rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbringen von Zigaretten in das Steuergebiet

 

Leitsatz (redaktionell)

Werden im Stauraum eines Lkw unversteuerte Zigaretten gefunden, kommt es für die Steuerschuldnerschaft des Fahrers nicht darauf an, ob er Kenntnis von den Zigaretten hatte oder ob sie ihm gehörten. Der Steueranspruch entsteht verschuldensunabhängig, sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 AO).

 

Normenkette

TabStG §§ 19, 20 Abs. 1, 2 Nrn. 2, 5; TabStV § 22b; RL Nr. 92/12/EWG Art. 6 Abs. 1 Buchst. c

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Beklagte (das Hauptzollamt – HZA) den Kläger zu Recht als Schuldner von Tabaksteuer in Anspruch genommen hat.

Am 16. Februar 2009 wurden von einer Mobilen Kontrollgruppe des HZA bei einer Kontrolle in X/Deutschland in einem Stauraum des Aufliegers eines vom Kläger gefahrenen Lkw insgesamt 4.000 Stück unversteuerte Zigaretten aufgefunden.

Das HZA forderte deshalb mit Steuerbescheid vom gleichen Tag vom Kläger 562,89 EUR Tabaksteuer an, weil er 4.000 Stück Zigaretten ohne deutsche Steuerzeichen zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet verbracht habe. Eine Freimenge wurde nicht belassen.

Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das HZA mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 2009 als unbegründet zurück. Mit seiner Klage bringt der Kläger im Wesentlichen vor, dass ihm die vorgefundenen Zigaretten nicht gehört hätten.

Der Kläger beantragt,

den Steuerbescheid vom 16. Februar 2009 und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das HZA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bringt im Wesentlichen vor, dass es nicht darauf ankomme, ob der Kläger Kenntnis von den Zigaretten gehabt habe. Wegen der Menge und der Art der Beförderung sei davon auszugehen, dass die Zigaretten zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet verbracht worden sind.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akte und die im Verfahren gewechselten Schriftsätze hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist unbegründet, denn das HZA hat den Kläger zu Recht als Schuldner von 562,89 EUR Tabaksteuer für 4.000 Stück Zigaretten in Anspruch genommen.

Die Tabaksteuer ist hinsichtlich aller Zigaretten nach § 19 Satz 1 Tabaksteuergesetz (TabStG) entstanden, weil diese unzulässigerweise entgegen § 12 Abs. 1 TabStG, d.h. ohne deutsche Steuerzeichen, aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das deutsche Steuergebiet verbracht worden sind. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Zigaretten zuvor über einen anderen Mitgliedstaat vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft eingeführt worden waren, denn sowohl die rechtmäßige als auch die unrechtmäßige Einfuhr bewirkt, dass sich die Zigaretten im steuerrechtlich freien Verkehr des jeweiligen Mitgliedstaates (hier Polen) befinden (vgl. Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie Nr. 92/12 (EWG) des Rates über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. Nr. L 46/1 vom 25. Februar 1992). Der Kläger ist nach § 19 Satz 2 TabStG Steuerschuldner geworden, weil er die Tabakwaren in das Steuergebiet verbracht hat.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) ist das Verbringen als reine „Tathandlung” zu verstehen, d.h. als ein Tun, das bewirkt, dass Waren in das Gebiet eines anderen Staates (Steuergebiet) gelangen; auf Vorstellungen oder Verschulden des Handelnden ist nicht abzustellen. Dass die betreffenden Waren möglicherweise durch Dritte ohne Wissen des Fahrzeugführers in dem Fahrzeug untergebracht worden sind, ist nicht entscheidungserheblich. Danach hat der Fahrzeugführer auch „Besitz” an den in seinem Fahrzeug versteckten Tabakwaren. § 19 TabStG setzt nicht voraus, dass derjenige, der die Waren in das Steuergebiet verbringt, selbst im Hinblick auf die Waren gewerbliche Zwecke verfolgt; er stellt vielmehr darauf ab oder lässt jedenfalls genügen, dass die Waren nach ihrem Verbringen im Steuergebiet zu gewerblichen Zwecken verwendet werden sollen, mag derjenige, der sie in das Steuergebiet verbringt, sich darüber auch keine Vorstellungen machen oder darüber sogar im Irrtum sein (vgl. BFH-Urteil vom 10. Oktober 2007 VII R 49/06, BFHE 218, 469, ZfZ 2008, 85).

Es kommt deshalb nicht darauf an, wem die Zigaretten gehörten und ob der Kläger wusste, dass sich Zigaretten im Stauraum des Aufliegers befinden und aufgrund seines Tatbeitrags deutsche Tabaksteuer entsteht und er dadurch Steuerschuldner wird. Maßgeblich ist allein, dass er den Steuerentstehungstatbestand, also die Beförderung nach Deutschland, wissentlich verwirklicht hat. Der Steueranspruch entsteht verschuldensunabhängig, sobald der Tatbestand verwirklicht wird, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpft (§ 38 der Abgabenordnung).

Dem Kläger konnte auch keine Freimenge von 800 Stück Zigaretten nach § 20 TabStG i.V.m. § 22b Tabaks...

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