Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine vorläufige Bescheinigung der Gemeinnützigkeit im Wege der einstweiligen Anordnung bei einer nicht mit den in der Satzung niedergelegten Zwecken übereinstimmenden tatsächlichen Geschäftsführung
Leitsatz (redaktionell)
Keine vorläufige Bescheinigung der Gemeinnützigkeit im Wege der einstweiligen Anordnung, wenn die Vermutung besteht, dass der eigentliche Zweck der Körperschaft (hier: Verbreitung einer Heilslehre) nicht ausreichend genau mit den satzungsmäßigen Zwecken übereinstimmt (hier: dem nicht weiter erläuterten Zweck der "Wiedereingliederung in den ureigenen Lebensfluss").
Normenkette
AO 1977 § 63; FGO § 114 Abs. 1 S. 2; AO 1977 §§ 55, 52, 60 Abs. 1
Gründe
I.
Die Antragstellerin ist eine Stiftung bürgerlichen Rechts, die durch Frau … D. mit Stiftungsgeschäft vom 12.2.1999 errichtet wurde. Sie wurde am 11.3.1999 durch die Regierung von Oberbayern genehmigt.
Stiftungszweck ist
- die selbstlose Unterstützung von Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Dazu gehört die Förderung und Heilung von Menschen, die – aus welchem Grund auch immer – in innere Not geraten sind, sowie die Wiedereingliederung in ihren ureigenen Lebensfluss, insbesondere durch Stabilisierung, Stärkung des Selbstvertrauens und Vermittlung innerer Würde und Achtung vor anderen,
die Förderung der Allgemeinheit auf dem Gebiet der Bildung und Erziehung durch
- Ausbildung an Musikinstrumenten, im Tanz und im Gesang;
- Ausbildung in künstlerischen und handwerklichen Tätigkeiten und Fähigkeiten;
- die Förderung der Kunst und Kultur auf dem Gebiet von Musik, Tanz und Gesang;
- die Förderung des Brauchtums durch Pflege und Verbreitung von Volksmusik und Volkstanz.
Der Stiftungszweck soll insbesondere durch folgende Maßnahmen verwirklicht werden:
- Durchführung oder finanzielle Unterstützung von therapeutischen Verfahren zur Heilung körperlich, geistig oder seelisch kranker Menschen zum Zweck der Wiedereingliederung in einen möglichst gesunden Lebensfluss;
- Unterhaltung von Einrichtungen zur Wiedereingliederung und Stabilisierung von Jugendlichen;
- Unterhaltung von Ausbildungsstätten für Instrumentalistik, Tanz und Gesang sowie Handwerk und Kunsthandwerk;
- Durchführung von kulturellen Veranstaltungen, z. B. Musik- und Volkstanzabenden sowie
- Herstellung und Darstellung von Gegenständen des Brauchtums und Kunsthandwerks, z. B. alten einheimischen Trachten.
Einem Antrag auf Erteilung einer vorläufigen Bescheinigung der Gemeinnützigkeit vom 15.12.1999 kam der Antragsgegner (das Finanzamt -FA-) nicht nach, da sich aus der Satzung nicht eindeutig ergebe, welchen Zweck die Stiftung verfolge (Schreiben des FA vom 11.4.2000). Die Antragstellerin reichte im Juli 2000 eine „Erklärung … von Körperschaften, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen” sowie eine Jahresrechnung 1999 ein. Das FA erließ unter dem Datum des 28.11.2000 einen Bescheid, in dem die Körperschaftsteuer auf Null DM festgesetzt wurde. Der Bescheid enthält folgenden Zusatz: „Die Gemeinnützigkeit kann nicht anerkannt werden.” Das FA rügte in der Begründung des Bescheids, dass sich aus der Satzung nicht eindeutig ergebe, welche Zwecke verfolgt würden, außerdem würden keine Hinweise auf die Art der therapeutischen Verfahren gegeben. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit Einspruch, über den noch nicht entschieden worden ist. Außerdem stellte sie beim Finanzgericht den hier zu beurteilenden Antrag, zu dessen Begründung sie im wesentlichen vorträgt:
Das FA habe D. Fonds „… -Stiftung” die vorläufige Bescheinigung erteilt, dessen Stiftungszweck stimme mit dem der Antragstellerin überein. Die Antragstellerin sei wegen der laufenden Kosten und angesichts des Umstandes, dass nur geringe Kursgebühren verlangt würden, zwingend auf Spenden angewiesen. Bei laufenden Ausgaben von monatlich durchschnittlich 30.500 DM könne die Antragstellerin nur noch bis einschließlich Januar 2001 bestehen. In der Satzung werde der Stiftungszweck präzise aufgeführt, die Art der Verwirklichung werde genau bestimmt. Die tatsächliche Geschäftsführung stimme mit der Satzung überein. Die vorläufige Bescheinigung sei deshalb notwendig, weil Spenden nur dann abgezogen werden dürften, wenn eine Zuwendungsbestätigung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck ausgestellt worden sei. In dem vom Bundesministerium der Finanzen veröffentlichten Muster eines solchen Vordrucks werde auf den Freistellungsbescheid oder auf die vorläufige Bescheinigung Bezug genommen. Außerdem sei es in rechtsstaatlicher Hinsicht bedenklich, wenn die formelle Satzungsmäßigkeit als Vorwand für die Versagung der Steuerbegünstigung benutzt werde, in Wirklichkeit aber Vermutungen, die durch nichts glaubhaft gemacht worden seien, für das FA ausschlaggebend seien.
Die Antragstellerin beantragt,
- das FA im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr eine vorläufige Bescheinigung darüber zu erteilen, dass sie mildtätige und als besonders för...