rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung eines Geschäftsführers für Verspätungszuschläge und Zinsen der GmbH
Leitsatz (redaktionell)
Grundsätzlich kann der Vertreter einer juristischen Person auch für Verspätungszuschläge und Zinsen in Haftung genommen werden, die infolge vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung nicht erfüllt worden sind. Die bei der Nichtentrichtung von Steuerschulden begangene schuldhafte Pflichtverletzung wirkt sich jedoch auf die Haftung für die Festsetzung von Verspätungszuschlägen und Zinsen nicht aus, da es sich insoweit um einen Anspruch des Steuergläubigers handelt, der erst mit seiner Festsetzung entsteht und zu diesem Zeitpunkt fällig wird. Feststellungen über eine Pflichtverletzung, die zur Festsetzung dieser Nebenleistungen geführt haben, hat das FA im Streitfall nicht getroffen.
Normenkette
AO §§ 69, 34
Tenor
1. Die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 21. Juli 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Mai 2010 wird für die Dauer der Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage beim Finanzgericht München in Höhe von 1.745,72 EUR ausgesetzt. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Antragsteller zu Recht für Steuerschulden der Firma P GmbH (GmbH) in Haftung genommen worden ist.
Die GmbH wurde mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 2002 gegründet, Unternehmensgegenstand ist der Handel mit Metallen sowie die Metallveredelung, -verarbeitung und -wiederaufbereitung. Mit Gesellschafterbeschluss vom gleichen Datum wurde der Antragsteller zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt. Gesellschafter der GmbH sind je zur Hälfte Herr M und die Firma B-AG, die vom Antragsteller als Generalbevollmächtigtem vertreten wurde. Die B-AG wurde 2006 im Handelsregister gelöscht. Der Betrieb der GmbH wurde im September 2005 eingestellt, das Gewerbe zum 23. Januar 2006 abgemeldet. Der Löschung der GmbH im Handelsregister wurde durch den Antragsteller am 27. November 2007 widersprochen, da die Firma nicht vermögenslos sei.
Vollstreckungsmaßnahmen des Finanzamts (FA) blieben erfolglos. Der Antrag des FA vom 20. November 2006 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 12. April 2007 als unzulässig abgewiesen. Aus dem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters vom 27. Februar 2007 ergab sich, dass die GmbH zahlungsunfähig und überschuldet sei. Verbindlichkeiten bestünden ausschließlich gegenüber dem FA.
Nach vorheriger Ankündigung und Anhörung nahm das FA den Antragsteller mit Bescheid vom 21. Juli 2008 für Umsatzsteuer 2002 bis 2006, Säumniszuschläge zur Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag sowie Kirchenlohnsteuer, Verspätungszuschläge sowie Zwangsgeld in Gesamthöhe von 51.962,01 EUR in Haftung, da er seine Pflicht zur Entrichtung der festgesetzten Steuern als gesetzlicher Vertreter der GmbH nicht erfüllt habe.
Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren hatte überwiegend keinen Erfolg. Mit Entscheidung vom 14. Mai 2010 wurde der Haftungsbescheid hinsichtlich des Zwangsgelds aufgehoben und die Haftungsschuld auf 51.362,01 EUR herabgesetzt. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der beim FA gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids wurde mit Verfügung vom 5. August 2010 abgelehnt.
Mit seinem bei Gericht gestellten Antrag bringt der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass ihn das FA zu Unrecht in Haftung genommen habe. Bereits bei Fälligkeit der Steuerforderungen sei es ihm unmöglich gewesen, diese aus den von ihm verwalteten Mitteln der Gesellschaft zu begleichen. Eine schuldhafte Pflichtverletzung könne ihm daher nicht vorgeworfen werden. Aufgrund der erfolglos durchgeführten Vollstreckungsversuche sei dem FA bekannt gewesen, dass die Gesellschaft nicht über mehr ausreichende Mittel verfüge. Es bestehe somit keine Kausalität zwischen der behaupteten Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Steuerausfall.
Der Antragsteller beantragt,
die Vollziehung des Haftungsbescheids vom 21. Juli 2008 bis zur Rechtskraft der Hauptsache auszusetzen.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung verweist es im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten und auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheids vom 21. Juli 2008 hat nur zu einem geringen Teil Erfolg, da der Antragsteller nicht für die ab November 2006 fällig gewordenen Steuerschulden der GmbH sowie für die gegen die GmbH festgesetzten Verspätungszuschläge haftet. Im Übrigen hat der Antrag keinen Erfolg, das FA hat den Antragsteller dem Grunde und der Höhe nach zu Recht für Steuerschulden der GmbH in Haftung genommen.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ...