rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustvortrag. Verlust der wirtschaftlichen Identität. Anwendung von § 8 Abs. 4 KStG bei Vorratsgesellschaften. Zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen Anteilsveräußerung und Zuführung neuen Betriebsvermögens

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise handelt es sich bei der Verwendung eines Mantels einer auf Vorrat gegründeten Gesellschaft mit beschränkter Haftung um die Neugründung einer Gesellschaft. Die nach Übertragung aller Anteile an einer Vorratsgesellschaft von dieser erwirtschafteten Verluste unterfallen deshalb nicht der Abzugsbeschränkung des § 8 Abs. 4 Satz 1 KStG.

2. Es ist zweifelhaft, ob das typisierende Regelbeispiel des § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG für den Verlust der wirtschaftlichen Identität auf eine Vorratsgesellschaft überhaupt anwendbar ist.

3. Der für die Anwendung von § 8 Abs. 4 Satz 2 KStG erforderliche zeitliche Zusammenhang zwischen der Veräußerung der Anteile an einer Kapitalgesellschaft und der Zuführung neuen Betriebsvermögens hängt nicht von einer bestimmten zeitlichen Grenze, sondern von den Umständen des Einzelfalls ab.

4. Bei der Entscheidung, ob ein sachlicher Zusammenhang zwischen Anteilseignerwechsel und Zuführung neuen Betriebsvermögens besteht, war im Streitfall auch zu berücksichtigen, dass die Verluste, deren Abzug streitig war, von der Klägerin selbst erwirtschaftet worden sind und im Falle einer „echten Neugründung” steuerlich hätten geltend gemacht werden können.

5. Die Fragen, ob § 8 Abs. 4 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmensteuerreform vom 29.10.1997 wegen etwaiger Mängel des Gesetzgebungsverfahrens oder aus anderen Gründen verfassungswidrig ist, und für welchen Veranlagungszeitraum die Vorschrift erstmals anzuwenden ist, konnten im Streitfall dahinstehen.

 

Normenkette

KStG 1996 i.d.F. v. 29.10.1997 § 8 Abs. 4 S. 1; KStG 1996 i.d.F. v. 29.10.1997 § 8 Abs. 4 S. 2; KStG 1996 i.d.F. v. 19.12.1997 § 54 Abs. 6; EStG § 10d

 

Tenor

Abweichend von dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 1997 und dem Bescheid über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31. Dezember 1997, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2003, wird der verbleibende Verlustabzug zur Körperschaftsteuer zum 31. Dezember 1997 in Höhe von 1.598.219,00 DM und der vortragsfähige Gewerbeverlust auf den 31. Dezember 1997 in Höhe von 1.584.260,00 DM festgestellt.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kosten ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert beträgt 121.222,22 EUR.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob die Verlustabzugsbeschränkung gemäß § 8 Abs. 4 KörperschaftsteuergesetzKStG – eingreift.

Die Klägerin wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 14. Januar 1994 zunächst als Vorratsgesellschaft gegründet und firmierte unter … Verwaltungsgesellschaft A. mbH. Gründerin war die A. Treuhand GmbH & Co. H., die 100 % der Anteile hielt. Die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 02. März 1994.

Mit notariellem Vertrag vom 02. November 1994 wurden von der A. Treuhand GmbH & Co. sämtliche Anteile der … Verwaltungsgesellschaft A. mbH veräußert. Durch Gesellschafterbeschluss vom gleichen Tage wurde der Gesellschaftervertrag dahingehend geändert, dass nunmehr die Firma in H. GmbH, R. geändert wurde und der Gegenstand des Unternehmens im Betrieb des Hotels H. in R. bestand.

Zweck des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes der H. GmbH ist, das Hotel H. in W. zu betreiben. Hierzu wurde vertraglich vereinbart, dass die GmbH von der H. KG das Gebäude pachtet und sodann den Hotelbetrieb führt. Der Pachtvertrag datiert vom 28. November 1994. Das Hotel wurde von der Kommanditgesellschaft in den Jahren 1994 bis 1996 errichtet.

Ab November 1994 wurde von der H. GmbH die Eröffnung des Hotels betrieben. Aufgabe der damaligen Angestellten war es, die Personal-, Marketing-, Ausstattung- und Anlaufplanung des Hotelbetriebes durchzuführen und vorzubereiten.

Bis zum Jahre der Hoteleröffnung haben sich die folgenden Anlaufverluste ergeben:

1994

6.110,00 DM

1995

189.207,00 DM

1996

685.549,00 DM.

Die Festsetzungen der Körperschaftsteuer, des Gewerbesteuermessbetrages für 1997, des Bescheides über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 47 KStG zum 31. Dezember 1997 und die entsprechenden Verlustfeststellungsbescheide auf den 31. Dezember 1997 ergingen zunächst im Rahmen der Veranlagung mit Datum vom 12. Januar 1999 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.

In der Folgezeit überprüfte das Finanzamt die Steuerbescheide und gelangte zu der Überzeugung, dass aufgrund der Übertragung der Anteile an der Vorr...

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