Entscheidungsstichwort (Thema)
Drei-Objekt-Grenze kommt beim gewerblichen Grundstückshandel nur Indizwirkung zu
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Drei-Objekt-Grenze besagt, dass grundsätzlich kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt, sofern weniger als vier Objekte veräußert werden.
2. Der Drei-Objekt-Grenze kommt beim gewerblichen Grundstückshandel nur Indizwirkung zu.
3. Der Drei-Objekt-Grenze bedarf es nicht, wenn aufgrund objektiver Umstände zweifelsfrei feststeht, dass die maßgebenden Tätigkeiten (Anschaffung, Bebauung) in unbedingter Veräußerungsabsicht ausgeübt worden sind.
4. Solche objektiven Umstände sind gegeben, wenn das im zeitlichen Zusammenhang mit der Bebauung und Veräußerung erworbene Grundstück schon vor seiner Bebauung verkauft worden ist oder wenn ein solches Grundstück von vornherein auf Rechnung oder nach den Wünschen des Erwerbers bebaut wird oder wenn die Absicht nachgewiesen wird, dass weitere Objekte erworben und bebaut werden sollten.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 Sätze 2, 4
Tenor
1. Die Vollziehung des Bescheids vom 7. April 2005 für das Jahr 2000 wird für die Dauer des Klageverfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer in Höhe von 88.843,10 EUR, des Solidaritätszuschlags in Höhe von 4.886,37 EUR und der Zinsen in Höhe von 15.984,00 EUR ausgesetzt.
2. Die Vollziehung des Bescheids vom 7. April 2005 für das Jahr 2001 wird für die Dauer des Klageverfahrens hinsichtlich der Einkommensteuer in Höhe von 114.723,67 EUR, des Solidaritätszuschlags in Höhe von 6.256,83 EUR und der Zinsen in Höhe von 13.764,00 EUR ausgesetzt.
3. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Hauptsacheverfahren (Az.: 13 K 1241/09), ob der Antragsteller zu 1) (ASt1) in den Streitjahren als gewerblicher Grundstückshändler tätig geworden ist.
Der ASt1 erzielt aus einer Agentur für [… Kommunikation] Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Der ASt1 erwarb mit Vertrag vom 29. Dezember 2000 ein unbebautes Grundstück in der Gemarkung [… W-Dorf] (Objekt [Hauptstraße]) für 662.500 DM. Dieses Grundstück wurde im Jahr 2001 mit einem Doppelhaus bebaut. Im September 2003 veräußerte der ASt1 eine erste Doppelhaushälfte (Doppelhaushälfte 1) für einen Kaufpreis von 320.000 EUR und eine in dieser Doppelhaushälfte belegene Einliegerwohnung für einen Kaufpreis von 65.000 EUR. Die zweite Doppelhaushälfte (Doppelhaushälfte 2) wurde nach der Fertigstellung zu Wohnzwecken vermietet. Im März 2006 wurde die Doppelhaushälfte 2 für einen Kaufpreis von 250.000 EUR veräußert.
Die Antragsteller (ASt) erklärten in ihrer am 19. April 2002 eingereichten Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000, dass sie der Auffassung sind, dass der ASt1 als gewerblicher Grundstückshändler tätig geworden sei und aus dem Objekt [Hauptstraße] die Doppelhaushälfte 1 und die Einliegerwohnung sowie der dazugehörige Grund und Boden vom Zeitpunkt der Anschaffung bzw. Herstellung an Wirtschaftsgüter des notwendigen Betriebsvermögens (Umlaufvermögen) des Gewerbebetriebs geworden seien. Für das Jahr 2000 erklärte der ASt1 für den gewerblichen Grundstückshandel einen Verlust in Höhe von 374.910,84 DM, den er nach Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte. Die Betriebsausgaben in Höhe von 374.910,84 DM wurden damit begründet, dass diese Beträge dem anteiligen Kaufpreis für das Grundstück soweit es der Doppelhaushälfte 1 und der Einliegerwohnung zuzuordnen sei und den sonstigen Kosten entspreche. Die Anteile der Betriebsausgaben an den gesamten Aufwendungen seien nach dem Verhältnis der Wohnflächen bestimmt worden. In der Gewinnermittlung nach Einnahmen-Überschussrechnung für den gewerblichen Grundstückshandel im Jahr 2001 erklärte der ASt1 einen Verlust in Höhe von 469.119,10 DM. Die Betriebsausgaben in Höhe von 469.119,10 DM wurden damit begründet, dass in dieser Höhe anteilige Baukosten und Zinsaufwendungen angefallen seien, die auf die zur Veräußerung bestimmten Objekte Doppelhaushälfte 1 und Einliegerwohnung entfallen würden.
Zum 1. Januar 2003 wechselte der ASt1 von der Einnahmen-Überschussrechnung für den gewerblichen Grundstückshandel zur Gewinnermittlung nach Betriebsvermögensvergleich. Nach Kündigung der Mieter wurde vom ASt1 im Jahr 2005 mit einem Wert von 235.000 EUR die Einlage der zweiten Doppelhaushälfte DHH2 in das Betriebsvermögen des gewerblichen Grundstückshandels erklärt.
Der Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – folgte zuerst den Angaben in den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre. Bei der im Februar 2005 beim ASt1 durchgeführten steuerlichen Außenprüfung vertrat der Betriebsprüfer die Auffassung, dass ein gewerblicher Grundstückshandel nicht vorliegen würde. Die Doppelhaushälfte 1 und die Einliegerwohnung seien im Jahr 2003 mit Verlust verkauft worden. Der Erwerb, die Bebauung und die Veräußerung des gesamten Objekts [Hauptstraße] seien der privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen. Der ASt1 habe weniger als vier Objekte in fünf Jahren veräußert und auch nicht nachgewiesen, dass er die Absicht gehabt h...