Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld;. eigene Einkünfte und Bezüge des Kindes;. Vermögen des Kindes;. Schenkung als Bezüge;. Einnahmen zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein volljähriges Kind ist auch dann unter den Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG zu berücksichtigen, wenn es über eigenes Vermögen verfügt.
2. Fließt dem Kind in einem Jahr Barvermögen aufgrund einer Schenkung zu, so zählt dieser Zufluss jedenfalls dann nicht zu den Bezügen des Kindes im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, wenn seitens des Schenkers eine Zweckbestimmung erfolgt ist, die besagt, dass das Geld nicht zu Konsumzwecken zur Verfügung gerstellt wird, sondern zum langfristigen Vermögensaufbau.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 33a Abs. 1
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin bezog für die Zeit von Januar 2000 bis Juli 2000 Kindergeld für ihre beiden Söhne .A.. (geb. .. 1978) und B. (geb. … 1981). Beide Söhne befanden sich im Jahr 2000 in Schul- bzw. Berufsausbildung.
A. und B. erhielten im April 2000 von Frau M. im Wege einer Schenkung je 20.295 DM, die von diesen in Wertpapieren auf einem Depot der Sparkasse angelegt wurden. Die Schenkung erfolgte unter der Bedingung, dass der Geldbetrag nicht verkonsumiert, sondern langfristig angelegt wird. Auf die schriftliche Erklärung von Frau M. vom 15. Mai 2001 wird Bezug genommen. Für die Schenkung wurde Schenkungsteuer in Höhe von jeweils 1.734 DM festgesetzt.
Aus den Wertpapieren bezogen A. und B. im Jahr 2000 Zinseinnahmen (nach Abzug der Stückzinsen) in Höhe von jeweils 85,87 DM.
Nachdem der Antragsgegner (das Arbeitsamt -Familienkasse-) von der Schenkung Kenntnis erhalten hatte, hob er mit Bescheid vom 18. September 2000 die Kindergeldfestsetzung für A. und B. ab Januar 2000 auf und forderte den ausbezahlten Betrag in Höhe von 3.780 DM von der Antragstellerin zurück mit der Begründung, der geschenkte Geldbetrag sei als (einmaliger) Bezug der Kinder nach § 32 Abs. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) anzurechnen, wobei der Grenzbetrag von 13.500 DM überschritten sei. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 02. April 2001).
Die Antragstellerin beantragt nach erfolgloser vorheriger Antragstellung beim Antragsgegner die Vollziehung des Kindergeldaufhebungsbescheides vom 18. September 2000 in Höhe von 3.780 DM wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
1. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, daß der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674).
2. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.
Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat und sich in Berufsausbildung befindet, wird für Zwecke des Kindergeldes nach §§ 62 Abs. 1, 63 Satz 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a und Satz 2 EStG nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts und der Berufsausbildung bestimmt und geeignet sind, von nicht mehr als 13.500 DM im Streitjahr 2000 hat. Dagegen spielt es für die Kindergeldgewährung keine Rolle, ob das Kind über eigenes Vermögen verfügt. Gesetzessystematisch ergibt sich dies aus einem Vergleich mit der Parallelvorschrift des § 33 a Abs. 1 EStG. § 33 a Abs. 1 EStG setzt für die Gewährung des Unterhaltsfreibetrages neben Einkünften und Bezügen der unterhaltenen Person unter einem bestimmten Grenzbetrag auch voraus, dass diese Person kein oder nur ein geringes Vermögen besitzt. Da es im Rahmen des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zwar die erstgenannte Voraussetzung (Einkünfte und Bezüge), nicht aber die zweitgenannte Voraussetzung (Vermögen) gibt, folgt daraus, dass nach dem Willen des Gesetzgebers beim Kindergeld eigenes Vermögen des Kindes unschädlich ist. Dahinter ist der gesetzgeberische Wille zu erkennen, den Kindern ihr Stammvermögen möglichst unversehrt zu erhalten, um als Grundlage für den Aufbau einer eigenen Existenz und zur Erleichterung des Eintritts in das wirtschaftliche Leben zu dienen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 25. Juni 1953 IV 503/52 U, Bundessteuerblatt –BStBl– III 1953, 281).
Nicht abschließend geklärt ist bislang die Frage, ob Barvermögen, das einem Kind im Laufe eines Jahres im Rahmen einer Schenkung zufließt...