rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Nichtigkeit bei Schätzung von Einkünften von 0 Euro trotz erheblicher Werbungskostenüberschüsse in den Vorjahren. Nur in Schüben auftretende Krankeit sowie Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts keine Wiedereinsetzungsgründe
Leitsatz (redaktionell)
1. Hat das FA bei der Schätzung der Vermietungseinkünfte einer Grundstücksgemeinschaft mangels eingereichter Feststellungserklärung lediglich die Einnahme- und Werbungskostensituation der Vorjahre als Schätzungsgrundlage und wurden trotz der Erzielung von Werbungskostenüberschüssen in den Vorjahren für das Streitjahr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 0 Euro geschätzt, weil u. a. anhand der Vorjahre von steigenden Mieten ausgegangen wurde, die Rückführung der Kredite und damit auch ein Rückgang der Schuldzinsen für möglich erachtet wurde und die Höhe der Schuldzinsen mangels Nachweises nicht geklärt war, so ist dieser Schätzungsbescheid auch dann nur allenfalls rechtswidrig und nicht nichtig, wenn keine Absetzung für Abnutzung berücksichtigt wurde.
2. War ein Rechtsanwalt zwar durch seine chronische Muskelerkrankung immer wieder vorübergehend, aber nicht permanent nur eingeschränkt arbeitsfähig, so kann ihm keine Wiederseinsetzung in die Einspruchsfrist gewährt werden. Sofern er irrtümlich angenommen hat, dass gegen einen Feststellungsbescheid über 0 Euro mangels Beschwer ein Einspruch unzulässig ist, kann dieser Irrtum über materielles Recht ebenfalls keine Wiedereinsetzung begründen.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1, § 162 Abs. 1 Sätze 1-2, § 110 Abs. 1-2; EStG § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Strittig ist, ob die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für 2005 nichtig sind und ob für den dagegen eingelegten verfristeten Einspruch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist.
Die Klägerin, vertreten durch den Kläger, reichte im Streitjahr keine fristgerechte Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung ein. Die Besteuerungsgrundlagen mussten daher geschätzt werden. Mit Bescheid vom 4. Mai 2007 wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung auf 0 EUR geschätzt. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Im Aktenvermerk über die Schätzung notierte der Beklagte (das Finanzamt), der Verlust im Vorjahr habe … EUR betragen. Da es sich um ein größeres Objekt mit steigenden Mieten und unklarer Höhe der Schuldzinsen handele, erfolge die Schätzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 0 EUR. Sonderwerbungskosten für den Kläger wurden keine geschätzt. In der Folgezeit wurde keine Steuererklärung eingereicht. Mit Bescheid vom 6. März 2008 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung im Bescheid vom 4. Mai 2007 aufgehoben. Nach einem Telefonat mit dem Finanzamt legte der Kläger, ein Rechtsanwalt, als Bevollmächtigter der Klägerin Einspruch gegen die Bescheide vom 06. März 2008 und 04. Mai 2007 ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mit folgender Begründung:
Nachdem er die Bescheide erhalten habe, habe er sich keine Frist vorgemerkt, da er davon ausgegangen sei, dass ein etwaiger Einspruch mangels Beschwer unzulässig sei. Erst als er die ablaufende Rechtsbehelfsfrist für einen ebenfalls auf 0 EUR lautenden Einkommensteuerbescheid überprüft habe, sei ihm bewusst geworden, dass hinsichtlich der Beschwer ein Unterschied zwischen einer Feststellung und einer Festsetzung bestehen könnte. Dies habe ihm daraufhin auch seine Steuerberaterin bestätigt. Da er im Zeitraum der Rechtsbehelfsfrist sowohl an einer Grippe als auch an einer chronischen, angeborenen und vererblichen Muskelkrankheit gelitten habe, sei offensichtlich sein Differenzierungsvermögen hinsichtlich des Unterschieds einer Beschwer bei einem Festsetzungs- und einem Feststellungsbescheid beeinträchtigt gewesen. Zur Glaubhaftmachung legte er drei Schreiben von März und April 2008 vor, aus denen zu entnehmen ist, dass der Kläger in diesem Zeitraum an Grippe und Erschöpfung litt, jedoch beruflich tätig war.
Der Einspruch wurde vom Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 2008 als unzulässig verworfen.
Mit der dagegen eingereichten Klage macht der Kläger geltend, der Schätzungsbescheid vom 4. Mai 2007 nebst dem Bescheid über die Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung vom 6. März 2008 sei nichtig. Das Finanzamt habe sich nicht an den wahrscheinlichen Besteuerungsgrundlagen orientiert, sondern bewusst zum Nachteil der Klägerin geschätzt. Es sei in keiner Weise erkennbar, dass überhaupt Schätzungserwägungen angestellt worden seien. Eine Schätzung auf 0 EUR im Streitjahr sei im Hinblick auf die Steuererklärungen der Vorjahre und die darin dokumentierte Einnahmen- und Werbungskostensituation nicht gerechtfertigt gewesen. Um auf Einkünfte von 0 EUR zu kommen, hätten s...