Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung der Privatnutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Kfz. einkommensteuerrechtliche und umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlagen können voneinander abweichen
Leitsatz (redaktionell)
1. Die sog. 1 %-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG ist grundsätzlich kein geeigneter Maßstab, um die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines Kfz nach § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG ermitteln.
2. Seit der Ersetzung des Begriffs der „Kosten” durch den Begriff der „Ausgaben” mit Änderung des § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 UStG zum 1.7.2004 sind nicht mehr die ertragsteuerrechtlichen Abschreibungsvorschriften maßgeblich. Es ist nunmehr eine Verteilung der Anschaffungs- und Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts (von mehr als 500,– EUR) auf den Zeitraum angeordnet, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a UStG entspricht. Dies kann dazu führen, dass die einkommensteuerrechtlichen und umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlagen voneinander abweichen.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 9a Nr. 1, § 10 Abs. 4 S. 1 Nr. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; AO § 162; FGO § 96 Abs. 1 Sätze 1-2; ZPO § 227
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Besteuerung der privaten Nutzung von dem Unternehmen des Klägers zugeordneten Kfz.
Der Kläger erzielt steuerpflichtige Umsätze aus seiner selbstständigen Tätigkeit als Rechtsanwalt. Im Streitjahr waren zwei Fahrzeuge seinem Unternehmen zugeordnet, in der Zeit von Januar bis Juli 2004 ein Volvo und ein zum 1. August 2004 angeschaffter MB 230.
Da der Kläger für das Streitjahr keine Umsatzsteuererklärung abgab, setzte der Beklagte (das Finanzamt) die Umsatzsteuer für 2004 zunächst im Schätzungswege und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 11.200,– EUR fest.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete der Kläger trotzt Fristsetzung gemäß § 364b Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) nicht. Mit Bescheid vom 15. Mai 2009 hob das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Mit Umsatzsteuererklärung vom 17. Juni 2009 meldete der Kläger eine zu zahlende Umsatzsteuer in Höhe von 14.379,32 EUR an.
Mit Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 2010 setzte das Finanzamt die Umsatzsteuer unter erstmaligem Ansatz einer unentgeltlichen Wertabgabe in Höhe von 2.300,– EUR (= 368,– EUR Umsatzsteuer) auf 14.747,27 EUR herauf. Bei der Besteuerung der privaten Nutzung der dem Unternehmen des Klägers zugeordneten Kfz ging das Finanzamt von mit Vorsteuer belasteten Kosten in Höhe von 4.600,– EUR und einem privaten Nutzungsanteil von 50 % aus.
Mit der hiergegen erhobenen Klage brachte der Kläger lediglich vor, dass der Volvo am 29. April 1991 zum Bruttopreis von 33.500 DM (= 17.128,28 EUR) angeschafft worden sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß, den Umsatzsteuerbescheid für 2004 vom 6. September 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 28. Januar 2010 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Es bringt vor, dass der Bruttolistenpreis für den Volvo in Höhe von 17.128,28 EUR nicht zu beanstanden sei. Ab dem 1. August 2004 sei allerdings der Bruttolistenpreis des zu diesem Zeitpunkt angeschafften Pkw MB 230 zu ermitteln, bevor festgestellt werden könne, ob die 1 %-Regelung oder der bisherige Ansatz aufgrund der sachgerechten Schätzung günstiger sei. Darüber hinaus sei für den alten Pkw die Entnahme zu besteuern.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Finanzamts und die von den Beteiligten im Verfahren eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Das Finanzamt hat zu Recht eine private Nutzung der dem Unternehmen des Klägers zugeordneten Kfz als unentgeltliche Wertabgabe besteuert.
a) Die nichtunternehmerische Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs ist unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UStG) als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Die private Nutzung der Kfz steht insoweit einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleich, die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbar ist. Als Bemessungsgrundlage sind dabei gemäß § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 UStG die bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben bzw. Kosten anzusetzen, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
Nach dem mit Wirkung vom 1. Juli 2004 angefügten § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 und 3 UStG gehören zu diesen Ausgaben auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 EUR, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeit...