Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünfte aus der Vermietung und Veräußerung von Containern. Bestimmung der Einkunftsart. Abzug von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten bei nicht erfüllter Forderung auf Eigentumsverschaffung. Bilanzierung bei nicht erkanntem Gewerbebetrieb
Leitsatz (redaktionell)
1. Einkünfte aus der Vermietung und Veräußerung von Containern können nach der Verklammerungsrechtsprechung des BFH, Urteil v. 8.6.2017, IV R 30/14, den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung überschreiten und damit gewerbliche Einkünfte sein (so z. B. auch FG Düsseldorf, Urteil v. 21.12.2021, 13 K 2760/20 E, Revision eingelegt, Az beim BFH X R 4/23; FG Düsseldorf, Urteil v. 21.12.2021,13 K 2755/20 E, Revision eingelegt Az beim BFH III R 35/22).
2. Die Einkunftsart – hier sonstige Einkünfte gemäß § 22 Nr. 3 EStG, § 22 Nr. 2 EStG, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 4 EStG oder gemäß § 15 EStG – ist nach der Sichtweise des Steuerpflichtigen bei Vertragsschluss zu bestimmen (BFH, Urteil v. 7.2.2018, X R 10/16).
3. Bleibt die geschuldete Übertragung des Eigentums an den Containern aus, sind Vorauszahlungen als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abziehbar, sobald und soweit eine Rückzahlung nicht zu erwarten ist (BFH, Beschluss v. 4.7.1990, GrS 1/89; BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 24/16).
4. Die Vorauszahlungen sind nicht um in den Vorjahren zu Unrecht abgezogene AfA auf Container zu vermindern. Denn maßgeblich ist der Wert des Wirtschaftsguts bei von Anfang an richtiger steuerlicher Behandlung (vgl. für Bilanzierung BFH, Urteil v. 26.11.2008 ,X R 23/05).
5. Hat der Steuerpflichtige – ausgehend von Tätigkeiten im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung – nicht die Einnahmen-Überschuss-Rechnung gewählt, sind die gewerblichen Einkünfte durch Betriebsvermögensvergleich zu ermitteln (BFH, Urteil v. 21.7.2009, X R 28/06; BFH, Urteil v. 8.3.1989, X R 9/86).
6. Im Wesentlichen inhaltsgleich mit FG München, Urteil v. 5.6.2024, 9 K 1510/22 – vorläufig nicht rechtskräftig.
Normenkette
EStG § 22 Nr. 3 Sätze 3-4, Nr. 2, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 4, §§ 15, 6 Abs. 1 Nr. 2 Sätze 2-3, § 10d Abs. 4
Tenor
1. Unter Änderung der Einkommensteuerbescheide vom 14. Februar 2024 (für 2018) und 14. März 2024 (für 2019) werden die Einkommensteuer 2018 und 2019 nach Maßgabe der Urteilsgründe herabgesetzt. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die steuerliche Behandlung von Geschäften über Erwerb, Vermietung und Veräußerung von Seefrachtcontainern.
Die Klägerin schloss mit A-GmbH und B-GmbH jeweils mehrere Kauf- und Verwaltungsverträge. Danach sollte der Vertragspartner der Klägerin gegen Zahlung eines Kaufpreises das Eigentum an einer bestimmten Zahl von Containern bestimmter Art übertragen. Der Erwerber sollte in die vom Vertragspartner abgeschlossenen Mietverträge eintreten und den Vertragspartner mit der Verwaltung der Mietverhältnisse beauftragen. Der Vertragspartner hatte monatlich eine Garantiemiete an die Klägerin zu zahlen. Die Vertragsdauer betrug jeweils fünf Jahre, bei deren Ablauf der Vertragspartner zu einem Kauf der Container bereit sei und hierzu ein Kaufangebot unterbreiten werde. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Kauf- und Verwaltungsverträge C, D und E samt zugehöriger Angebote verwiesen.
Garantiemieten wurden ab 2018 weder abgerechnet noch gezahlt.
Am … 2018 wurden Insolvenzverfahren über die Vermögen der A-GmbH und B-GmbH eröffnet.
Nachdem der Insolvenzverwalter die Nichterfüllung gegenüber der Klägerin erklärt hatte, meldete diese im … 2018 Forderungen wegen Nichterfüllung und Schadensersatz in Höhe von 174.807,26 EUR gegenüber der A-GmbH und 40.223,28 EUR gegenüber der B-GmbH zur Insolvenztabelle an.
Nach zwischen dem Insolvenzverwalter über das Vermögen der A-GmbH bzw. B-GmbH und der Klägerin geschlossenen Vergleichsvereinbarungen vom … 2019, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird, waren sich die Parteien einig, dass mit der Feststellung der Insolvenzforderung in jeweils bestimmter Höhe zur Insolvenztabelle die Ansprüche der Klägerin gegen die jeweilige Gesellschaft wegen Nichterfüllung des Kauf- und Verwaltungsvertrags und auf Schadensersatz wegen mangelnder Aufklärung (mit bestimmten Ausnahmen) erledigt seien. Die den Vergleichsbetrag übersteigende Forderungsanmeldung nahm der Gläubiger zurück. Der Gläubiger verzichtete darauf, Aus- und Absonderungsrechte geltend zu machen.
Im … 2019 wurden Vergleichsforderungen der Klägerin in Höhe von 160.583,87 EUR gegenüber A-GmbH und 37.333,20 EUR gegenüber B-GmbH in die Insolvenztabelle eingetragen.
Nach einer Pressemitteilung des Insolvenzverwalters vom … 2019 ging dieser für die derzei...