Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskosten bei Auslandsreisen
Leitsatz (redaktionell)
1) Kosten für eine Auslandsreise eines Lehrers zur Vorbereitung einer Schulpartnerschaft können für den Zeitraum, für den die vorgesetzten Behörden den Lehreraustausch genehmigt haben, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit zu berücksichtigen sein.
2) Zuschüsse zu den Reisekosten des Austauschlehrers sind nicht ausschließlich beruflich veranlasst und unterliegen daher dem Aufteilungs- und Abzugsverbot des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG.
3) Eine im Anschluß an die genehmigte Reise unternommene private Rundreise durch das Gastland beeinträchtigt die berufliche Veranlassung des vorangegangenen Dienstreise nicht, solange die Verfolgung privater Interessen nicht den Schwerpunkt der Gesamtreise bildet.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1 S. 2, § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 09.06.2010; Aktenzeichen VI R 38/08) |
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Kosten der Klägerin für eine Reise in das Land O (Zentral-Amerika) im Streitjahr 2002 als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
Die Klägerin ist Lehrerin für Englisch, Französisch, Spanisch, Deutsch und Religion an einer Gesamtschule in der Stadt M. Zwischen der Schule der Klägerin und einer Schule in der Stadt D, Land O, die in einer offiziellen Bescheinigung der Bezirksregierung der Stadt E für das Land NRW näher bezeichnet ist (GA Bl. 25), besteht eine Schulpartnerschaft (GA Bl. 26 ff.). Für die Initiierung, die laufende Pflege und die Organisation der Partnerschaft der Gesamtschule mit der Schule in der Stadt D ist die Klägerin zuständig. Erstmals im Jahr 2000 reiste die Klägerin aus diesem Grund in die Stadt D um dort die Schulpartnerschaft vorzubereiten. Außerdem besteht eine Städtepartnerschaft zwischen den Städten M und D (GA Bl. 52). Spätestens seit dem Jahr 2000 setzt sich die Klägerin auch privat für das Land O ein. Seit dem Jahre 2000 reiste sie regelmäßig mindestens einmal im Jahr dorthin, so z. B. auch im Jahr 2001 zusammen mit ihrem Sohn zum 15-jährigen Städtepartnerschaftsjubiläum von M und D.
Mit Schreiben des Schulministeriums vom 17. Januar 2002 wurde dem von Seiten der Gesamtschule beantragten Lehreraustausch mit der Schule in dem Land O „für die Dauer eines Monats vor den Sommerferien”, also für die Zeit vom 17. Juni bis zum 13. Juli 2002 zugestimmt. Die Schule hatte zu diesem Zweck auch einen Reisekostenzuschuss beantragt, der vom Ministerium in Höhe von 600 EUR bewilligt wurde. Die zuständige Bezirksregierung schloss sich der Genehmigung an.
Vor diesem Hintergrund reiste die Klägerin am 14. Juni 2002 in die Stadt D. Dort war die Klägerin ausweislich einer Bescheinigung der Partnerschule in der Zeit vom 17. Juni bis 13. Juli 2002 voll in das Unterrichtsgeschehen integriert und leistete an Stelle des dort angestellten Lehrers S 30 Wochenstunden Englischunterricht. Darüber hinaus will sie nach ihrem ergänzenden Vortrag weitere 4 Wochenstunden Deutschunterricht erteilt haben, worüber allerdings keine entsprechende Bescheinigung vorliegt. Auf der anderen Seite reiste S nach unbestrittenen Angaben der Klägerin während dieses Monats vom 17. Juni bis zum 13. Juli 2002 als Austausch-Lehrer nach Deutschland, worüber ebenfalls keine Bescheinigung vorliegt; bescheinigt ist lediglich der Aufenthalt von S in Deutschland von November 2003 bis Ende Januar 2004.
Die Rückreise der Klägerin aus dem Land O im Streitjahr erfolgte nicht unmittelbar nach Beendigung des vom Schulministerium genehmigten Austauschmonats, sondern erst einen weiteren Monat später am 16. August 2002. Im Anschluss an die Unterrichtszeit hielt sich die Klägerin zunächst 18 weitere Tage in der Stadt D auf, um vom dortigen Partnerschaftsbüro aus den für 2003 geplanten Lehrer- und Schüleraustausch vorzubereiten und verschiedene Projekte zu besuchen, welche von der Land O Gruppe Stadt M e.V. unterstützt wurden, u. a. eine Kinder- und Frauenklinik. An den Wochenenden pflegte sie den Kontakt zu einheimischen Lehrerkollegen und sozialen Gruppen. Nach dem Aufenthalt in der Stadt D unternahm sie bis zu ihrem Rückflug am 16. August 2002 eine Rundreise durch das Land O mit einheimischen Überlandbussen, wobei sie in kleinen Pensionen bzw. bei Gastfamilien übernachtete. Stationen der Reise waren …, (an der Atlantikküste) und ….
Der Klägerin entstanden Kosten des Hin- und Rückfluges nach O in Höhe von 861 EUR sowie für Medikamente in Höhe von 140 EUR. Den vom Ministerium zugebilligten Reisekostenzuschuss von 600 EUR hat die Klägerin erhalten, diesen aber nicht für sich selbst verwendet, sondern in voller Höhe an den Austauschlehrer S weitergeleitet, der wegen seiner finanziell begrenzten Möglichkeiten die Reise nach Deutschland sonst nicht hätte antreten können. Außerdem will die Klägerin nach ihrem Vortrag die Reiseversicherung für S in Höhe von 69 Euro übernommen haben, ohne dass diese Zahlung allerdings konkret nachgewiesen ist. Im Übrigen setzte die Klägeri...