Entscheidungsstichwort (Thema)
Schuldzinsen als Werbungskosten. Errichtung eines gemischt genutzten Gebäudes. Einkünfteerzielungsabsicht und Überschussprognose bei einer Kapitalanlage
Leitsatz (redaktionell)
1. Finanziert der Steuerpflichtige die Errichtung eines teils zu eigenen, teils zu fremden Wohnzwecken genutzten Gebäudes, ohne die Herstellungskosten den eigenständige Wirtschaftsgüter bildenden Gebäudeteilen zuzuordnen und diese gesondert zugeordneten Herstellungskosten (Entgelte für Lieferungen und Leistungen) –objektiv nachprüfbar– auch tatsächlich mit Darlehensmitteln zu bezahlen, sind die Darlehenszinsen nur anteilig (im Verhältnis der selbstgenutzten Wohnflächen/Nutzflächen des Gebäudes zu denen, die der Einkünfteerzielung dienen) als Werbungskosten abziehbar.
2. Für die Annahme einer mit einer Kapitalanlage verfolgten Überschusserzielungsabsicht reicht es nicht aus, der Prognose ein sog. Best-Case-Szenario zu Grunde zu legen, welches allgemeine Ertragserwartungen für bestimmte Gruppen von Anlageformen unterstellt. Die Überschussprognose muss an die jeweils zu beurteilende konkrete Anlage anknüpfen.
Normenkette
EStG 2002 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1, § 12 Nr. 1, §§ 20, 21 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger erzielte im Veranlagungszeitraum 2002 neben Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünften aus Gewerbebetrieb auch solche aus Vermietung und Verpachtung und Kapitalvermögen. Streitig ist, in welcher Höhe der Kläger Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen kann.
Der Kläger errichtete in Gerolsbach ein Doppelhaus, das im Jahr 2001 fertig gestellt wurde. Die Doppelhaushälfte X-straße 8 mit einer Wohnfläche von 149,66 qm wurde anschließend vermietet, die andere Doppelhaushälfte (X-straße 6) wurde in zwei Wohnungen aufgeteilt. Eine der beiden Wohnungen mit einer Wohnfläche von 80,54 qm wurde vermietet; die andere Wohnung mit einer Wohnfläche von 69,12 qm nutzt der Kläger seitdem zu eigenen Wohnzwecken. Zur Finanzierung der Herstellungskosten des Doppelhauses nahm der Kläger mit Vertrag vom 2. Februar 2000 ein Darlehen in Höhe von 800.000 DM (= 409.033,51 EUR) zu einem Zinssatz in Höhe von 5,6 % bei der Sparkasse S. auf. Die Darlehensvaluta wurde in Teilbeträgen nach Baufortschritt – dem vom Kläger bei der Sparkasse unterhaltenen und eigens für das Bauvorhaben eingerichteten Girokonto Nr. 00001 gut geschrieben. Im Streitjahr fielen für die Inanspruchnahme des Darlehens Schuldzinsen in Höhe von 22.905,84 EUR an.
Zusätzlich überwiesen die Eltern des Klägers unter dem 03. Mai 2000 einen Betrag in Höhe von 175.000 DM auf das Konto Nr. 00001 bei der Sparkasse S.. Hierzu hat der Kläger im Zuge des Verfahrens erklärt, dass es sich bei dem Betrag um ein zinsloses Darlehen handele, welches die Eltern zweckgebunden zur Finanzierung seiner eigen genutzten Wohnung ausgereicht hätten. Der Kläger beglich von dem Konto Nr. 00001 sämtliche Rechnungen für das gesamte Bauvorhaben in Höhe von 368.772 EUR. Den nicht verwendeten Darlehensbetrag in Höhe von 145.544 EUR setzte er zum Erwerb von Kapitalanlagen ein. In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr beantragte der Kläger die in Höhe von 22.905,84 EUR angefallenen Schuldzinsen entsprechend der nachstehenden Aufstellung auf die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bzw. aus Kapitalvermögen zu verteilen, da er den Kredit in Höhe von 409.033 EUR wie folgt verwendet habe: Gleichzeitig hob er erneut hervor, dass das zinslose Darlehen seiner Eltern ausschließlich zur Begleichung der Herstellungskosten der eigen genutzten Wohnung verwendet worden sei.
Zur Errichtung der vermieteten |
Doppelhaushälfte X-straße 8: |
184.386 EUR |
Zinsen: |
10.325,64 EUR |
Zur Errichtung der vermieteten |
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Wohnung X-straße 6: |
79.069 EUR |
Zinsen: |
4.427,92 EUR |
Zum Erwerb von Kapitalanlagen: |
135.329 EUR |
Zinsen: |
7.578,00 EUR |
Für andere Zwecke: |
10.215 EUR |
Zinsen: |
572,00 EUR |
Summe: |
409.033 EUR |
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22.905,00 EUR |
Gleichzeitig hob er erneut hervor, dass das zinslose Darlehen seiner Eltern ausschließlich zur Begleichung der Herstellungskosten der eigen genutzten Wohnung verwendet worden sei.
Der Beklagte (Finanzamt) erkannte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 2. September 2004 die im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Schuldzinsen in voller Höhe an; demgegenüber ließ es die im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen geltend gemachten Schuldzinsen nicht zum Werbungskostenabzug zu.
Der hiergegen gerichtete Einspruch des Klägers hatte keinen Erfolg. Im Rahmen seiner Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2005 erkannte das Finanzamt – nach entsprechendem Hinweis – nunmehr auch die im Rahmen der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung geltend gemachten Zinsen...