Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung von Bezugsrechten
Leitsatz (redaktionell)
Bezugsrechte auf neue Aktien oder GmbH-Anteile fallen nicht unter den Begriff "Anteile an einer Körperschaft" i.S.d. § 8b Abs. 2 KStG
Normenkette
KStG § 8b Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Veräußerung von Bezugsrechten auf neue Anteile an einer Kapitalgesellschaft steuerfrei gemäß § 8b Abs. 2 KStG ist.
Die Klägerin war im Streitjahr eine Kommanditgesellschaft (KG), deren Gesellschafter (Komplementär und Kommanditisten) ausschließlich Aktiengesellschaften waren. Sie hielt im Kalenderjahr 2002 in ihrem Anlagevermögen die Beteiligung an der H AG. Bei dieser wurde im März 2002 eine Kapitalerhöhung beschlossen. Die Klägerin nahm an dieser Kapitalerhöhung nicht teil, sondern veräußerte die ausgegebenen Bezugsrechte. Sie erzielte hieraus einen Ertrag von 4.175.100 EUR, den sie in ihrer Feststellungserklärung 2002 als steuerfreien Gewinn gemäß § 8b Abs. 2 KStG behandelte.
Im Rahmen der Gewinnfeststellung behandelte das Finanzamt die Veräußerung der Bezugsrechte als steuerpflichtigen Ertrag und stellte den Gewinn mit Bescheid vom 30.3.2004 fest. In den Erläuterungen zum Bescheid heißt es :
„Der Verkauf der Bezugsrechte aus der Kapitalerhöhung H ist nicht gem. § 8b KStG steuerbefreit.”
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch. Zur Begründung führte die Klägerin aus, dass es aus rein wirtschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar sei, weshalb der Gewinn aus der Veräußerung eines Bezugsrechtes nicht unter § 8b KStG fallen sollte, dagegen bei Ausübung des Bezugsrechts und sofortiger Veräußerung der jungen Aktien dieser Gewinn nach § 8b KStG steuerbefreit sei. Weiterhin verwies die Klägerin auf die Entscheidung des BFH vom 22.5.2003 (IX R 9/00).
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 6.1.2005 als unbegründet zurück. Entsprechend der für die Finanzverwaltung bindenden Anweisungen (BMF-Schreiben vom 28.4.2003, BStBl I 292, Tz. 24) fiele die Veräußerung von Bezugsrechten ausdrücklich nicht unter die Steuerbefreiung des § 8b Abs. 2 KStG.
Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren, Steuerfreiheit des Veräußerungsgewinns, weiter.
Zur Begründung beruft sie sich zunächst auf die Gesetzesbegründung zum Steuersenkungsgesetz. Hier habe die Bundesregierung die Änderungen im KStG wie folgt erläutert: „Der Gewinn aus der Veräußerung einer Beteiligung an einer anderen Körperschaft wird ebenfalls steuerfrei gestellt … Die Freistellung berücksichtigt, dass der Veräußerungsgewinn regelmäßig auch auf offenen und stillen Reserven der Beteiligungsgesellschaft beruht.” Hiernach sei die Intention des Gesetzgebers gewesen, sämtliche Wertzuwächse aus der Substanz der Beteiligung an einer anderen Kapitalgesellschaft gemäß § 8b KStG, mit Ausnahme von ausdrücklichen Einschränkungen (z.B. § 8 Abs. 4 KStG), von der KSt zu befreien. Die Ausgabe neuer Anteile habe zur Folge, dass der Wert der Altaktie „verwässert” werde, da sich durch die neuen Aktien das Bilanzkapital nun auf eine größere Anzahl an Aktien verteile. Sofern das Bezugsrecht auf Erwerb der neuen Aktien ausgeübt werde, ändere sich das Beteiligungsverhältnis in der Regel nicht. Durch die Veräußerung des Bezugsrechts werde bereits ein Teil der stillen Reserven realisiert und somit der spätere Veräußerungsgewinn der Altaktien gemindert. Da dieser spätere Veräußerungsgewinn unstreitig unter § 8b Abs. 2 KStG falle, könne demnach für den Gewinn aus der Veräußerung des Bezugsrechts nichts anderes gelten. In dem aktuellen Entwurf der obersten Finanzbehörden der Länder bezüglich Zweifels- und Auslegungsfragen zum Investmentsteuergesetz (Stand 29.12.2004) werde unter Nr. 4 auf Seite 15 (Steuerbefreiungen bei ausgeschütteten Erträgen) folgende Auffassung vertreten:
„Zu beim Privatanleger steuerfreien ausgeschütteten Erträgen führen auch Gewinne aus der Veräußerung von Bezugsrechten auf Anteile an Kapitalgesellschaften.”
Weiter werde auf Seite 16 zu Nr. 4 ausgeführt:
„Die Steuerbefreiungen gelten nicht für betriebliche Anleger. Bei ihnen sind aber § 3 Nr. 40 EStG und § 8b KStG anzuwenden.”
Dies verdeutliche, dass auch auf Seiten der Finanzverwaltung bereits von der noch im Schreiben vom 28.4.2003 vertretenen Auffassung Abstand genommen werde. Weiterhin verweist die Klägerin auf das Urteil des BFH vom 22.5.2003 (IX R 9 /00) und auf den Aufsatz von Frotscher in INF 2003, 457, 460.
Soweit der Beklagte die Ansicht vertrete, dass der Gesetzgeber in § 8b Abs. 2 KStG eine andere engere Auslegung wie in § 17 Abs. 1 EStG gewählt habe, könne diese Ansicht nicht aus dem Gesetz hergeleitet werden. Soweit in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG der Begriff der Anteile an einer Kapitalgesellschaft definiert werde, fehle es an einer solchen Begriffsdefinition in § 8b Abs. 2 KStG. Aus dieser fehlenden Definition könne aber keinesfalls die Schlussfolgerung gezogen werden, dass der Begriff Anteil anders auszulegen sei, als der in § 17 ...