rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuerbarkeit der Leistungen eines freiberuflichen Tierarztes aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Fleischbeschautierarzt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Vergütungen, die ein amtlich beauftragter Tierarzt für seine Schlachttier- und Fleischuntersuchungen nach dem Fleischhygienegesetz i. d. F. v. 30.6.2003 von einem Landkreis erhält, sind gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1999 steuerbar, wenn die rechtlichen Beziehungen des Landkreises mit dem Tierarzt erkennen lassen, dass die Begründung eines Angestelltenverhältnisses vermieden werden soll und der Tierarzt in Bezug auf Ort, Zeit, Art und Umfang seiner Fleischbeschautätigkeit weitestgehend unabhängig von den Weisungen des Landratsamts ist.
2. Dem steht nicht entgegen, dass die Arbeitsgerichte von einer Arbeitnehmertätigkeit des nebenberuflich tätigen Fleischbeschautierarztes auszugehen scheinen (vgl. BAG v. 24.01.1994, 5 AZR 263/63; VG München v. 25.4.1996, M 22 K 95.746).
3. An den Nachweis, dass eine nebenberuflich für eine öffentlich-rechtliche Körperschaft ausgeübte tierärztliche Tätigkeit im Gegensatz zur hauptberuflich ausgeübten tierärztlichen Tätigkeit umsatzsteuerrechlich als nicht selbständige Tätigkeit zu qualifizieren ist, sind strenge Anforderungen zu stellen.
Normenkette
UStG 1999 § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2; Fleischhygienegesetz § 22a Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger – ein praktischer Tierarzt – führte im Streitjahr 2003 für den Landkreis R tierärztliche Fleischbeschauung durch; hierfür erhielt er vom Landkreis Vergütungen. Zwischen den Beteiligten ist strittig, ob diese Vergütungen der Umsatzsteuer zu unterwerfen sind.
Der Landrat des Landkreises R hatte den Kläger mit Wirkung vom 01.01.1993 zur Durchführung der amtlichen Schlachttier-, Fleisch- und Trichinenuntersuchung nach dem Fleischhygienegesetz vom 24.02.1987 (BGBl I S. 649) in der jeweils gültigen Fassung im zugeordneten Fleischbeschaubezirk als amtlich beauftragter Tierarzt bestellt „Bestellung” vom 15.12.1992, Bl. 3 des Verwaltungsvorgangs Landkreis R).
Zuvor waren dem Kläger bereits durch „Zuweisung” des Leiters des Veterinäramts des Landkreises R vom 26.02.1991 die Gemeinden B und Bu als Fleischbeschaubezirke zugewiesen worden (Gerichtsakten Bl. 59).
Ausweislich der „Niederschrift” vom 28.12.1992 (Verwaltungsvorgang Landkreis Bl. 6) verpflichtete sich der Kläger, die ihm übertragenen Untersuchungen gewissenhaft auszuführen und die Bestimmungen des Fleischhygienegesetzes, der Fleischhygieneverordnung mit ihren Anlagen, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Untersuchungen nach dem Fleischhygienegesetz und der Fleischhygiene-Statistik-Verordnung einzuhalten.
Ebenfalls unter dem 28.12.1992 unterzeichnete der Kläger einen „Arbeitsvertrag auf Honorarbasis” zwischen dem Landratsamt R, vertreten durch den Landrat, als „Arbeitgeber” und ihm – dem Kläger – als „Angestellter” (Verwaltungsvorgang Landkreis Bl. 1 f.).
In § 1 des „Arbeitsvertrages” wurde vereinbart, dass der Kläger „als amtlich beauftragter Tierarzt auf Honorarbasis” ab 01.01.1993 „auf unbestimmte Zeit” eingestellt wird; die in dem Vertragsmuster insoweit allein vorgesehenen Alternativen „vollbeschäftigter Angestellter” oder „nicht vollbeschäftigter Angestellter” wurden gestrichen. Ebenfalls gestrichen wurden die Felder mit Angaben zur „durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit”. Die „Aufgabe” des Klägers wurde wie folgt beschrieben: „Durchführung der amtlichen Schlachttier-, Fleisch- und Trichinenuntersuchung gemäß Fleischhygienegesetz vom 24.02.1987 in der gültigen Fassung im Fleischbeschaubezirk sowie termingemäße Berichterstattung und Abrechnung der erhobenen Gebühren im Veterinäramt”.
§ 2 des vom Landkreis verwendeten Vertragsmusters sah folgende Bestimmung vor: „Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen in der für den Arbeitgeber jeweils geltenden Fassung. Außerdem finden die für den Arbeitgeber jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge Anwendung.”. Diese Bestimmung wurde wie folgt geändert: Über § 2 zwischen den Worten „Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich …” und „… nach” wurde das Wort „nicht” eingefügt. Unter § 2 wurde eingefügt: „gemäß § 3 (r) BAT-Ost”.
§ 3 BAT-Ost enthielt Ausnahmen vom Geltungsbereich des Bundesangestellten-Tarifvertrags – BAT –. Gemäß § 3 r) galt dieser Tarifvertrag u. a. nicht für
„Angestellte, die
aa) …
bb) außerhalb öffentlicher Schlachthöfe gegen Stückvergütung als amtliche Tierärzte und Fleischkontrolleure in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung …,
cc) außerhalb öffentlicher Schlachthöfe gegen Stundenvergütung als nicht vollbeschäftigte amtliche Tierärzte und Fleischkontrolleure in der Schlachttier- und Fleischuntersuchung … tätig sind.”
§ 3 des V...