Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des "Ambulant Betreuten Wohnens" gewerbesteuerfrei
Leitsatz (redaktionell)
Leistungen der Eingliederungshilfe im Rahmen des "Ambulant Betreuten Wohnens" gemäß § 71 Abs. 1 SGB XI sind nach § 3 Nr. 20 Buchstabe d) GewStG gewerbesteuerfrei.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; SGB XI § 71 Abs. 1; GewStG § 3 Nr. 20 Buchst. d)
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die vom Kläger aus seinem Unternehmen im Jahr 2013 erzielten Einkünfte der Gewerbesteuer unterliegen.
Der Kläger ist ausgebildeter Heilerziehungspfleger. Er ist seit dem Jahr 2005 auf dem Gebiet der ambulanten Eingliederungshilfe tätig und erbrachte unter anderem im Streitjahr unter der Bezeichnung „Z” Leistungen der ambulanten Eingliederungshilfe gegenüber Menschen mit geistigen und/oder psychischen Beeinträchtigungen und Suchterkrankten.
Der zwischen dem Kläger und dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) im …2014 geschlossene Vertrag („Leistungs- und Prüfungsvereinbarung”), der in Bezug auf die vom Kläger zu erbringenden Leistungen inhaltsgleich für das Streitjahr galt, beschreibt die vom Kläger zu erbringenden Leistungen als ambulante Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen (Ambulant Betreutes Wohnen) für dauerhaft wesentlich behinderte Menschen im Rahmen der §§ 53, 54 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX.
Es handelt sich um ein gemeindeintegriertes Hilfeangebot, das der betreuten Person ein selbstbestimmtes Leben in einer Wohnung ermöglicht. Das „Ambulant Betreute Wohnen” ist ein am Bedarf der betreuten Person orientiertes Betreuungsangebot, das sich auf ein breites Spektrum an Hilfestellungen im Bereich Wohnen bezieht und der sozialen Integration dient. Vorwiegend handelt es sich um eine aufsuchende Betreuung und Begleitung im Rahmen der ambulanten Eingliederungshilfe gemäß § 54 SGB XII (vgl. § 1 Abs. 1 des Vertrags). Die verfolgten Ziele sind in § 1 Abs. 2 des Vertrags näher definiert. Hiernach soll der betreuten Person eine weitestgehend eigenständige Lebensführung, soziale Eingliederung und Teilhabe am Leben eröffnet und erhalten werden. Als Inhalt der vom Kläger zu erbringenden Leistungen definiert § 1 Abs. 3 des Vertrags „verschiedene Formen der Hilfestellung, unterschiedliche Unterstützungs- und Beratungsangebote, Hilfeplanung und Reflektion, Gesprächsangebote, Telefonkontakte, persönliche Kontakte, Begleitung, Mithilfe, Anleitung, Übernahme, Übung, Beratung, Erinnerung, Kontrolle, Zeiten von Erreichbarkeit, Zusammenarbeit mit anderen Diensten und Institutionen”. Als „direkte Betreuungsleistungen” („von Angesicht zu Angesicht” bzw. „von Ohr zu Ohr”) werden in § 1 Abs. 4 die Erstellung/Mitwirkung bei der Hilfeplanung und Betreuungsplanung, Hausbesuche, Gespräche mit der betreuten Person und ihrem sozialen Umfeld, Klinikbesuche, Begleitung der betreuten Person außerhalb der Wohnung, telefonische Kontakte mit der betreuten Person und die Begleitung und Unterstützung beim Wechseln der Wohnung etc. genannt. Als „Mittelbare Betreuungsleitungen” werden z.B. die Mitarbeit bei Hilfeplankonferenzen, Gespräche im sozialen Umfeld der betreuten Person, Organisation des Hilfefeldes und der Hilfeplanung, Telefonate und Schriftverkehr in Alltagsangelegenheiten der betreuten Person, Einzelfalldokumentation des Betreuungsprozesses und der Abschlussbericht genannt. Darüber hinaus werden „indirekte Leistungen” beschrieben, wie z.B. die Organisation und Leitung des Dienstes, die Öffentlichkeitsarbeit und die Bearbeitung von Anfragen und Aufnahmen. Nach § 3 des Vertrags sind die Intensität und Dauer der Leistungen einzelfallbezogen zu bestimmen und richten sich nach dem individuellen Hilfebedarf der betreuten Person. Der Hilfebedarf wird vom Sozialhilfeträger festgestellt. Nach § 5 des Vertrags werden geeignete Fachkräfte zur Erbringung der Leistungen eingesetzt, die in § 5 Abs. 1 des Vertrags beispielhaft genannt sind (u.a. Erzieher/innen, Heilerziehungspfleger/innen, Pflegefachkräfte etc.). Nach § 5 Abs. 3 des Vertrags ist die „Fallverantwortung” durch eine Fachkraft im Sinne des § 5 Abs. 1 des Vertrags wahrzunehmen. Die Fallverantwortung umfasst insbesondere die individuelle Hilfe- und Bedarfsplanung sowie den Einsatz des Betreuungspersonals. Für nähere Einzelheiten wird auf die Vereinbarung mit dem LVR Bezug genommen (Bl. 30 ff. d.A.).
Die Leistungen wurden gemäß einer zwischen dem Kläger und dem LVR im … 2014 geschlossenen Vergütungsvereinbarung – auf die für nähere Einzelheiten Bezug genommen wird – pauschal mit Stundensätzen vergütet, vgl. § 1 der Vergütungsvereinbarung. Für die Streitjahre existierte eine inhaltsgleiche Vergütungsvereinbarung nach Pauschalsätzen.
Der Betrieb des Klägers wurde für die Jahre 2008 bis 2010 im Rahmen einer steuerlichen Betriebsprüfung geprüft. Der Betriebsprüfer kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger aus seinem Unternehmen Einkünfte aus freiberuflicher Tätgkeit erziele. Im Betriebsprüfungsbericht ist hierzu ausgeführt, dass der Hauptbestandteil der vom Kläge...