Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzung der steuerrechtlichen Geschäftsführerhaftung durch Aufgabenteilung zwischen mehreren Geschäftsführern. Begrenzung der Geschäftsführerhaftung. Haftung für Umsatzsteuervoranmeldung 04/1994 der ALS Badeeinrichtungen Vertriebs GmbH
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der schriftlich und eindeutig geregelten Verteilung der Geschäfte einer GmbH auf mehrere Geschäftsführer kann die steuerrechtliche Haftung für den nach der internen Aufgabenverteilung nur für den technischen Bereich, nicht aber für die Steuerangelegenheiten zuständigen Geschäftsführer zwar nicht ganz aufgehoben, aber dahin begrenzt werden, dass er zwar den für die Steuerangelegenheiten zuständigen Geschäftsführer überwachen muss, aber seine Verantwortlichkeit insoweit solange begrenzt ist, als kein Anlass besteht, an der exakten Erfüllung der steuerlichen Pflichten durch den zuständigen Mitgeschäftsführer zu zweifeln.
2. Der Geschäftsführer muss sich ein eventuelles schuldhaftes Verhalten eines anderen Geschäftsführers nicht wie eigenes Handeln zurechnen lassen (Aufgabe der Senatsrechtsprechung im Urteil vom 18.3.1992 3 K 3164/87, EFG 1992, 642).
3. Weiß der Geschäftsführer nicht, dass die für die Steuern zuständige, alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin die von ihr allein unterschriebenen Umsatzsteuervoranmeldung teils verspätet, teils gar nicht abgegeben und nur unvollständige Steuerzahlungen geleistet hat, so sind für ihn erkennbare Zahlungsschwierigkeiten der GmbH – Unterbleiben der eigenen Gehaltszahlung, Ausbleiben der Zahlung eines Kunden über 300 000 DM – noch kein Anlass, an der ordnungsgemäßen Erfüllung der steuerlichen Pflichten durch die Mitgeschäftsführerin zu zweifeln und selbst die erforderlichen Maßnahmen für die GmbH zu veranlassen.
Normenkette
AO 1977 §§ 69, 34 Abs. 1, § 191 Abs. 1
Tenor
1. Unter Änderung des Haftungsbescheids vom 2. Januar 1996 und der Einspruchsentscheidung wird die Haftungssumme für Umsatzsteuer April 1994 auf 5.000 DM herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Der Gerichtsbescheid ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Gründe
I.
Der Kläger und Frau Petra S. gründeten in 1993 die … GmbH (A … -GmbH) und bestellten sich zu Geschäftsführern, wobei nur Frau S. berechtigt war, die Gesellschaft allein zu vertreten.
In einer schriftlichen Vereinbarung vom 16. Juli 1993 kamen die beiden Geschäftsführer überein, dass Frau S. „für den kompletten kaufmännischen Bereich, für die Unterzeichnung von Verträgen sowie für die finanziellen Belange der Firma zuständig” sein solle, der Kläger hingegen „für den kompletten technischen Bereich, Angebotsbearbeitung usw. sowie für die Baustellenabwicklung der Firma”.
Erst nach Schätzungen der Umsatzsteuervorauszahlungen reichte die A.-GmbH Voranmeldungen für 1994 ein. Die Voranmeldung für April 1994 wurde von Frau S. Datum vom 9. August 1994 unterzeichnet und ging am 19. September 1994 beim Beklagten (das Finanzamt) ein. Die darin errechnete Umsatzsteuervorauszahlung in Höhe von 46.126 DM blieb nach Verrechnung mit Guthaben aus anderen Vorauszahlungszeiträumen in Höhe von 26.807 DM noch offen.
Mit notariellem Vertrag vom 26. August 1994 übertrugen der Kläger und die Geschäftsführerin S … ihre Geschäftsanteile an der A.-GmbH auf Herrn … und wurden sogleich aufgrund Beschlusses der Gesellschafterversammlung als Geschäftsführer abberufen.
Der Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der A.-GmbH wurde am 24. Oktober 1995 vom Amtsgericht … mangels Masse abgelehnt.
Wegen rückständiger Umsatzsteuer für den Voranmeldungszeitraum April 1994 in Höhe von 26.807,64 DM nahm das Finanzamt mit Haftungsbescheid vom 2. Januar 1996 gestützt auf §§ 69, 34 der Abgabenordnung (AO) den Kläger in Höhe von 13.403,82 DM in Anspruch. Dies wird u. a. damit begründet, dass auch unter Berücksichtigung der interner Aufgabenverteilung der Kläger seine Pflichten als Geschäftsführer der A.-GmbH grob fahrlässig verletzt habe.
Er sei nämlich verpflichtet gewesen, die Geschäftsführung in Steuerangelegenheiten im Großen und Ganzen mitzubeobachten. Da der Kläger nach seinen Angaben spätestens ab Mai 1994 die Zahlungsschwierigkeiten der Gesellschaft habe erkennen müssen, hätte er die Geschäftsführerin S. dahin überprüfen müssen, ob die steuerlichen Angelegenheiten ordnungsgemäß erfüllt worden seien und ggf. eingreifen müssen. Da der Kläger dieser Überwachungspflicht nicht nachgekommen sei, werde er in Haftung genommen. Bei fristgerechter Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung April 1994 wäre die Umsatzsteuer am 10. Juni 1994 fällig gewesen und hätte, da die Gesellschaft ihre Zahlungen erst im Juli 1994 eingestellt habe, noch aus den Mitteln der A.-GmbH in voller Höhe entrichtet werden können. Es werde jedoch zugunsten des Klägers davon ausgeg...