Entscheidungsstichwort (Thema)

Herstellung und Verkauf von „Kunstkarten” als Liebhaberei. Einkommensteuer 1995, 1996, 1997, 1998

 

Leitsatz (amtlich)

Führt die häusliche Herstellung und der Verkauf von „Kunstkarten” im geringen Umfang zu ständigen Verlusten, so liegt eine in den nicht steuerbaren Bereich fallende sog. Liebhaberei vor, wenn für die Ausübung der Tätigkeit persönliche Gründe (schöpferische Freizeitgestaltung; Selbstverwirklichung) oder die Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb der Einkunftssphäre maßgebend sind.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin (Klin) erzielte als Büroangestellte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Im Jahr 1995 war sie mehrere Monate arbeitslos. Am 1.10.1994 meldete die Klin bei der zuständigen Gemeinde einen Gewerbebetrieb für „Herstellung und Vertrieb von Kunstgegenständen, Bildern und Kunstkarten” an. Zum 30.6.1998 gab die Klin diese Tätigkeit auf. Aus ihrer Betätigung fielen folgende durch Überschussrechnung ermittelte Verluste an:

1994

4.175,48 DM

(Einnahmen ohne Privatnutzung des Kfz: 0 DM)

1995

12.214,93 DM

(Einnahmen 848,91 DM ohne Kfz-Privatnutzung)

1996

21.216,36 DM

(Einnahmen 525,89 DM ohne erstattete Vorsteuern)

1997

1.360,00 DM

(Einnahmen 0 DM)

1998

1.017,00 DM

(Umsatzerlöse 0 DM ohne erstattete Vorsteuern)

Gesamtverlust

39.985,00 DM

Der Beklagte (Finanzamt – FA –) erkannte die erklärten Verluste aus Gewerbebetrieb der Jahre 1994 bis 1997 zunächst an. Die Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 ergingen jedoch hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorläufig, da die Einkünfteerzielungsabsicht nicht abschließend beurteilt werden könne. In den gemäß § 165 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheiden 1995 bis 1997 jeweils vom 20.6.2000 setzte das FA die erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht mehr an. Auch den erklärten Verlust des Jahres 1998 berücksichtigte das FA im Einkommensteuerbescheid 1998 vom 22.11.1999 nicht. Die gegen die geänderten Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 und den Einkommensteuerbescheid 1998 eingelegten Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 12.3.2002).

Mit der Klage begehrt die Klin die steuerliche Anerkennung der Verluste aus der „Herstellung und Vertrieb von Kunstkarten” in den Streitjahren. Zur Begründung trägt die Klin im Wesentlichen vor, die am 1.10.1994 begonnene Tätigkeit sei geeignet gewesen, ein positives Gesamtergebnis zu erzielen, auch wenn, wie bei jedem anderen neu begonnenen Betrieb, mit gewissen Anlaufschwierigkeiten zu rechnen gewesen sei. Zunächst spreche gegen eine Liebhaberei, dass es sich bei dem Betrieb der Klin um einen Gewerbebetrieb gehandelt habe (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 19.11.1985 VIII R 4/83, BStBl II 1986, 289). Niemand beginne einen Gewerbebetrieb, wenn er nicht die Absicht habe, ihn insgesamt positiv zu gestalten. Bestimmte Beweisanzeichen, dass die Klin ihre Tätigkeit nur aus im Bereich ihrer Lebensführung liegenden persönlichen Gründen und Neigungen begonnen und weiter beibehalten habe, lägen nicht vor. Die bei der Verlustberücksichtigung resultierende Steuerminderung sei nicht als besonderer Anreiz für eine Verlustproduktion zu bezeichnen, da bei derart niedrigem Einkommen die Einkommensteuer nur einen verschwindend kleinen Teil des tatsächlich erlittenen Verlustes trage. Die eigentliche Ursache für die gewerbliche Betätigung sei in dem drohenden und dann auch tatsächlich eingetretenen Verlust des Arbeitsplatzes zu sehen. Die Klin habe den Gewerbebetrieb in dem Moment wieder aufgegeben, als sie erkannt habe, dass damit keine Gewinne zu erzielen seien. Zu den Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz der Klin vom 21.5.2002 verwiesen.

Die Klin beantragt sinngemäß,

unter Änderung der geänderten Einkommensteuerbescheide 1995 bis 1997 jeweils vom 20.6.2000 und des Einkommensteuerbescheids 1998 vom 22.11.1999 die Einkommensteuer 1995 bis 1998 aus folgenden zu versteuernden Einkommen zu berechnen; 1995: 15.440 DM; 1996: 40.927 DM; 1997: 62.035 DM und 1998: 24.708 DM.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Auf den Schriftsatz des FA vom 12.6.2002 wird Bezug genommen.

Auf die Aufklärungsanordnung vom 17.07.2002 und den Schriftsatz der Klin hierzu vom 05.08.2002 verweist das Gericht.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Entscheidung ergeht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die Klage ist unbegründet.

Der Betrieb der Klin hat in den Streitjahren nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb geführt.

1. Nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 2, 15 Abs. 2 Satz 1 EStG setzt das Vorliegen eines Gewerbebetriebs u. a. eine Betätigung voraus, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird. Es muss die Absicht bestehen, auf Dauer gesehen nachhaltig Überschüsse zu erzielen. Das ist dann der Fall, wenn ein betrieblicher Totalgewinn erstrebt wird (Beschluss des BFH vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751). Fehlt es am Gewin...

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