Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnerzielungsabsicht bei dauernden Verlusten im Rahmen eines Strukturvertriebs

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei dauernden Verlusten im Rahmen eines Strukturvertriebs (Amway-Vertretung) fehlt von Anfang an die Gewinnerzielungsabsicht, wenn nur ein begrenzter Kreis potentieller Kunden für den Selbstverkauf des Steuerpflichtigen vorhanden ist und angesichts der Kostenstruktur des Unternehmens die objektive Möglichkeit ausgeschlossen erscheint, dass der Steuerpflichtige durch den Aufbau einer Stammesorganisation von ihm in der Vertriebsstruktur nachgeordneten Beratern (Untervertretern) die zur Erreichung der Gewinnzone notwendigen Provisionsumsätze erzielen kann.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 2 S. 1; FGO § 48 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die von der Klägerin, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), in den Streitjahren erwirtschafteten Verluste im Rahmen einer steuerlich unbeachtlichen Liebhaberei erzielt wurden.

An der GbR sind die Eheleute A zu je 50 % beteiligt. Die Eheleute A werden zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der seit 1997 ausgeübte Gewerbebetrieb der GbR befasst sich mit dem Vertrieb von Artikeln für Kosmetika, Reinigungsmitteln, Haushaltswaren, Geschenkartikeln, Modeschmuck, verpackten Lebensmitteln, Spielwaren und Sportartikeln im Rahmen einer Vertriebsförderung für Amway-Artikel und wird von den Ehegatten nebenberuflich betrieben.

Für die Streitjahre 1997 bis 2001 wurden für die Klägerin Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb abgegeben und dabei Verluste erklärt, die vom beklagten Finanzamt (– FA –) in den Gewinnfeststellungsbescheiden zunächst dem Grunde nach anerkannt und in folgender Höhe festgestellt wurden:

1997

-42.770 DM

= -21.867,95 EUR

1998

-48.548 DM

= -24.822,20 EUR

1999

-31.243 DM

= -15.974,29 EUR

2000

-29.618 DM

= -15.143,44 EUR

2001

-24.672 DM

= -12.614,59 EUR.

Die Gewinnfeststellungsbescheide ergingen vorläufig nach § 165 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) hinsichtlich der Frage der Gewinnerzielungsabsicht. Für 2002 wurde ein Verlust in Höhe von 15.241,95 EUR erklärt.

Die von der Klägerin durchgeführte Vertriebsförderung erfolgte im Rahmen eines sog. Strukturvertriebs, d.h. sie erhält aus den Erlösen ihrer eigenen Verkäufe eine Gewinnmarge von 30 % (Erlöse aus Selbstverkauf). Außerdem werden ihr vom Umfang der abgenommenen Waren abhängige Verkaufsboni gewährt. Darüber hinaus ist sie mit Provisionen am Erfolg der von ihr angeworbenen und betreuten, in einer niedrigeren Strukturebene angesiedelten Geschäftspartner beteiligt (Leistungsprovision für Sponsoring). Auf den im Einspruchsverfahren vorgelegten „Sales- & Marketingplan Deutschland” wird Bezug genommen.

Die Nettoeinnahmen der Klägerin aus selbstverkauften Waren (Erlöse und Boni), die Provisionen aus dem Verkaufserfolg der von der Klägerin betreuten Geschäftspartner und der Eigenverbrauch an Waren stellen sich gemäß den Gewinnermittlungen wie folgt dar:

Erlöse aus Selbstverkauf und Boni

Provisionen

Eigenverbrauch an Waren

in DM

1997

5.2101.561

678

1998

6.936

2.605

1.819

1999

16.940

(keine Aufgliederung)

1.473

2000

4.734

6.020

1.448

2001

3.666

1.333

1.022

in EUR

2002

3.236

37

525

Die Nettoausgaben setzen sich im Wesentlichen wie folgt zusammen:

in DM

Waren

Kfz-Kosten

Reise/Wer.

Bewirtung

Telefon

Zinsen

1997

5.281

25.731

12.013

3.385

8.037

8.140

1998

5.098

16.243

16.072

2.807

5.293

6.778

1999

6.827

14.447

13.464

3.009

5.812

6.700

2000

5.187

16.471

10.415

2.894

3.814

7.136

2001

5.885

6.973

8.218

2.646

3.308

2.660

–––

–––

–––

–––

–––

–––

28.278

79.865

60.182

14.741

26.264

31.414

in EUR

14.458

40.834

30.770

7.536

13.428

16.061

2002

2.621

2.783

5.933

1.639

2.736

887

–––

–––

–––

–––

–––

–––

17.079

43.617

36.703

9.175

16.164

16.948

Im Rahmen der Bearbeitung der Feststellungserklärung 2002 stufte das FA die Tätigkeit der Klägerin als steuerlich nicht beachtliche Liebhaberei ein und erließ mit Datum vom 18. Februar 2004 einen negativen Feststellungsbescheid für 1997 bis 2002, mit dem die Feststellungsbescheide für 1997 bis 2001 aufgehoben und der erklärte Verlust 2002 nicht anerkannt wurden. Mit dem dagegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend, sie habe von Anfang an einen Totalgewinn angestrebt. Frau A sei jedoch aus finanziellen Gründen gezwungen gewesen, eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen. Dadurch sei der Aufbau der gewerblichen Tätigkeit eingeschränkt gewesen. Herr A befinde sich in einem Angestelltenverhältnis; seine für das Gewerbe zur Verfügung stehende Zeit sei dadurch ebenfalls eingeschränkt. Die Verluste der Klägerin seien jedoch in der Vergangenheit ständig gesunken. Lediglich in 2002 sei es zu einem Einbruch gekommen, da die Eheleute A in ein neues Geschäft investiert hätten. Die Eheleute A hätten die Tätigkeit nicht aus im Bereich der Lebensführung liegenden Gründen oder Neigungen ausgeübt, sondern hätten sie nebenberuflich in ihrer ...

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