Entscheidungsstichwort (Thema)
Überweisung von Kindergeld auf das Konto des Kindes
Leitsatz (redaktionell)
Da der durch die Anweisung begünstigte Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen kann und die Leistung mit dem Willen erbracht wird, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber mit befreiender Wirkung zu erfüllen, ist nicht der Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungs- bzw. Vergütungsberechtigte als Leistungsempfänger i. S. d. § 37 Abs. 2 AO anzusehen (vgl. BFH v. 29.01.2003, VIII R 64/01, BFH/NV 2003, 905).
Normenkette
EStG § 70 Abs. 2 S. 1, § 32 Abs. 4 S. 1
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Tatbestand
Die Antragstellerin bezog für ihre Tochter T, geboren am 1. Juni 1996, laufend Kindergeld. Sie teilte der Familienkasse am 10. April 2014 mit, dass sich T voraussichtlich noch bis 16. September 2016 in einem Ausbildungsverhältnis befinde. Das Kindergeld sollte entsprechend dem Antrag an die Familienkasse vom 23. April 2014 auf das Konto ihrer Tochter bei der Sparkasse überwiesen werden. Am 16. Februar 2015 wurde der Familienkasse von der Bundessagentur für Arbeit mitgeteilt, dass T ihre Ausbildung zum 22. Oktober 2014 abgebrochen habe. Für die Zeit vom 23. Oktober 2014 bis 1. Februar 2015 lägen keine Nachweise für eine Ausbildung vor. Am 2. Februar 2015 habe sie sich arbeitssuchend gemeldet, ab 4. Mai 2015 habe sie sich in Elternzeit befunden. Mit Bescheid vom 26. Februar 2015 hob die Familienkasse die Festsetzung von Kindergeld für den Zeitraum November 2014 bis einschließlich Januar 2015 auf und forderte die Rückzahlung des Kindergelds in Höhe von 552 EUR. Der dagegen gerichtete Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 1. April 2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Unter Vorlage einer Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 14. April 2015 beantragt die Antragstellerin Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Klage gegen den Bescheid vom 26. Februar 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2015 sowie die Beiordnung eines Rechtsanwalts. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass die Rückforderung des Kindergeldes fehlerhaft sei, da das Kindergeld stets an ihre Tochter ausgezahlt worden sei.
Die Familienkasse hält den Antrag für unbegründet, weil keine hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung bestehe.
Wegen des weiteren Sachverhalts und hinsichtlich des rechtlichen Vortrags wird auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die vorgelegten Unterlagen und Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist unbegründet.
Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung – FGO – i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung – ZPO – erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist nur gegeben, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers zum Erfolg führt. Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, muss berücksichtigt werden, dass der Zweck der PKH darin besteht, eine möglichst weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes zu gewährleisten, um damit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG Rechnung zu tragen.
Es dürfen deshalb bei der Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache keine allzu großen Anforderungen gestellt werden, insbesondere dürfen im PKH-Verfahren keine schwierigen, bisher nicht hinreichend geklärten Rechts- und Tatsachenfragen entschieden werden, deren Entscheidung grundsätzlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs – BFH – VIII S 6/05 (PKH) vom 17. Januar 2006, BFH/NV 2006, 801).
Nach summarischer Prüfung des aktenkundigen Sachverhalts bestehen vorliegend keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 26. Februar 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 1. April 2015.
Die Familienkasse hat das Kindergeld für den Zeitraum November 2014 bis einschließlich Januar 2015 zu Recht aufgehoben (§ 70 Abs. 2 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG), da die Voraussetzungen für die Gewährung von Kindergeld nicht vorliegen.
Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 EStG besteht für ein Kind, das wie T das 18. Lebensjahr vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es
- noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agentur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder
noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und
- für einen Beruf ausgebildet wird oder
- sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschn...