Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilnahme an einem Programm für Meditation und buddhistische Philosophie als Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Tätigkeit eines Meditationslehrers ist als Beruf i. S. d. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzuerkennen, da es sich bei dem angestrebten Berufsziel weder um einen Ausbildungsberuf i. S. d. BBiG noch um eine Tätigkeit handeln muss, die einem bestimmten Berufsbild entspricht,
2. Vertiefte Kenntnisse der buddhistischen Lehren und das eigene Erlernen von Meditationstechniken nach den speziellen spirituellen Praktiken des tibetischen Buddhismus sind geeignet, eine Grundlage für die Ausübung des Berufs des Meditationslehrers zu bilden.
3. Die Teilnahme an einem drei-jährigen Programm für Meditation und buddhistische Philosophie ist daher als Berufsausbildung i. S. d. § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG anzuerkennen. Dem steht nicht entgegen, dass einzelne Teilnehmer aus rein religiösen Motiven oder nur zum Zwecke der Persönlichkeitsbildung an dem Programm teilgenommen haben mögen.
Normenkette
EStG 2002 § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a
Tenor
1. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 02.08.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.03.2008 wird aufgehoben.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Der Kläger ist der Vater des am …04.1987 geborenen S. S beendete im Juli 2006 seine schulische Ausbildung an der Fach- und Berufsoberschule. Im Juli 2006 begann S ein bis November 2009 dauerndes Programm am Institut X. Auf Nachfrage der Beklagten (die Familienkasse –FK–) teilte der Kl mit, dass es sich hierbei um ein Studium handele, dass mit dem Titel „Instructor” für Meditation und buddhistische Philosophie abgeschlossen werde. Hinsichtlich des Inhalts des Studiums legte der Kl die Stundenpläne für die Zeit vom 09.08 – 24.11.2006 und 25.11.2006 – 17.04. 2007 vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird. Zu dem von der FK angeforderten Formular E 402 teilte der Kl mit, dass das Institut die auf dem Formular geforderte Bestätigung nicht abgeben könne, da es den dort genannten Status einer „École ou Établissement d'enseignement supérieur ou universitaire” nicht besitze. Nach der Bestätigung des Anmeldebüros des Instituts vom 28.08.2007 hat der Kl für die Zeit von Januar 2006 – August 2007 15.855 EUR Studiengebühren entrichtet.
Mit Bescheid vom 02.08.2007 hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab August 2006 auf und forderte das für die Monate August 2006 bis November 2006 bereits ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 616 EUR vom Kl zurück. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies die FK mit Einspruchsentscheidung vom 07.03.2008 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die fristgerecht eingereichte Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: S absolviere eine Ausbildung. Es handele sich um ein Vollzeitstudium mit dem Berufsziel Meditationslehrer. Der Beruf könne auf selbstständiger Basis oder in einem der Zentren der internationalen buddhistischen Vereinigung X ausgeübt werden. Die tägliche Ausbildungszeit belaufe sich einschließlich Selbststudien auf 10,5 Stunden. Die Ausbildung gliedere sich in die Abschnitte Grundlagen der buddhistischen Philosophie und Meditation (2006), Mitgefühl und Bodhichitta sowie Vajrayana (2007) und Dzogchen (2008/2009). Die in den Studienplan integrierten sogenannten „Rota-Jobs” beinhalteten unbezahlte Mithilfe bei technischen Abläufen wie z.B. Abwaschen. Ferner seien viele Zeiten als persönliche Studien- und Praxiszeit eingeplant. Insoweit sei es erforderlich, Meditation nicht nur aus Büchern und Belehrungen, sondern durch eigene Praxis zu erlernen. Eine wirklich tiefgehende Meditationserfahrung sei nur in mehrmonatiger Abgeschiedenheit –idealerweise gänzlich im Schweigen–zuerreichen. Die Belehrungen erfolgten durch einen Hauptlehrer, verschiedene tibetische Meister und –wenn sich die Gelegenheit bietet–auch durch den Dalai Lama.
Der Kl beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 02.08.2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.03.2008 aufzuheben.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen darauf, dass das Programm keinen konkreten Berufsbezug aufweise. Die Teilnehmer erlangten allgemeinnützliche Kenntnisseund Erfahrungen, ein bestimmtes Berufsziel werde jedoch nicht angestrebt. Auch schließe die Teilnahme nicht mit einem anerkannten Abschluss ab.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze des Kl vom …sowie der FK vom …Bezug genommen.
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung(§ 90 Abs...