Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer 1995. Gewerbesteuermeßbetrag 1995
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist eine GmbH türkischen Rechts, die im Inland beschränkt steuerpflichtig ist. Nachdem sie für das Streitjahr keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte der Beklagte (das Finanzamt – FA–) die Besteuerungsgrundlagen. Die Steuerbescheide ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Dagegen legte die Klägerin durch ihren inländischen Bevollmächtigten Einspruch ein. Der Einspruch richte sich „gegen den Anspruch insgesamt”. Außerdem – so führte der Bevollmächtigte aus – gebe er keine Einwilligung zur Einsichtnahme in die Buchhaltung, solange er sich in Untersuchungshaft befinde.
Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück. Den Vorbehalt der Nachprüfung hielt es ausdrücklich aufrecht (s. die Einspruchsentscheidung vom 19. September 1997).
Mit der dagegen erhobenen Klage machte der Bevollmächtigte der Klägerin geltend, aufgrund seiner Untersuchungshaft sei ihm die Abgabe der Steuererklärungen derzeit nicht möglich. Die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen werde nicht hingenommen. Die Unterlagen seien zum Teil beschlagnahmt. Er werde gleichwohl versuchen, Steuererklärungen fertigen zu lassen. Wegen der Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Klägerin habe die Möglichkeit, durch einen von ihr bevollmächtigten Vertreter der steuerberatenden Berufe Einsicht in die beschlagnahmten Unterlagen zu nehmen und Bilanz und Steuererklärungen für das Streitjahr erstellen zu lassen.
Der Senat hat es für zweckmäßig erachtet, ohne mündliche Verhandlung durch – kostengünstigeren – Gerichtsbescheid zu entscheiden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage kann keinen Erfolg haben.
Die Klägerin hat einen ausdrücklichen Klageantrag nicht gestellt. Mit der Klage macht sie geltend, ihr Bevollmächtigter sei derzeit zur Einreichung der Steuererklärungen nicht in der Lage. Sollte dieses Vorbringen im Sinne des Begehrens auf Aufhebung der Steuerbescheide zu verstehen sein, könnte die Klägerin damit keinen Erfolg haben. Auch wenn die Fertigung einer Steuererklärung aus bestimmten Gründen nicht möglich ist, steht dies – wie die tatbestandliche Fassung des § 162 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 der Abgabenordnung (AO 1977) zeigt – der Rechtmäßigkeit eines Steuerbescheids, der auf schätzweise ermittelten Besteuerungsgrundlagen beruht, nicht entgegen. Im Interesse der Steuergerechtigkeit kann auch in einem solchen Fall auf eine Steuerfestsetzung nicht verzichtet werden.
Allerdings hat die Klägerin auch angekündigt, die Steuererklärungen sobald als möglich nachzureichen. Mit der Klage geht es ihr ersichtlich darum, auf dieser Grundlage eine Herabsetzung der Steuern zu erreichen. Für die nach § 65 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) vorgeschriebene Bezeichnung des Klagebegehrens reicht die Ankündigung der Steuererklärung ebensowenig aus wie der allgemeine Hinweis, die Besteuerungsgrundlagen seien zu hoch geschätzt worden (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 1998 I R 23/97, BStBl II 1998, 628). Auch wenn man die Verhinderung des Bevollmächtigten der Klägerin an der Abgabe der Steuererklärung unterstellt, muß mit der Entscheidung des vorliegenden Falls nicht bis zum Wegfall des Hinderungsgrunds abgewartet werden. Den Interessen eines Klägers, der sich gegen einen Schätzungsbescheid mit der Begründung wendet, er sei derzeit nicht zur Fertigung der Steuererklärungen in der Lage, ist dann ausreichend Rechnung getragen, wenn die Veranlagung bis zu dem Zeitpunkt offen bleibt, zu dem die Steuererklärungen abgegeben werden können (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 18. April 1995 7 K 2/93, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 1995, 866). Diesen Interessen hat das FA aber bereits durch die Beifügung des Vorbehalts der Nachprüfung in vollem Umfang entsprochen. Dadurch können die Schätzungsbescheide nach Eingang der Steuererklärungen jederzeit geändert werden (§ 164 Abs. 2 AO 1977). Für die Klage besteht somit kein Rechtsschutzbedürfnis. Insoweit ähnelt die Entscheidungslage den Fällen, in denen der Verläufigkeitsvermerk zur Interessenwahrung eines Klägers als ausreichend angesehen worden ist (vgl. Gräber/von Groll, Kommentar zur FGO, 4. Aufl., vor § 33 Anm. 4 a).
Gegenstand der vorliegenden Klage sind die angefochtenen Schätzungsbescheide. In diesem Verfahren kann daher – wie von der Klägerin ebenfalls geltend gemacht – nicht geprüft werden, ob das FA geleistete Vorauszahlungen zutreffend verbucht hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen