Entscheidungsstichwort (Thema)
Abrechnung von Krankentransport und Notfallrettung gegenüber den Sozialleistungsträgern für fremde Leistungserbringer als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Umsatzsteuerpflicht der Abrechnungsleistungen. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: XI R 32/20)
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Annahme eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs im Sinne von § 14 AO ist keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich.
2. Die Abrechnung von Krankentransport und Notfallrettung gegenüber den Sozialleistungsträgern, für fremde Leistungserbringer gegen Kostenersatz durch einen als gemeinnützig und mildtätig anerkannten Verband der freien Wohlfahrtspflege ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. Die insoweit erzielten Umsätze sind nicht von der Umsatzsteuer befreit.
3. Die Abrechnung von Leistungen im Bereich Krankentransport und Notfallrettung für fremde Leistungserbringer ist keine Nebenleistung zu vom Verband selbst erbrachten gleichartigen Leistungen.
4. Die Abrechnungsleistungen an andere Leistungserbringer kommen nicht im Sinne von § 4 Nr.18 Satz 1 Buchst. b UStG und § 66 Abs. 1 AO unmittelbar dem begünstigten Personenkreis – hier den Notfallpatienten – zugute.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 17 Buchst. b, Nr. 18; EGRL 112/2006 Art. 132 Abs. 1 Buchst. f, g; AO §§ 14, 65, 66 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt … Euro.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die von dem Kläger durchgeführte Abrechnung von Krankentransport und Notfallrettung gegenüber den Sozialleistungsträgern für fremde Leistungserbringer der Umsatzbesteuerung unterliegt und ob die Abrechnungsleistungen gegenüber fremden Leistungserbringern als Zweckbetrieb anzuerkennen ist.
Der Kläger ist ein anerkannter Verband der freien Wohlfahrtspflege und Mitglied eines Wohlfahrtsverbandes. Er ist als gemeinnützig und mildtätig im Sinne der §§ 51 – 68 AO anerkannt und unterliegt mit seinen Einkünften grundsätzlich nicht der Besteuerung. Der Kläger unterhält diverse wirtschaftliche Geschäftsbetriebe sowie Zweckbetriebe.
Seit dem Jahr 1995 ist der Kläger als Leistungserbringer im öffentlichen Rettungsdienst tätig. Dies wird in einem öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Landkreis … (vormals: Landkreis …) und dem Kläger vom … Februar 1995 geregelt.
Die Landkreise – im Streitfall der Landkreis … – sind Träger des öffentlichen Rettungsdienstes (§ 7 Abs. 1 und 2 Rettungsdienstgesetz). Der Träger des öffentlichen Rettungsdienstes kann dessen Durchführung unter anderem juristischen Personen des Privatrechts übertragen, die ihre Leistungsfähigkeit nachgewiesen haben (§ 7 Abs. 4 Rettungsdienstgesetz). Die Übertragung erfolgt durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages.
Gemäß § 7 des ersten Nachtrages zum öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen dem Landkreis … (nunmehr Landkreis …) und dem Kläger wickelt die Klägerin die Abrechnung der Rettungs-dienstleistungen selbstständig mit den Kostenträgern ab.
Im Jahr 2012 verlangten die Sozialleistungsträger, dass aus Kostengründen in jedem Landkreis nur eine Abrechnungsstelle vorgehalten wird. Vor diesem Hintergrund wurde § 7 des zwischen dem Landkreis und dem Kläger geschlossenen Vertrages dahingehend erweitert, dass der Kläger – neben der Abrechnung der eigenen Einsätze – auch die Abrechnungen der Einsätze für vier andere Leistungserbringer (… e. V, …e. V., … e. V. und Stadt …Ordnungsamt Berufsfeuerwehr) in den Bereichen Rettungsdienst und Krankentransport gegenüber den Kostenträgern durchführt (2. Nachtrag vom … Juli 2012).
Als vertragliche Grundlage bestehen jeweils 3-seitige Vereinbarungen zwischen dem Träger des Rettungsdienstes, dem Kläger und den anderen Leistungserbringern. Die Abrechnung des Rettungsdienstes erfolgt ausdrücklich im Auftrag des Landkreises …. Im Streitjahr 2012 erfolgte die Abrechnung zum Teil unter Einsatz von Personal, dass der Landkreis dem Kläger zur Verfügung stellte.
Mit Vertrag vom … Juli 2012 nach § 11 Rettungsdienstgesetz Mecklenburg-Vorpommern zwischen dem Landkreis … als Träger des Rettungsdienstes und den führenden Krankenkassen als Sozialleistungsträger (Kostenträger) einigte man sich für das Jahr 2012 auf ein Kosten-volumen von 17,6 Millionen EUR, welches unter anderem einen Anteil für Verwaltungskosten umfasst. Gleichzeitig wurde ein sogenannter Defizitausgleich vereinbart (§ 8 Sonstiges).
Als Ergebnis der Verhandlungen mit den Sozialleistungsträgern entfiel laut vorgelegtem „Plan Rettungsdienst 2012” von dem vereinbarten Budget in Höhe von … EUR auf die Abrechnungsstelle des …e. V. ein Kostenanteil in Höhe von … EUR und entsprach 6-monatlichen Zahlbeträgen ab dem 01. Juli 2012 von jeweils … EUR. Der Kostenanteil basiert auf der Kalkulation sämtlicher Sach- und Personalkosten durch den Kläger.
Aufgrund des vereinbarten Defizitausg...