Entscheidungsstichwort (Thema)

Ableitung des gemeinen Werts von GmbH-Anteilen aus Verkäufen kurz nach dem Bewertungsstichtag. Aussetzung der Vollziehung in Sachen. Einkommensteuer 1989

 

Tenor

1. Der angefochtene Bescheid wird bis zum Ergehen der Einspruchsentscheidung insoweit von der Vollziehung ausgesetzt, als der Veräußerungspreis bzw. der gemeine Wert für die im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußerten bzw. entnommenen Anteile an der Z. GmbH mit einem Betrag von mehr als 155 DM je 100 DM des Stammkapitals angesetzt worden sind.

2. Im übrigen wird der Antrag abgewiesen.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 1/5 und der Antragsgegner zu 4/5.

4. Die Steuerberechnung wird dem Antragsgegner übertragen.

5. Die Verwirkung etwaiger hinsichtlich der ausgesetzten Beträge angefallener Säumniszuschläge wird aufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist die Höhe des betrieblichen Aufgabegewinns.

Wegen des Sachverhalts sowie der Ausführungen der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Akten sowie die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist teilweise begründet.

Infolge der Veräußerung der Anteile an der Betriebsgesellschaft, durch die die personelle Verflechtung entfallen ist, ist es beim Antragsteller als dem Inhaber des Besitzunternehmens zur Betriebsaufgabe gekommen (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH– vom 25. August 1993 XI R 6/93, BStBl II 1994, 2). Die Betriebsaufgabe führt notwendigerweise dazu, daß die im Betriebsvermögen gehaltene Beteiligung wie auch die weiteren betrieblichen Wirtschaftsgüter aus der Besitz-GmbH entnommen worden sind (BFH-Urteil vom 26. Februar 1997 X R 31/95, BStBl II 1997, 51).

Für diese Wirtschaftsgüter ist der gemeine Wert im Zeitpunkt der Aufgabe anzusetzen. Werden einzelne betriebliche Wirtschaftsgüter im Rahmen der Betriebsaufgabe veräußert, bildet der Veräußerungspreis die Bemessungsgrundlage für den Aufgabegewinn (vgl. § 16 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes –EStG–).

1. Bei summarischer Prüfung im Verfahren der Aussetzung der Vollziehung kann dem Antragsgegner (Finanzamt – FA–) nicht darin gefolgt werden, daß der gemeine Wert der Anteile an der Z. GmbH entsprechend dem im Vertrag vom 26. April 1990 vereinbarten Kaufpreis mit 498 DM je 100 DM des Stammkapitals anzusetzen ist.

Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) wird auch für Zwecke der ertragsteuerrechtlichen Bewertung (§ 1 Abs. 2 BewG) der gemeine Wert eines Wirtschaftsguts durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsguts bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Der gemeine Wert von Anteilen an Kapitalgesellschaften ist vorrangig aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 BewG). Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 2 BewG).

Voraussetzung für die Ermittlung des gemeinen Werts aus Verkäufen ist danach, daß es sich nicht um einen Verkauf handelt, der erst nach dem maßgebenden Bewertungsstichtag (hier dem Zeitpunkt der Betriebsaufgabe am 28. Dezember 1989) zustande gekommen ist. Nur ausnahmsweise kann der gemeine Wert aus einem Verkaufsabschluß kurz nach dem Bewertungsstichtag abgeleitet werden, wenn die Einigung über den Kaufpreis schon am Bewertungsstichtag herbeigeführt war (vgl. BFH-Urteil vom 2. November 1988 II R 52/85, BStBl II 1989, 8).

Dies hat die Rechtsprechung für den Fall bejaht, daß die Verhandlungen, die zu dem Verkauf führten, sich am Bewertungsstichtag bezüglich des Kaufpreises schon soweit verdichtet hatten, daß dieser Kaufpreis durch den kurz nach dem Bewertungsstichtag abgeschlossenen Kaufvertrag nur noch dokumentiert wurde.

Die danach erforderliche Einigung über den Kaufpreis (vor dem Bewertungsstichtag) setzt die vorgreifliche Feststellung voraus, daß zu diesem Zeitpunkt Einigkeit über den Abschluß des Kaufvertrags bestand. Ausgehend von den angeführten Rechtsgrundsätzen kann davon nur gesprochen werden, wenn die Vertragsverhandlungen auch insoweit abgeschlossen sind und es keines weiteren Verhandlungsansatzes mehr bedarf. Wenn dagegen nach dem Bewertungsstichtag weitere Verhandlungen erforderlich sind, dann kann von einer Einigung über den Kaufvertrag – und damit auch über den Kaufpreis – noch nicht ausgegangen werden.

Dabei kann es für die Beurteilung keinen Unterschied machen, ob zwischen den Verhandlungspartnern weitere Verhandlungen für die Zeit nach dem maßgeblichen Bewertungsstichtag von vorneherein geplant waren oder ob ein derartiger Verhandlungsbedarf erst nach diesem Zeitpunkt entstanden ist, um schließlich zum formellen Vertragsabschluß zu gelangen.

Im vorliegenden Fall hat sich das FA für die Annahme einer Einigung schon vor dem Bewertungsstichtag (28. Dezember 1989) im wesentlichen auf den am 13. Dezember 1989 von den Beteiligten des späteren Veräußerungsgeschäfts (26. April 1990) unterschriebenen „letter of intent” gestützt (S. 31 Steufa-Bericht).

Als die bloße Bekräftigung der Absicht eines ...

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