Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerblicher Grundstückshandel
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Drei-Objekt-Grenze hat nur eine indizielle Bedeutung, so dass auch bei einer Veräußerung von weniger als vier Objekten besondere Umstände auf eine gewerbliche Betätigung schließen lassen können.
2) Die Errichtung von Wohnobjekten auf eigenem Grundstück und deren Veräußerung ist nicht unabhängig von der als Indiz wirkenden Drei-Objekt-Grenze bereits wegen der Ähnlichkeit mit dem "Bild des produzierenden Bauunternehmers/Bauträgers" eine gewerbliche Tätigkeit.
3) "Objekt" ist jedes einzelne Immobilienobjekt, das selbständig veräußert und genutzt werden kann.
4) Zwischen den Grundstücksgeschäften muss ein enger zeitlicher Zusammenhang von in der Regel nicht mehr als 5 Jahren bestehen. Der Fünf-Jahres-Zeitraum ist keine starre Grenze. Unter Einbeziehung der Anschaffung oder Errichtung eines Einzelobjekts kann sich ein - ebenfalls nicht strikt zu handhabender - Beurteilungszeitraum von zehn Jahren ergeben.
5) Aus dem Vortrag, Grundstücke sollen der Alterssicherung dienen, kann nicht auf eine fehlende Veräußerungsabsicht geschlossen werden.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1 S. 1; EStG § 15 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger war in den Streitjahren als Teppichhändler gewerblich tätig. Die Gewinne hieraus lagen zwischen 4.000,– DM in 1992 und rund 16.000,– DM in 1997. Strittig ist, ob daneben durch die Veräußerung von drei Mehrfamilienhäusern ein gewerblicher Grundstückshandel begründet wurde.
Der im Jahre 1963 geborene Kläger ist nach seinen Angaben Angehöriger der Volksgruppe der Sinti bzw. Roma (Schreiben vom 14.03.1997 im Vorverfahren zur Einkommensteuer 1994). Er ist verheiratet und hat sieben Kinder. Die Familie bewohnt das vom Kläger im Jahre 1993 erworbene Hausgrundstück in L.
Für die Streitjahre gab der Kläger zunächst keine Steuererklärungen ab. Über Kontrollmitteilungen der Notare erfuhr der Beklagte (Finanzamt – FA –), dass der Kläger am 02.09.1994 das Grundstück O-Straße in X für 950.000,– DM und am 25.11.1996 das Grundstück N-Straße in L für 915.000,– DM veräußert hatte und forderte ihn zur Abgabe von Einkommensteuererklärungen auf. Im November 1998 wurde ein Steuerstrafverfahren gegen den Kläger eingeleitet, das zwischenzeitlich nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt ist.
Nach den Feststellungen der Steuerfahndungsprüfung hatte der Kläger bereits im Jahre 1981 ein Grundstück in X, P-Straße für 250.000,– DM erworben, dieses instand gesetzt und im Jahre 1984 für 430.000,– DM veräußert (Tz. 6.1.3. a des Steuerfahndungsbericht vom 12.04.2000) Im hier streitigen Zeitraum hat er insgesamt drei Mehrfamilienhäuser gekauft und verkauft, und zwar wie folgt:
Grundstück |
Anschaffungsdatum |
Anschaffungskosten (DM) |
Veräußerungsdatum |
Veräußerungspreis (DM) |
I-Straße F |
19.03.1990 |
170.000 |
13.10.1992 |
600.000 |
O-Straße X |
06.03.1992 |
140.000 |
02.09.1994 |
950.000 |
N-Straße L |
08.09.1993 |
350.000 |
25.11.1996 Besitzübergang in 1997 |
915.000 |
Ferner hat der Kläger das Hausgrundstück T-Alle in L, welches er im Jahre 1993 für 678.000,– DM erworben hatte, über mehrere Zeitungsanzeigen in den Monaten Mai bis Oktober 1996 für 1.470.000,– DM vergeblich zum Verkauf angeboten (Anlage 7 zum Steuerfahndungsbericht). Nach dem Inhalt eines von ihm gefertigten Verkaufsexposés soll es sich um eine „Repräsentative Walmdach-Villa im klassischen Stil” mit einer Wohn-/Nutzfläche von 587 qm einschließlich Einliegerwohnung und Hallenschwimmbad handeln, welche in den Jahren 1993/94 aufwendig saniert worden sei (Anlage 6 zum Steuerfahndungsbericht).
Im November 1995 hat der Kläger ein weiteres Mehrfamilienhaus C-Straße in L erworben, welches bei Abschluss der Steuerfahndungsprüfung noch in seinem Eigentum stand.
Die Anschaffungskosten des Objekts I-Straße in F hatte der Kläger im März 1990 durch einen Kredit der E-Bank in X mit 170.000,– DM finanziert. Es war eine Verzinsung von 9,75 % jährlich und bei einer Tilgung von 1 % eine Laufzeit von rund 25 Jahren vorgesehen. Als Sicherung diente eine Grundschuld sowie die Verpfändung von „Finanzierungsschätzen des Bundes” und eines Wertpapierdepots des Klägers. Der Mitarbeiter der Bank hielt in einem Vermerk vom 26.03.1990 fest, das Objekt werde „durchgreifend” modernisiert und renoviert. Der derzeitige Fertigstellungsgrad liege bei 50 %. Der „weitere Aufwand” bis zur „endgültigen Vermietung” wurde auf 70-100 TDM geschätzt und die zukünftigen Mieteinnahmen bei fünf Mietparteien auf 30.000,– DM jährlich. Der Kläger renovierte das Mehrfamilienhaus mit einem Aufwand von rund 78.000,– DM und steigerte die Mieteinnahmen – nach seinen Angaben in den später vorgelegten Einkommensteuererklärungen – von 3.676,– DM in 1990 auf 52.092,– DM in 1993. Die vorliegenden Mietverträge laufen auf unbestimmte Zeit mit gesetzlicher Kündigungsfrist (Bl. 101 und 176 der Akten…).
In dem Mehrfamilienhaus O-Straße in X befanden sich 6 Wohnungen. Das Objekt war bei Erwerb im März 1992 unbewohnbar. Die kre...