erlittenen Verluste resultierte daraus, dass die Laufzeit der erworbenen Knock-Out-Produkte endete, weil die Stopp-Loss-Schwelle erreicht wurde. Nur die Anerkennung dieser Verluste ist zwischen den Beteiligten (noch) streitig.
Bei den vom Kläger erworbenen Zertifikaten handelte es sich in den Streitjahren 2009 bis 2011 um Wave XXL Papiere der Deutschen Bank und um ein vergleichbares Papier der Commerzbank. Im Streitjahr 2008 handelte es sich um dem Wave XXL vergleichbare Produkte der Commerzbank (Commerzbank AG TuBull O.End) und der Dresdner Bank (Dresdner Bank AG TurboC O.End).
Die Deutsche Bank beschreibt die „Wave XXL Papiere” im Wesentlichen wie folgt (https://www.xmarkets.db.com/DE/Wissen-Academy/Produktwissen/WAVEs-XXL):
„Waves XXL verfügen zusätzlich zum Basispreis über eine Barriere. Sobald der jeweilige Basiswert die Barriere des Produkts berührt oder unterschreitet (Wave XXL Call) bzw. berührt oder überschreitet (Wave XXL Put), wird das Produkt ausgestoppt. Da die Barriere bei Calls höher und bei Puts niedriger als der Basispreis ist, verfällt das Produkt nicht wertlos, sondern es wird im Falle eines Barrieren-Ereignisses ein Restwert an den Kunden ausbezahlt. Somit ergibt sich für den Investor die Möglichkeit, gehebelt an einem Basiswert zu partizipieren und im Falle eines Barrieren-Ereignisses noch einen Restwert ausgezahlt zu bekommen. Durch die unbegrenzte Laufzeit entstehen für den Emittenten der Produkte Kosten, die dem Kunden entstehen, wenn ein Wave XXL mehr als ein Tag gehalten wird. Diese Finanzierungskosten werden dem Kunden in Rechnung gestellt, indem der Basispreis täglich angepasst wird. Eine Anpassung der Barriere erfolgt bei Waves XXL monatlich.
Die von der Deutschen Bank angebotenen WAVE XXL auf einen Index spiegeln die Bewegung des Index 1 zu 1 wieder, sind jedoch günstiger zu erwerben als der Index selbst. Dadurch kommt eine Hebelwirkung zustande. Ein WAVE XXL Call könnte beispielsweise ein Bezugsverhältnis von 0,01 sowie einen Basispreis von 5.200 Indexpunkten besitzen. Zusätzlich hat jeder WAVE XXL wie oben erwähnt einen Stopp-Loss-Level (Barriere-Betrag), der bei WAVE XXL Optionsscheinen auf Indizes in der Regel ca. 2 bis 5 Prozent über dem Basispreis liegt und in unserem ...