Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Wohnsitz im Inland bei nur gelegentlichem Inlandsaufenthalt in unentgeltlich von Angehörigen zur Verfügung gestellten Wohnräumen
Leitsatz (redaktionell)
Ein Kindergeldanspruchs scheidet mangels Wohnsitz im Inland aus, wenn der Antragsteller dauernd und langfristig mit seiner Familie im Ausland wohnt und sich im Inland nur für verhältnismäßig kurze Zeit in unentgeltlich überlassenen Wohnräumen eines Angehörigen aufhält.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1 Nrn. 1-2, § 63 Abs. 1 S. 3; AO §§ 8-9
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin (Klin) ist die Mutter des am … 05.2005 in …, USA geborenen E. Mit Formblattantrag vom 26.08.2005 begehrte die Klin für E Kindergeld. Bis zur Geburt des E arbeitete die Klin bei Z. als …, seither ist sie in der Erziehungszeit. Auf Nachfrage der Beklagten (die Familienkasse – FK –) gab die Klin an, dass sie neben dem Wohnsitz in den USA einen Wohnsitz im Anwesen S, dem Haus der Schwiegermutter der Klin habe. Dafür bestehe zwar kein Mietvertrag, die Nebenkosten seien aber von der Klin und ihrem Ehemann bezahlt worden. Ferner gab sie an, dass der Ehemann bei der X-GmbH im Rahmen eines Minijobs angestellt sei und dort für die Finanzen der X-Gruppe verantwortlich sei. Die Aufenthalte in Deutschland variierten zwischen 10 Tagen und 6 Wochen. Des Weiteren reichte die Klin eine Bescheinigung des Finanzamts W vom 20.06.2006 ein, worin die Steuerpflichtigkeit der Klin für 2005 und 2006 bescheinigt wird.
Die FK lehnte die Kindergeldfestsetzung mit Bescheid vom 03.08.2006 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 07.08.2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Die Klin habe einen Wohnsitz in Deutschland. Im Anwesen S wohne die Familie der Klin im Dachgeschoss. Dort stehe ein großer Aufenthaltsraum, 1 Küche, 1 Schlafraum und 1 Bad zur Verfügung. Die Wohnfläche betrage 80 m². Für die Klin komme eine Aufgabe des Wohnsitzes nicht in Betracht, weil sie ihre Tätigkeit bei Z wieder aufnehmen wolle. Das Erdgeschoss werde von einem anderen Familienmitglied, die Wohnung im 1. Obergeschoss von der Schwiegermutter der Klin bewohnt. Der derzeitige Aufenthalt in den USA beruhe auf der beruflichen Abordnung des Ehemanns der Klin zum dortigen Werk. Daneben sei der Ehemann Prokurist bei der in Deutschland ansässigen Firma.
Ferner sei die Klin uneingeschränkt steuerpflichtig, so dass sich hieraus ein Kindergeldanspruch ergebe und es sei auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten, für ein Kind von zwei deutschen Staatsangehörigen Kindergeld zu gewähren.
Die Klin beantragt,
die FK unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 03.08.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.08.2007 zu verpflichten, Kindergeld von Mai 2005 bis August 2007 festzusetzen.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass die Voraussetzungen eines Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts im Inland nicht nachgewiesen seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf …. Bezug genommen.
Auf die gerichtliche Anordnung vom 07.03.2008 legte die Klin eine Aufstellung vom 03.04.2008 über ihre Aufenthalte in Deutschland sowie Passkopien vor. Hierauf wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen. Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Der Senat hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 02.07.2008 dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Finanzgerichtsordnung – FGO –).
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist unbegründet.
a) Die Klin hat für den streitigen Zeitraum Mai 2005 bis August 2007 nicht zur Überzeugung des Gerichts nachgewiesen, dass sie einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte.
aa) Nach § 62 Abs. 1 Nr. 1 EStG hat Anspruch auf Kindergeld, wer im Inland einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Was unter Wohnsitz und gewöhnlichem Aufenthalt in diesem Sinne zu verstehen ist, beurteilt sich nach den §§ 8, 9 Abgabenordnung – AO –. Melderechtliche Normen sowie bürgerlich-rechtliche Vorschriften zur Begründung, Beibehaltung und Aufgabe eines Wohnsitzes sind für die Auslegung dieser Vorschriften unmaßgeblich (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 17.05.1995 I R 8/94, BFHE 178, 294, BStBl II 1996, 2). Der Wohnsitzbegriff des § 8 AO setzt neben zum dauerhaften Wohnen geeigneten Räumlichkeiten das Innehaben der Wohnung in dem Sinne voraus, dass der Steuerpflichtige tatsächlich über sie verfügen kann und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit – wenn auch in größeren Zeitabständen – aufsucht. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht nicht aus (BFH-Urteile vom 26.01.2001 VI R 89/00, BFH/NV 2001, 1018; 12.01.2001 VI R 64/9...