Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtmäßigkeit der von einem Milcherzeuger wegen Überschreitung der ihm zugeteilten Referenzmenge erhobenen Abgabe
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass § 12 MOG und die darauf beruhende Milchabgabeverordnung vom 9.8.2004 (BGBl I 2004, 2143, MilchAbgV) nicht verfassungswidrig sind und auch nicht gegen EU-Recht verstoßen. Es bestehen daher keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer von einem Milcherzeuger im Zwölfmonatezeitraum von April 2004 bis März 2005 erhobenen Abgabe wegen Überschreitung der ihm zugeteilten Anlieferreferenzmenge.
2. Die ausschließlich auf gemeinschaftsrechtlichen Regelungen beruhende Erhebung der Zusatzabgabe „Milch” unterliegt nicht den von der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten nationalen Anforderungen für Sonderabgaben.
Normenkette
MOG § 12 Abs. 2 S. 1, § 1 Abs. 2; MilchAbgV §§ 2, 19; GG Art. 80 Abs. 1 S. 2, Art. 20; FGO § 69 Abs. 2-3; EGV 1788/2003 Art. 2-4, 10, 12; EGV 595/2004 Art. 10; ZusAbgV
Tenor
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Die Beschwerde wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … EUR.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller lieferte in der Zeit vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2005 die in seinem landwirtschaftlichen Betrieb erzeugte Milchmenge von 1.003.562 kg (einschließlich Fettkorrektur) an die … GmbH. Die Gesamtlieferung übertraf die ihm zugeteilte Anlieferungsreferenzmenge von 803.908 kg um 199.654 kg. Durch Saldierung erhielt der Antragsteller für den 12-Monats-Zeitraum eine zusätzliche Referenzmenge von 115.002 kg. Danach blieb eine Überlieferung von 84.652 kg.
Die Anmeldung für die Abgaben im Milchsektor der … GmbH für den 12-Monats-Zeitraum vom 01. April 2004 bis zum 31. März 2005 ging am 19. Juli 2005 beim Antragsgegner ein. Darin erklärte die … GmbH … eine Referenzmengenüberschreitung von 7.794.102 kg, wofür ein Abgabebetrag i. H. v. … EUR entstand.
Mit Garantiemengenabrechnung vom 25. Juli 2005 teilte die … GmbH dem Antragsteller mit, dass dieser aus seiner Überlieferung von 84.652 kg einen Betrag i. H. v. … EUR schulde.
Mit Schreiben vom 11. August 2005 legte der Antragsteller Einspruch gegen die Anmeldung der … vom 15. Juli 2005 ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung führte er aus, dass die Milchabgabeverordnung vom 09. August 2004 (BGBl I 2004, 2143, MilchAbgV) rechtswidrig sei, da die zugrunde liegende gesetzliche Vorschrift, der § 12 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (MOG), verfassungswidrig sei und gegen Gemeinschaftsrecht verstoße.
Über den eingelegten Einspruch hat der Antragsgegner noch nicht entschieden. Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 15. September 2005 mit der Begründung ab, dass eine Unvereinbarkeit der MilchAbgV und des MOG mit dem Grundgesetz nicht erkennbar sei.
Mit am 11. Oktober 2005 bei Gericht eingegangenem Schreiben verfolgt der Antragsteller sein Aussetzungsbegehren weiter. Zur Begründung hat er unter Vorlage zweier Rechtsgutachten im Wesentlichen ausgeführt, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides aufgrund gemeinschaftsrechtlicher und verfassungsrechtlicher Mängel bestünden. Im Hinblick auf das Gesetz zur Durchführung der Gemeinsamen Marktorganisationen (MOG) sei der Bestimmtheitsgrundsatz im Sinne von Art. 80 Absatz 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG) verletzt. Die Verordnung zur Durchführung der EG-Milchabgabenregelung (Milchabgabenverordnung – MilchAbgV) verletze den allgemeinen Bestimmtheitsgrundsatz aus Art. 20 GG. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Rechtsgutachten von Prof. Dr. … vom 22. April 2002 und von Prof. Dr. … von August 2005 vollinhaltlich Bezug genommen.
Die gemeinschaftsrechtlichen Mängel gründeten auf der Tatsache, dass der seit dem 29. September 2003 geltenden Verordnung (EG) 1788/2003 des Rates über die Erhebung einer Abgabe im Milchsektor (ABl. L 270/123 – VO 1788/2003 –), die lediglich als Ausführungsverordnung zu betrachten sei, durch die versehentliche Aufhebung von Art. 5 c der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsamen Marktorganisationen für Milch und Milcherzeugnisse (ABl. L 148/13 – VO 804/68 –) die gemeinschaftsrechtliche Grundlage entzogen worden sei.
Darüber hinaus bestünden ernstliche Zweifel deswegen, weil § 12 MOG aufgrund formeller Verfassungswidrigkeit nichtig sei. Die formelle Verfassungswidrigkeit beruhe darin, dass aufgrund der Neufassung des EU-Rechts über den Milchsektor ein Paradigmenwechsel eingetreten sei, der gerade auch wegen der nunmehr erdrosselnden Wirkung der Zusatzabgabe durch den nationalen Gesetzgeber habe nachvollzogen werden müssen.
Darüber hinaus beständen Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass des MOG und an der Verwaltungskompetenz für die Bundesfinanzverwaltung. Zudem sei § 12 MOG materiell verfassungswidrig, we...