rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnungsbescheid. offenbare Unrichtigkeit
Leitsatz (redaktionell)
§ 129 AO ist dann nicht anwendbar, wenn auch nur die ernsthafte Möglichkeit besteht, dass die Nichtbeachtung einer feststehenden Tatsache in einer fehlerhaften Tatsachenwürdigung oder einem sonstigen sachverhaltsbezogenen Denk- oder Überlegungsfehler begründet ist oder auf mangelnder Sachverhaltsaufklärung beruht.
Normenkette
AO § 129
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Rahmen eines Berichtigungsverlangens des Klägers nach § 129 der Abgabenordnung (AO), ob der Gewinn aus selbständiger Arbeit um 5.747 EUR gemindert werden kann, weil eine für den Veranlagungssachbearbeiter erkennbare offenbare Unrichtigkeit erkennbar gewesen ist.
Der Kläger erzielte im Streitjahr als Gynäkologe selbständige Einkünfte. Die Praxis befindet sich in BL. Der private Wohnsitz des Klägers ist in B. Für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie Familienheimfahrten verwendete er ein betriebliches Kfz.
Am 11. Februar 2014 übermittelte der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Daten der Feststellungserklärung 2012 des Klägers elektronisch an den Beklagten (das Finanzamt –FA–). Als tatsächliche Kraftfahrzeugkosten und andere Fahrtkosten waren unter der Kennziffer 140: 6.950,07 EUR angegeben (vgl. Feststellungsakte, Trennblatt Gewinnermittlung 2012, Bl. 4, 5).
Mit Schreiben vom 6. Mai 2014 bat der Veranlagungssachbearbeiter des FA den Prozessbevollmächtigten des Klägers, die Kraftfahrzeugkosten des Klägers zu erläutern, insbesondere um die ermäßigten Kosten für die Fahrten zwischen Wohnung / Betrieb –hier: Familienheimfahrten–. Im Vorjahr seien hierfür 5.747 EUR angesetzt worden.
Am 6. Juni 2014 übersandte der Prozessbevollmächtigte des Klägers das Anlagenverzeichnis für das Jahr 2012 und wies darauf hin, dass er die übrigen Unterlagen und Informationen dem FA separat zukommen lasse. Am 13. Juni 2014 teilte er dem FA mit, dass bezüglich der Ansätze für die private Kfz-Nutzung, wie in den Vorjahren, ein Betrag von 5.047 EUR (wohl gemeint: 5.747 EUR) anzusetzen sei. Versehentlich seien bei der dem FA vorliegenden Aufstellung falsche Werte eingesetzt worden. Dazu legte er die Gewinnermittlung für 2011 bei (vgl. Feststellungsakte, Trennblatt: Gewinnermittlung 2012, Bl. 13 ff.).
Als tatsächliche Kraftfahrzeugkosten und andere Fahrtkosten erfasste der Veranlagungssachbearbeiter daraufhin unter der Kennziffer 140: 6.950,07 EUR und als Kraftfahrzeugkosten für Wege zwischen Wohnung und Betriebsstätte; Familienheimfahrten (pauschaliert oder tatsächlich) unter der Kennziffer 142: 5.747EUR und setzte im Feststellungsbescheid 2012 vom 30. Juni 2014 die Einkünfte aus selbständiger Arbeit auf 58.775,72 EUR fest.
Am 13. Februar 2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte des Klägers den Feststellungsbescheid 2012 gemäß § 129 AO zu ändern. In der dem FA eingereichten Gewinnermittlung für das Jahr 2012 sei bereits ein Betrag von 4.300 EUR für Familienheimfahrten statt von 5.747 EUR ausgewiesen gewesen. Danach hätte unter Ansatz des Vorjahreswertes lediglich eine Gewinnkorrektur in Höhe von 1.447 EUR erfolgen dürfen. Der betriebliche Gewinn betrage demnach 54.475 EUR. Die im Feststellungsbescheid ausgewiesen Einkünfte seien dagegen mit 58.775 EUR festgestellt worden, so dass die Familienheimfahrten nochmals mit 5.747 EUR berücksichtigt worden seien.
Mit Bescheid vom 16. Februar 2015 lehnte das FA die Änderung des Feststellungsbescheids 2012 ab, weil die Fehlerhaftigkeit der Angaben für das FA weder erkennbar noch die Unrichtigkeit offenbar gewesen sei. Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2015 als unbegründet zurück.
Mit Klage wendet sich der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid und die Einspruchsentscheidung. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers trägt erneut vor, dass der Gewinn um 5.747 EUR auf 53.028,72 EUR zu mindern sei.
Mit Schriftsatz vom 11. August 2015 korrigierte der Prozessbevollmächtigte seinen Antrag und begehrt nun den Gewinn des Klägers auf 54.475 EUR festzustellen. Dem FA sei die Gewinnermittlung 2012, insbesondere der Kontennachweis zur EÜR 2012, übersandt worden. Der Sachbearbeiter hätte die bereits vorgenommene Kürzung um 5.747 EUR erkennen können.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 16. Februar 2015 und der Einspruchsentscheidung vom 11. Juni 2015 das FA zu verpflichten, den Bescheid für 2012 über die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen zu ändern und Einkünfte aus selbständiger Arbeit in Höhe von 54.475 EUR festzustellen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem FA habe entgegen der Darstellung des Klägers weder die Gewinnermittlung 2012 noch der Kontennachweis zur EÜR 2012 vorgelegen. Der Veranlagungssachbearbeiter habe bei der Veranlagung die Kürzung der Kraftfahrzeugkosten bewusst vorgenommen. Es habe sich dabei weder um einen Rechenfehler noch um ein Vers...