Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlende Bekanntgabe der Bedarfswertfeststellung
Leitsatz (amtlich)
Ergeht ein Folgebescheid mit Besteuerungsgrundlagen aus einem Grundlagenbescheid (Bedarfswertfeststellung), der nicht bekanntgegeben wurde, so ist dieser, abgesehen vom Fall der Schätzung nach § 162 Abs. 3 AO, nur rechtswidrig. Aus der Gesamtschuldnerschaft zwischen Schenker und Beschenktem folgt noch nicht die Notwendigkeit, auch gegenüber dem Schenker als potentiellem Steuerschuldner einen SchenkSt-Bescheid zu erlassen.
Normenkette
AO § 125 Abs. 1, § 162 Abs. 3; ErbStG § 20 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob ein Erbschaftsteuerbescheid nichtig ist.
I.
Mit notarieller Urkunde vom 28.04.1997 (UR-Nr. 235/1997) des Notars, …, wurde das Grundvermögen der Gemarkung … (verbunden mit dem Sondereigentum an den Räumen im Aufteilungsplan bezeichnet mit WE 3 und 6) von Frau … ihre Nichten Frau D. und die Klägerin zum Miteigentum je zur Hälfte überlassen.
Als Gegenleistung behielt sich Frau I. das ausschließliche, unentgeltliche und lebenslängliche Nutzungsrecht am Erwerbsgegenstand sowie eine einmalige Zahlungsverpflichtung von jeweils DM 10.000 vor. Im Übrigen erfolgte die Überlassung unentgeltlich und schenkungshalber.
Notar- und Grundbuchkosten sowie etwaige Verkehrssteuern waren von den Erwerberinnen zu tragen.
Aufgrund der am 04.08.1998 von der Klägerin eingereichten Schenkungsteuererklärung wurde durch das Finanzamt am 26.07.1999 der Schenkungsteuerbescheid mit einfachem Brief zur Post gegeben. Der Bescheid erging an sie als Adressat, weil sie laut Erklärung die Schenkungsteuer trägt (Bl. 17, FA-Akte).
Mit Schreiben vom 04.10.1999 (Bl. 39 FA-Akte) beim Finanzamt am 06.10.1999 (Frühleerung) eingegangen forderte die Klägerin die Rücknahme des Schenkungsteuerbescheids vom 26.07.1999. Dieses Schreiben wurde vom Finanzamt als Einspruch gewertet. Den Einspruch verwarf das Finanzamt wegen verspäteter Einlegung als unzulässig (s. Einspruchsentscheidung –EE– vom 04.01.2000).
Mit der Klage trägt die Klägerin vor, dass der Schenkungsteuerbescheid nichtig sei, weil der Feststellungsbescheid des Finanzamts S. vom 26.04.1999, auf den der Bescheid beruhe, den Feststellungsbeteiligten nie bekanntgegeben worden sie. Außerdem sei der Feststellungsbescheid der Höhe nach falsch, weil Abrißkosten für das Gebäude in Höhe von 70.000 DM nicht berücksichtigt worden seien.
Darüber hinaus hätte der Schenkungsteuerbescheid auch an die Schenkerin bekannt gegeben werden müssen, weil sich dieser auch gegen diese richte. Sie habe zudem keinen Einspruch eingelegt, sondern nur die Zurücknahme des Bescheids beantragt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Schenkungsteuerbescheid vom 26.07.1999 und die Einspruchsentscheidung vom 04.01.2000 für nichtig zu erklären.
Das Finanzamt beantragt,
Klageabweisung.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Es liegt keine Nichtigkeit des Steuerbescheids vor, weil die etwaige fehlende Bekanntgabe des zugrundeliegenden Grundlagenbescheids (Feststellungsbescheid vom 26.04.1999) ohne Auswirkung auf die Rechtswirksamkeit des Folgebescheids (hier der Steuerbescheid vom 26.07.1999) ist. Selbst wenn das Finanzamt die gesonderte Feststellung zu Unrecht selbst vorgenommen hätte (außer im Fall des § 162 Abs. 3 AO), führt dies nicht zu einem solchen evidenten Verstoß i. S. des § 125 Abs. 1 AO, dass der Steuerbescheid nichtig wäre.
Ob der Grundlagenbescheid wirksam bekannt gegeben wurde, hat das Finanzamt zudem durch Nachfrage beim Feststellungsfinanzamt ausreichend ermittelt (s. BFH-Urteil vom 06.12.1995 I R 131/94, BFH/NV 96, 592). Ergeht ein Folgebescheid ohne dass ein Grundlagenbescheid bekannt gegeben wurde, so ist (abgesehen vom Fall der Schätzung nach § 162 Abs. 3 AO) er zwar rechtswidrig, dagegen muss aber dann rechtzeitig Einspruch eingelegt worden sein, was hier nicht der Fall war. Abgesehen davon folgt aus der Gesamtschuldnerschaft zwischen Schenker und Beschenktem nach § 20 Abs. 1 S. 1 ErbStG noch nicht die Notwendigkeit, auch gegenüber dem Schenker einen Schenkungsteuerbescheid zu erlassen. Er ist zunächst nur „potentiell” Steuerschuldner (s. Meincke ErbStG, 13. Aufl. § 20 Rz. 7).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Fundstellen