Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer missbräuchlichen Basisgesellschaft in den Niederlanden
Leitsatz (redaktionell)
1) Das Gericht folgt nicht der von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung, dass die Voraussetzungen der speziellen Missbrauchsregelung des § 50d Abs. 1a EStG a.F. nur alternativ vorliegen müssen, um die Freistellung vom Kapitalertragsteuerabzug zu versagen (BMF, BStBl. I 2006, 166 Tz. 3), sondern hält es für notwendig, dass in diesem Fall wesentliche Gründe für die Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft fehlen und diese keine eigene Wirtschaftstätigkeit entfaltet.
2) Wesentliche Gründe für die Einschaltung einer ausländischen Gesellschaft können die Ausübung der Holdingfunktion sein. Dafür genügt es, wenn die Gesellschaft Konzernleitung und -finanzierung, den Erwerb von Beteiligungen von einigem Gewicht oder die Funktion der Konzernspitze verfolgt.
3) Eine eigene Wirtschaftstätigkeit wird insb. dann ausgeübt, wenn die ausländische Gesellschaft mit einer anderen Tochtergesellschaft, die selbst aktiv tätig ist, eine sog. "fiscale eenheid" bildet bzw. eine weitere aktive Betriebsstätte im Ausland hat.
Normenkette
EStG 1998 § 50d Abs. 1a; EStG 2002 § 50d Abs. 2; EStG 1997 § 44d Abs. 2, § 50d Abs. 3 S. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 3 EStG i.d.F. VZ 1997 (– im Weiteren: a.F. –, entspricht § 50d Abs. 2 EStG geltende Fassung). Streitig ist im wesentlichen die Frage, ob die Klägerin insbesondere im Hinblick auf ihre Beteiligung an der … GmbH in Frankfurt eine einkommensteuerrechtlich anerkennenswerte Funktion ausübt.
I.
Die … GROUP ist ein als Konzern weltweit tätiges Unternehmen zur Beratung von Firmen. Ursprünglich in den USA gegründet, ist die … GROUP seit 1971 auch in der Bundesrepublik Deutschland tätig.
Die Klägerin wurde am … 1990 gegründet und am … 1990 im Handelsregister von … / Niederlande eingetragen. Die Klägerin hat ihren Sitz in … Im Handelsregister sind insgesamt 15 Direktoren der Klägerin verzeichnet, die ihren Wohnsitz jeweils in den USA, Großbritannien, Belgien, Australien, Bundesrepublik Deutschland und Singapur haben. Anteilsinhaberin war die … PARTNERS HOLDING B.V.
Diese Gestaltung ist auf die Entstehungsgeschichte des Konzerns zurückzuführen: Die Gesamtorganisation der ursprünglichen … GROUP wurde bis 1990 von der Gesellschaftsgruppe … & … gehalten. Im Jahr 1990 organisierten die „Senior Manager” der … GROUP ein „management buy out” von den bisherigen Eigentümern … & …: Das Unternehmen wurde durch seine bisherigen leitenden Angestellten „aufgekauft” und diese Angestellten führten den Betrieb in Gestalt neu gegründeten Kapitalgesellschaften als Geschäftsführer fort.
Aus anderweitigen wirtschaftlichen Gründen gründeten die Senior Manager die … GROUP … E P als Personengesellschaft.
Da die Senior Manager nicht über genügend eigenes Kapital für den Erwerb de … GROUP verfügten, stellte …, eine große britische Investmentgesellschaft, die hierfür benötigten zusätzlichen Finanzmittel bereit und übernahm im Auftrage des BRITISH … PENSION FUND insgesamt 31v.H. der Anteile an der … GROUP.
Zwischen den Senior Managern und …en wurde im Hinblick auf die Konzernstruktur der … GROUP vereinbart, dass die Beteiligung an anderen Gesellschaften über eine zentrale Gesellschaft gehalten werden sollte. Es wurde als nicht effizient erachtet, eine Gesellschafterstruktur von 69 v.H. zu 31 v.H. bei jeder einzelnen Gesellschaft des Konzerns zu halten. … GROUP und …en kamen überein, dass deshalb die Niederlande als Sitz für eine Holdinggesellschaft ausgewählt werden sollte. Diese sollte als direkter Gesellschafter an allen anderen weltweit tätigen Gesellschaften beteiligt sein.
Aus haftungsrechtlichen Gründen wurde durch die … GROUP … E P die niederländische … PARTNERS HOLDING BV gegründet. Die … PARTNERS HOLDING BV beteiligte sich mit 69% und …en mit 31% an der 1990 gegründeten Klägerin.
Die Klägerin hält direkt die Anteile an allen anderen weltweit im Beratungsgeschäft tätigen Gesellschaften der … GROUP.
Hierbei handelte es sich um ca. 50 Tochtergesellschaften; eine Aufstellung der Gesellschaften befindet sich in den Verwaltungsakten des Beklagten, auf welche Bezug genommen wird. Die Tochtergesellschaften befanden sich etwa in Japan, Irland, Singapur und Kanada; zu den Tochtergesellschaften gehörten auch die – streitgegenständliche – … GmbH in Deutschland und die ebenfalls in den Niederlanden ansässige … B.V.
Letztgenannte Gesellschaft ist mit ca. 140 Mitarbeitern eine der größten Gesellschaften innerhalb der … GROUP. Die Klägerin und die … B.V. wurden und werden in den Niederlanden im Hinblick auf ein dort angenommenes Organschaftsverhältnis steuerlich zusammengefasst „fiscale eenheid”). Die Klägerin bediente sich – jedenfalls im streitigen Zeitraum – auch hinsichtlich des Personals und der Räumlichkeiten der Ressourcen dieser Tochtergesellschaft.
Damit stellten sich die Beteiligungsverhältnisse ab 1990 im Wesentlichen wie ...