Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung von unberechtigt auf ein Anderkonto eines Insolvenzverwalters gezahlter Eigenheimzulage nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter persönlich
Leitsatz (redaktionell)
Ist vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Eigenheimzulage zugunsten der späteren Insolvenzschuldnerin festgesetzt worden, wird die Immobilie während des Insolvenzverfahrens veräußert und zahlt die Finanzbehörde anschließend (unberechtigt) weiter Eigenheimzulage auf ein Anderkonto des Insolvenzverwalters aus, ist nicht der Insolvenzverwalter persönlich, sondern die Insolvenzmasse als Leistungsempfängerin i.S. des § 37 Abs. 2 Satz 1 AO anzusehen (Anschluss an Finanzgericht Baden-Württemberg, Urteil v. 1.7.2015,1 K 1231/13, EFG 2015 S. 1788; gegen Finanzgericht Münster, Urteil v.9.6.2016, 6 K 213/13 AO, EFG 2016 S. 1221, und gegen Finanzgericht Schleswig-Holstein, Urteil v. 6.9.2017, 5 K 42/15, EFG 2017 S. 1853). Die Finanzbehörde ist daher nicht nach § 37 Abs. 2 Satz 1 AO berechtigt, nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens die unberechtigt ausgezahlte Investitionszulage vom Insolvenzverwalter persönlich zurückzufordern.
Normenkette
EigZulG § 15 Abs. 1 S. 1; AO § 37 Abs. 2 S. 1; InsO §§ 80, 35, 196, 199
Tatbestand
I.
Das Finanzamt X setzte mit Bescheid vom … 2008 Eigenheimzulage zugunsten von Frau S für das Objekt B fest. Die Festsetzung erfolgte für die Jahre 2007 bis 2012 in Höhe von jährlich 4.450 EUR. Am …. 2009 eröffnete das Amtsgericht … das Insolvenzverfahren über das Vermögen der S. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Kläger teilte der zentralen Finanzkasse des beklagten Finanzamts (im Folgenden: FA) auf Anfrage vom Mai 2011 mit, dass Steuererstattungen auf das Bankkonto mit dem Namen des Kontoinhabers „Name Insolvenzverwalter/S”. gezahlt werden sollen.
Im Laufe des Jahres 2009 wurde das Objekt in B veräußert. Gleichwohl kam es zur Auszahlung der für die Jahre 2010 bis 2012 festgesetzten Eigenheimzulage auf das oben genannte Konto. Für das Jahr 2010 überwies das FA am … 2011 und für das Jahr 2012 am … 2012 jeweils 4.450 EUR. Für das Jahr 2011 überwies das FA am … 2011 3.428,15 EUR. Die übersteigende Eigenheimzulage in Höhe von 1.021,85 EUR verrechnete das FA mit einem gegen die Insolvenzmasse gerichteten Anspruch auf Umsatzsteuer. Da der Kläger die Umsatzsteuer trotz der Verrechnung später bezahlte, überwies das FA am … 2012 den Betrag in Höhe von 1.021,85 EUR auf das Bankkonto zurück.
Das Insolvenzverfahren wurde 2013 aufgehoben. Frau S erhielt im Laufe des Jahres 2015 Restschuldbefreiung.
Mit Bescheid vom … 2016 hob das FA S die Festsetzung der Eigenheimzulage ab dem Jahr 2010 auf. Den Aufhebungsbescheid adressierte das FA X an Frau S. Nach Ablauf der Einspruchsfrist legte Frau S mit Schreiben vom … 2016 „Widerspruch” ein und machte geltend, sie habe die Eigenheimzulage nicht erhalten. Den Widerspruch wies das FA X mit der Einspruchsentscheidung vom … 2018 wegen Fristversäumung als unzulässig zurück. Den Kläger beteiligte das FA X am Verfahren der Frau S nicht, forderte aber mit Schreiben vom … 2018 die zentrale Kasse des beklagten FA auf, einen Rückforderungsanspruch gegen den Insolvenzverwalter persönlich geltend zu machen.
Mit Bescheid vom … 2018 forderte die zentrale Kasse des FA sodann vom Kläger die Eigenheimzulagen 2010 bis 2012 in einer Höhe von insgesamt 13.350 EUR zurück. Dem Rückforderungsbescheid vorgehende Schreiben des FA an den Kläger wegen der Rückforderung befinden sich nicht in den vorgelegten Akten. Den Einspruch des Klägers vom…. 2018 wies das FA mit der Einspruchsentscheidung vom …. 2018 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger macht geltend, die Rückforderungsansprüche seien verjährt. Begründe das FA Rückforderungsansprüche mit Zahlungen auf ein Konto, das dem Kläger persönlich zuzurechnen sei, würden die Rückforderungsansprüche am jeweiligen Tag der Zahlung entstehen. Da die letzte Zahlung im Jahr 2012 erfolgt sei, seien die fünfjährigen Zahlungsverjährungsfristen spätestens am 31. Dezember 2017 abgelaufen gewesen. Ferner habe das FA in Höhe von 1.021,85 EUR nicht auf das Konto bezahlt. Die Verrechnung mit einer Umsatzsteuerforderung gegen die Masse sei eine Leistung an die Insolvenzmasse, nicht aber eine Leistung an den Kläger. Die spätere Rückzahlung auf das Bankkonto sei eine Rückzahlung von Umsatzsteuer gewesen. Der Rückforderungsbescheid betreffe aber nur die Eigenheimzulage.
Der Kläger beantragt,
den Rückforderungsbescheid vom ….in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom … 2018 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
1. Ist eine Steuer, eine Steuervergütung, ein Haftungsbetrag oder eine steuerliche Nebenleistung ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, an den Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrags (§ 37 Abs. 2 Satz...