Entscheidungsstichwort (Thema)
Offensichtliche Unzulässigkeit eines Antrags auf Ergänzungsurteil
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Entscheidung über einen Antrag auf Ergänzung des Urteils gem. § 109 FGO hat grundsätzlich durch Urteil „Ergänzungsurteil”) zu erfolgen.
2. Ein offensichtlich unzulässiger Ergänzungsantrag wird aber durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung verworfen.
3. Eine rechtsschutzgewährende Auslegung eines unzulässigen Antrags in einen anderen – ebenfalls – unzulässigen Antrag scheidet aus.
Normenkette
FGO §§ 109, 108
Tenor
1. Der Antrag auf Ergänzung des Urteils vom 18. Mai 2021 wird abgelehnt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
Tatbestand
I.
Der Senat hat in der Streitsache am Dienstag den 18. Mai 2021 in der Zeit von 13:03 Uhr bis 13:48 Uhr mündlich verhandelt und im Anschluss an die mündliche Verhandlung um 13:57 Uhr ein klageabweisendes Urteil verkündet. Dieses – dem Kläger am 29. Mai 2021 zugestellte – Urteil ist rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 26. Juni 2021 (FG-Akte Bl 102 – 105), das dem Gericht per Telefax am 28. Juni 2021 übermittelt wurde, beantragte der Kläger u.a. die Berichtigung des Protokolls über die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2021 sowie eine „Rücknahme und Neufassung des bisherigen Urteils unter nunmehr erfolgender Berücksichtigung der bisher augenscheinlich versehentlich unberücksichtigt gebliebenen Vorkommnisse […]”. In der mündlichen Verhandlung habe der Beklagten-Vertreter ausdrücklich und unbestreitbar den gegenüber dem Kläger beabsichtigten Steuerbetrug bestätigt, da der Kläger bisher von dem Beklagten offensichtlich fehlerhafte Auskünfte erhalten habe. Er gehe daher zwingend davon aus, dass dies im zur Klage ergangenen Urteil zu berücksichtigen sei. Das bisherige Urteil sei aufzuheben oder zurückzunehmen und durch ein neues Urteil zu ersetzen, das dem Kläger das Recht zur Zug-um-Zug-Anfertigung der noch ausstehenden Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungsjahre sowie das Recht auf Herausgabe der dem Kläger bisher vorenthaltenen fehlenden AfA Listen zuerkennt. Der Kläger machte geltend, dass er nur die Rechtsbehelfe gegen das Urteil führe, die für ihn selbst als Nichtjuristen zulässig seien (Seite 1 des Schreibens). Mit Beschluss vom 23. Juli 2021 wurde der Antrag auf Protokollberichtigung abgelehnt.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2021, das dem Gericht per Telefax am 27. Juli 2021 übermittelt wurde, hat der Kläger u.a. ausgeführt, dass er gemäß § 109 FGO eine nachträgliche Ergänzung mit Korrektur des Urteils beantrage.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil vom 18. Mai 2021 nach Maßgabe seiner Schriftsätze vom 26. Juni 2021 (FG-Akte Bl 102 – 105) und vom 26. Juli 2021 (FG-Akte Bl 149 – 151) zu ergänzen und über seine Anträge auf die Zug-um-Zug-Anfertigung der noch ausstehenden Einkommensteuererklärungen für die Veranlagungsjahre sowie auf Herausgabe der ihm bisher vorenthaltenen fehlenden AfA Listen zu entscheiden.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 26. Mai 2021 die Ablehnungsgesuche wegen Befangenheit vom 20. Mai 2021 gegen den Vorsitzenden […] (VRiFG MM) und die Berichterstatterin […] (RiinFG TT), mit Beschluss vom 20. Juli 2021 das Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit vom 30. Juni 2021 gegen VRiFG MM und mit Beschluss vom 30. Juli 2021 das Ablehnungsgesuch wegen Befangenheit vom 26. Juli 2021 gegen VRiFG MM und die Vertreterin des Vorsitzenden […] (RiinFG JJ) sowie die Ablehnungsgesuche wegen Befangenheit gegen RiinFG TT vom 30. Juni 2021 und 26. Juli 2021 abgelehnt.
Dem Beklagten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gewährt.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Ergänzung des Urteils vom 18. Mai 2021 hat keinen Erfolg.
1. Die Entscheidung über einen Antrag auf Ergänzung des Urteils gem. § 109 Finanzgerichtsordnung (FGO) hat grundsätzlich durch Urteil („Ergänzungsurteil”) zu erfolgen, und zwar unabhängig davon, ob dem Antrag stattgegeben oder ob er abgelehnt wird. Ein offensichtlich unzulässiger Ergänzungsantrag wird allerdings durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung verworfen (BFH-Beschluss vom 4. August 2014 VII R 28/13, BFH/NV 2014, 1771; BVerwG-Beschluss vom 9. Juni 2011 3 C 14/11, NVwZ 2011, 1196; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler ≪HHSp≫, AO/FGO, § 109 FGO Rz. 32 [Nov. 2017]).
Nach dieser Maßgabe entscheidet der Senat durch Beschluss, denn der Antrag ist offensichtlich unzulässig (vgl. Entscheidungsgründe unter Tz. II.2). Der Senat entscheidet in seiner geschäftsplanmäßigen Besetzung (Lange in HHSp, AO/FGO, § 109 FGO Rz. 34 [Nov. 2017]).
2. Der Antrag auf Urteilsergänzung ist nach § 109 Abs. 2 Satz 1 FGO binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils zu stellen. Eine Verlängerung der Frist des § 109 Abs. 2 Satz 1 FGO ist nicht möglich (§ 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 224 Abs. 2 ZPO; Lange in HHSp, AO/FGO, § 109 FGO Rz. 28 [Nov. 2017] m.w.N.). Über den Lauf der Antragsfrist muss nicht besonders belehrt werden (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 109 FGO Rz. 4 [Sept. 2020] m.w.N.).
Dies zugrunde gelegt, ist der Antrag wegen Versäumnis der Frist unzulässig, den...