rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflicht zur Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung wegen angeordneter Testamentsvollstreckung für ein Vermächtnis; Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker; Rückerstattungsempfänger von Erbschaftsteuer bei bestehender Testamentsvollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Bekanntgabe eines Erbschaftsteuerbescheides: Ist im Rahmen der Anordnung der Testamentsvollstreckung für ein Vermächtnis der Alleinerbe gleichzeitig der Testamentsvollstrecker, treffen ihn die gleichen Rechte und Pflichten - hier: Abgabe einer Erbschaftsteuererklärung nach § 31 Abs. 5 ErbStG - wie bei einer allgemeinen Testamentsvollsteckung, lediglich beschränkt auf den Vermächtnisgegenstand.
2. Während des Bestehens einer Testamentsvollstreckung ist Erstattungsberechtigter für die aus dem Nachlass entrichtete überzahlte Erbschaftsteuer allein der Testamentsvollstrecker.
Normenkette
ErbStG § 31 Abs. 5, § 32 Abs. 1 S. 1; AO 1977 § 37 Abs. 2, §§ 149, 125 Abs. 1; BGB §§ 2223, 2041
Gründe
Strittig ist, ob Erbschaftsteuerbescheide wegen Bekanntgabe an den Testamentsvollstrecker eines Vermächtnisnehmers (VN) statt an den VN nichtig sind (§ 32 Abs. 1 S. 1 Erbschaftsteuergesetz –ErbStG–).
I.
Am 24.10.1992 verstarb die Erblasserin (Erblin) … Alleinerbin aufgrund Testaments wurde die Klägerin (Klin), eine Tochter der Erblin. Die Klin war mit einem Vermächtnis zu Gunsten von Frau X. (geb. 08.06.1974, …), einer Enkelin der Erblin (Nichte der Klin) beschwert. Für einen Teil des Vermächtnisses war unter bestimmten – im Fall streitigen – Voraussetzungen Testamentsvollstreckung angeordnet (s. Bl. 8/FA-Akte). Als Testamentsvollstreckerin war die Klin von der Erblin bestimmt worden.
Laut Testament vom 25.06.1991 (Tz. III Nr. 2 a Bl. 7/FA-Akte) sollte die Vermächtnisnehmerin lebenslang (indexiert) monatlich 800 DM erhalten Desweiteren (Bl. 8/FA-Akte) sollte sie eine für sie abgeschlossene Aussteuerversicherung (Fällig am 01.08.1992) bei der … erhalten, soweit sie zum Zeitpunkt des Todes der Erblin nicht bereits an sie ausbezahlt war.
Soweit die entsprechende Versicherungssumme zum Zeitpunkt des Todes bereits der Erblin ausbezahlt, aber der VN noch nicht zur Verfügung gestellt war, sollte ihr der entsprechende Geldbetrag vermächtnisweise zugewandt sein. War der entsprechende Betrag bereits überwiesen oder ausbezahlt, sollte dieses Vermächtnis entfallen.
Sollte die Auszahlung der Versicherungssumme aufgrund dieses Vermächtnis erfolgen, wurde insoweit Testamentsvollstreckung angeordnet, und zwar auf die Dauer von dreißig Jahren, beginnend mit dem Tode der Erblin.
Zum Zeitpunkt des Erbfalls war die Aussteuerversicherung bereits an sie (die Versicherungsnehmerin) ausbezahlt, und von ihr mündelsicher in Wertpapieren angelegt worden.
Mit Erbschaftsteuer (ErbSt)-Bescheid vom 07.12.1994 (Bl. 27/FA-Akte) setzte der Beklagte (das Finanzamt –FA–) die ErbSt für das Vermächtnis von 203.616 DM (Wert lt. Erklärung der Klin) in Steuerklasse II auf 16.800 DM fest. Postalischer Adressat des Bescheides war die Klin; in den Erläuterungen hatte das FA u. a. folgendes ausgeführt:
„Der Bescheid wird ihnen als Testamentsvollstreckerin (§ 32 Abs. 1 ErbStG) bekannt gegeben; er richtet sich gegen Frl. X.”
Die ErbSt wurde von der Klin aus Mitteln des Nachlasses entrichtet. Während des Einspruchsverfahrens namens und im Auftrag der Klin als Vermächtnisnehmerin (Bl. 28/FA-Akte) schlossen die Klin und Vermächtnisnehmerin vergleichsweise am 09.02.1995 einen „Vermächtniserfüllungsvertrag” (Bl. 62/FA-Akte). Danach erhielt die Vermächtnisnehmerin als Abfindung für ihre Ansprüche von der Klin als Alleinerbin eine Barzahlung von 50.000 DM, einen gebrauchten Pkw im Wert von ca. 15.000 DM und einen Ring im Wert von ca. 12.000 DM. Eventuell dabei anfallende ErbSt übernahm die Klin (Bl. 30/FA-Akte).
Daraufhin setzte das FA mit Bescheid vom 22.06.1995 im Wege der Abhilfe nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 a Abgabenordnung (AO) den steuerpflichtigen Erwerb auf 23.320 DM und die ErbSt auf 1.398 DM herab. Mit Bescheid vom 17.07.1995 (Bl. 37/FA-Akte) erhöhte es auf eine entsprechende Mitteilung der Klin hin (Bl. 35/FA-Akte) die ErbSt auf 2.772 DM. Beide Bescheide hatte es der Prozessbevollmächtigten als Bevollmächtige der Testamentsvollstreckerin bekannt gegeben.
Mit Verwaltungsakt vom 12.12.1995 (Bl. 45/FA-Akte), der ebenfalls der Prozessbevollmächtigten bekannt gegeben wurde, erklärte der Beklagte die ErbSt-Bescheide vom 07.12.1994, 22.06.1995 bzw. 17.07.1995 nach § 125 Abs. 1 AO für nichtig, da diese Bescheide wegen fehlerhafter Bekanntgabe unwirksam seien. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass ein ErbSt-Bescheid für einen Vermächtnisnehmer nur diesem oder dessen Bevollmächtigten wirksam bekannt gegeben werden könne (BFH-Urteil im BStBl. 1991 II S. 49). Eine Testamentsvollstreckung habe durch die Klin nicht bestanden, weil der Teil des Testaments, in dem die Testamentsvollstreckung angeordnet war, durch die Auszahlung der Aussteuerversicherung an die Erblin bereits erfüllt worden ...