rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

„Günstigerprüfung” bei Erhalt des vollen Kindergelds und des doppelten Kinderfreibetrags wegen Nichterfüllung der Unterhaltspflicht durch den anderen Elternteil. Einkommensteuer 1996

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der Kindesvater seine Unterhaltspflicht nicht zu mindestens 75 % erfüllt und steht der Klägerin deswegen gemäß § 32 Abs. 6 Satz 5 EStG 1996 der doppelte Kinderfreibetrag zu, so ist bei der Günstigerprüfung zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag das an die Mutter ausbezahlte Kindergeld von 2.400 DM in voller Höhe und nicht etwa nur vermindert um den zivilrechtlichen Ausgleichsanspruch (bis 30.6.1998: § 1615g BGB; ab 1.7.1998: § 1612b BGB) mit 1.200 DM in die Vergleichsberechnung einzubeziehen.

 

Normenkette

EStG 1996 § 31 Sätze 4-5, § 32 Abs. 6 S. 5, § 36 Abs. 2; BGB §§ 1615g, 1612b

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 24.10.2003; Aktenzeichen VIII R 57/01)

BFH (Beschluss vom 24.10.2003; Aktenzeichen VIII R 57/01)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt …

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Höhe des bei Abzug eines vollen Kinderfreibetrages der Einkommensteuer hinzuzurechnender Kindergeldes.

Die Klägerin ist geschieden. Aus der Ehe sind die Söhne Ma. und Mi. hervorgegangen. Die Klägerin erzielte im Kalenderjahr 1996 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Für ihren am … geborenen Sohn Ma. und ihren am … geborenen Sohn Mi. erhielt die Klägerin Kindergeld von jeweils 2.400,00 DM. Ma. erzielte als Auszubildender einen Bruttoarbeitslohn von 12.196,27 DM. Die Klägerin beantragte in ihrer Einkommensteuererklärung für das Kalenderjahr 1996 für Ma. vollen Kinderfreibetrag, da der Kindesvater seine Unterhaltsverpflichtung nicht zu mindestens 75 % erfüllt habe. Gleichzeitig beantragte sie bei der sogenannten „Günstigerprüfung” im Sinne des § 31 Satz 4 EStG nur Kindergeld für Ma. Höhe von 1.200,00 DM in die Vergleichsrechnung einzubeziehen. Dem folgte der Beklagte im Einkommensteuerbescheid vom 11. Juni 1997 nur insoweit, als er den Kinderfreibetrag für Ma. zwar in voller Höhe ansetzte, jedoch das ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 2.400,00 DM in die Vergleichsberechnung einbezog. Die Klägerin erreichte durch den Ansatz des vollen Kinderfreibetrages unter Hinzurechnung des gesamten für das Kind Ma. gezahlten Kindergeldes mit Ausnahme des geringeren Solidaritätszuschlages keine steuerliche Vergünstigung.

Gegen den Einkommensteuerbescheid legte die Klägerin form- und fristgerecht Einspruch ein. Sie beantragte nunmehr den vollen Kinderfreibetrag für Ma. unter Hinzurechnung von nur 100,00 DM Kindergeld pro Monat, da die Anerkennung des vollen Kinderfreibetrages beim Gegenansatz von 200,00 DM Kindergeld pro Monat steuerlich ins Leere gehen würde. Sie macht geltend, daß der Vater des Sohnes Ma. keinen Unterhalt zahlt und ihr daher eine über die alternative Berücksichtigung des Kinderfreibetrages oder des Kindergeldes hinausgehende steuerliche Vergünstigung zustehen würde.

Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 1997 als unbegründet zurück.

Die Klägerin hat am 08. Oktober 1997 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, im vorliegenden Fall sei bei Übertragung des Kinderfreibetrages vom anderen Elternteil nur das ihr, der Klägerin, zustehende Kindergeld gegenzurechnen. Die zweite Hälfte des Kindergeldes stehe dem anderen Elternteil im Wege eines zivilrechtlichen Ausgleichsanspruches zu. Dieser Anspruch erlösche nicht dadurch, daß der andere Elternteil keinen Unterhalt leiste. Würde in den Fällen, in denen der Kinderfreibetrag aufgrund mangelnder Erfüllung der Unterhaltspflicht übertragen werde, immer das gesamte Kindergeld angerechnet, würden nur wenige Steuerpflichtige durch die Übertragung steuerlich bessergestellt als die Personen, die Unterhalt erhalten hätten. Die Übertragung des Kinderfreibetrages bliebe ohne weitere steuerliche Entlastung. Dies könne nicht der Wille des Gesetzgebers gewesen sein, der bis zum Veranlagungszeitraum 1995 Übertragungen von Kinderfreibeträgen in solchen Fällen ebenfalls vorgesehen habe, die dann auch zu einer zusätzlichen steuerlichen Entlastung geführt hätten.

Die Klägerin beantragt,

abweichend von dem Bescheid des Beklagten vom 11. Juni 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. September 1997 den vollen Kinderfreibetrag bei Anrechnung lediglich des halben Kindergeldes zu berücksichtigen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt er vor, daß gem. § 31 Satz 4 und 5 i. V. m. § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG Kindergeld und Kinderfreibetrag nur alternativ zu berücksichtigen seien. Werde ein voller Kinderfreibetrag gewährt, so sei das gesamte für das Kind gezahlte Kindergeld der Einkommensteuer hinzuzurechnen. Dies erfolge unabhängig von den Tatsachen, die zur Berücksichtigung des vollen Kinderfreibetrages geführt hätten. Eine Hinzurechnung in Höhe von 1.200,00 DM wäre keine Hinzurechnung in „entsprechend...

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