Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld;. ernsthaftes Bemühen um eine Ausbildungsstelle oder Ausbidlungsplatz;. Praktikum als Berufsausbildung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Kindergeldanspruch für ein volljähriges Kind nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2c EStG setzt voraus, dass es dem Kind trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, seine Berufsausbildung zum frühest möglichen Zeitpunkt zu beginnen oder fortzusetzen. Dafür reicht es weder aus, dass das Kind nur Informationsgespräche bei der Berufsberatung geführt hat, noch dass es sich bei der Studienberatung über verschiedene Studienrichtungen informiert hat, wenn es sich daraufhin nicht konkret um einen Ausbildungs- oder Studienplatz beworben hat.

2. Ein Praktkum ist nur dann Teil der Berufsausbidlung, wenn es dem Erwerb von Kenntnissen, Fähigkeiten und Erfahrungen als Grundlage für die Ausübung des angestrebten Berufs dient. Das ist bei einer Berufstätigkeit, die nicht gegen ein nur geringes Entgelt ausgeübt wird und die auch als Dauerberuf hätte ausgeübt werden können, nicht der Fall.

 

Normenkette

EStG 1999 § 63 Abs. 1, § 32 Abs. 4 S. 1 Nrn. 1, 2a, 2c

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Sohn der Klägerin im Herbst 1999 eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen konnte und deshalb ein Kindergeldanspruch bestand.

Der am 9. Mai 1978 geborene Sohn der Klägerin, der Zeuge F., besuchte bis Juli 1999 die Fachoberschule, Ausbildungsrichtung Sozialwesen, die er mit der Fachhochschulreife abschloss. Die Klägerin erhielt für den Sohn bis Juli 1999 Kindergeld. Den Neuantrag der Klägerin auf Kindergeld lehnte das beklagte Arbeitsamt – Familienkasse – mit Bescheid vom 21. September 1999 ab. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem vorgebracht wurde, der Sohn habe sich erfolglos um einen Studienplatz bemüht, blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung vom 29. November 1999).

Dagegen richtet sich die Klage. Die Klägerin trägt vor, der Sohn sei seit 16. September 1999 beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und stehe seither der Arbeitsvermittlung zur Verfügung. Außerdem sei er seit 16. September 1999 auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz und sei bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes gemeldet. Zum Nachweis legt die Klägerin zwei Bescheinigungen des Arbeitsamtes vor, auf die hinsichtlich der Einzelheiten Bezug genommen wird. Im Herbst 1999 habe sich der Sohn an der Uni M. für das Herbstsemester einschreiben wollen; dies sei jedoch nicht möglich gewesen, da alle Studienplätze belegt gewesen seien. Eine Bestätigung darüber habe man ihm seitens der Uni nicht erteilen wollen. Nachdem ihr Sohn das Studium im Herbst 1999 nicht habe aufnehmen können, habe er verschiedene kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse bzw. Praktika aufgenommen. So sei er vom 18. Oktober 1999 bis 22. Oktober 1999 bei der Firma G. gegen einen Bruttoarbeitslohn von 880 DM, vom 15. Dezember bis 31. Dezember 1999 bei der D.- GmbH gegen einen Bruttoarbeitslohn von 400 DM und vom 8. März 2000 bis 31. Juli 2000 bei der S.-GmbH gegen einen Bruttoarbeitslohn von 13.430 DM beschäftigt gewesen. Soweit der Beklagte der Auffassung sei, für den Kindergeldanspruch sei es nicht ausreichend, dass der Sohn bei der Berufsberatung des Arbeitsamtes nur ein Informationsgespräch geführt habe und er vielmehr als Bewerber um eine berufliche Ausbildungsstelle hätte vorsprechen müssen, so sei dem entgegenzuhalten, dass der Beklagte verpflichtet gewesen sei, in diesem Fall den Sohn von vornherein auf diesen Umstand hinzuweisen; hätte er gewusst, dass für den Kindergeldanspruch eine Bewerbung um eine berufliche Ausbildungsstelle notwendig sei, hätte er dies auch getan.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 21. September 1999 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 29. November 1999 den Beklagten zu verpflichten, Kindergeld von August 1999 bis einschließlich März 2000 für ihren Sohn Fzu zahlen.

Der Beklagte beantragt

Klageabweisung.

Die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sich ihr Sohn ernsthaft darum bemüht habe, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Die Klägerin habe keine Bewerbungsschreiben sowie darauf folgende Ablehnungsschreiben vorgelegt. Auch sei der Sohn nicht als Bewerber um einen Ausbildungsplatz bei der Berufsberatung gemeldet gewesen. Die Sachbearbeiterin der Berufsberatung habe dem Beklagten auf Anfrage mitgeteilt, der Sohn habe am 16. September 1999 lediglich ein Informationsgespräch gehabt. Eine Bewerbung um einen konkreten Ausbildungsplatz habe er jedoch nicht vorgenommen. Am 8. Dezember 1999 sei der Sohn dann in der Uni-Sprechstunde gewesen, da er habe studieren wollen. Dabei seien verschiedene Wege besprochen worden. Ob sich der Sohn für einen Weg entschieden und sich angemeldet habe, sei bei der Berufsberatung nicht bekannt. Am 15. Februar 2000 sei der Sohn nochmals bei der Berufsberatung gewesen, weil er eine Praktikumstelle suchte. Der Beklagte ist der Auffassung, aus den Informationen der Berufsberatung sei ersichtlich, dass der Sohn im Herbst 1999...

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