Entscheidungsstichwort (Thema)
Mittelpunkt der betrieblichen Betätigung eines selbständigen Herstellers von Werbedruckmaterial im häuslichen Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist ein selbständiger Steuerpflichtiger nicht nur im häuslichen Betriebsbereich, sondern auch außerhalb tätig, bildet sein Arbeitszimmer zu Hause nur dann den Mittelpunkt seiner betrieblichen Tätigkeit, wenn nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls die nach allgemeiner Verkehrsanschauung für den unternehmerischen Erfolg wesentlichen Kerntätigkeiten tatsächlich im Arbeitszimmer erbracht werden, d.h. sich nach Art und Zeitaufwand in dem Arbeitszimmer als dem Zentrum der betrieblichen Betätigung fokussieren.
2. Erledigt der selbständige Herausgeber einer PC-Zeitschrift und Hersteller von Werbedruckmateriel, dessen Betriebsräume, Arbeitszimmer und Wohnung sich in einem vom ihm angemieteten Haus befinden, seine Hauptaufgaben (u.a. Schreiben der Artikel, Entwicklung der Struktur der Werbeträger, Organisation der technischen und kaufmännischen Betriebsabläufe) in seinem Arbeitszimmer, so befindet sich dort auch dann der Mittelpunkt seiner betrieblichen Tätigkeit, wenn 20 bis 30 % der Arbeitszeit auf Auswärtstätigkeiten (u.a. Termine bei Banken, Druckereien, Werbe- und Vertriebsfirmen, Kunden) entfallen.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3 Hs. 2, Abs. 4
Nachgehend
Gründe
I.
Streitig ist, ob die Aufwendungen für betrieblich genutzte Räume im angemieteten Wohnhaus der Kläger der Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b Satz 3 HS. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegen.
Die Kläger sind Ehegatten und werden für das Streitjahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte bis März 1997 Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit bei einem Verlag. Er war aber bereits ab Oktober 1996 weitgehend von der Arbeit freigestellt. Die Klägerin befasste sich schon früher als Layouterin mit dem Entwurf von Werbeträgern (Broschüren, Plakaten o. ä.). Diese Tätigkeit setzte der Kläger seit seiner Freistellung ab Oktober 1996 fort, ab 1997 unter der Fa. „…”. Hierfür nutzte er die Räume im Dachgeschoss im selbstbewohnten Einfamilienhaus (Treppenpodest mit Garderobe ohne eigenen Hauseingang, Lagerraum, Sanitärraum und Arbeitszimmer). Die schon vorher beruflich genutzten Räume hatte er mit einer neuen DTP-Station ausgestattet (Layout-Arbeitsplatz mit einer DTP-Anlage, Computer, Bildschirm und Farbdrucker). Im Streitjahr 1997 hatte er versucht, eine PC-Zeitschrift auf dem Markt zu etablieren. Die Zeitschrift wurde kostenlos über die Vertriebsorganisation LiBri an alle Buchhandlungen verteilt, wo sie unentgeltlich ausgelegt wurde. Da die erhofften Werbeeinnahmen ausblieben, wurde nur eine Auflage mit 300.000 Stück fertiggestellt und verteilt. Anschließend hatte der Kläger selbständige Dienstleistungen als Hersteller von Werbedruckmaterial für andere Auftraggeber übernommen. Der nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelte Verlust 1997 aus seiner selbständigen Tätigkeit i. H. von 78,410 DM resultierte i. H. von 6.008,09 DM aus den betrieblichen Raumkosten.
Der Beklagte (das Finanzamt/FA) berücksichtigte die Raumkosten nur mit 2.400 DM. Das FA ging dabei davon aus, dass es sich bei den vier Räumen um insgesamt ein „häusliches Arbeitszimmer” i. S. des § 4 Abs. 5 Nr. 6 b EStG handelt, das aber nicht der Mittelpunkt der gesamten selbständigen Tätigkeit des Klägers gewesen sei. Seinen eigenen Angaben nach habe dieser im Streitjahr für Zwecke der Akquisition einer Druckerei, Anzeigenwerbung, Finanzierung, sowie Aufbau des Vertriebs etc. Geschäftsreisen von 13.076 km unternommen. Es müsse daher davon ausgegangen werden, daß er wesentliche Arbeiten außer Haus erledigt habe. Die nach Auffassung des Finanzamts über § 4 Abs. 5 Nr. 6 b S. 3 HS. 1 EStG hinaus nicht abzugsfähigen Aufwendungen für das „häusliche Arbeitszimmer” (3.608 DM) wurden als Eigenverbrauch gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 c Umsatzsteuergesetz/UStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung der Umsatzsteuer unterworfen. Die Umsatzsteuer auf den Eigenverbrauch i. H. von 541,20 DM (Bescheid vom 07.10.1998) behandelte das Finanzamt wiederum als nichtabziehbare Ausgabe i. S. des § 12 Nr. 3 EStG. Demzufolge kürzte es den erklärten Verlust aus Gewerbebetrieb um insgesamt 4.149 DM und setzte die Einkommensteuer 1997 nach Abzug der Steuerermäßigung gem. § 34 g Nr. 1 EStG mit Bescheid vom 20.08.1998 auf 27.323 DM fest. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies es mit Einspruchsentscheidung/EE vom 28.06.1999 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die Kläger begehren weiterhin den vollen Abzug der Kosten für die Betriebsräume. Zur Begründung tragen sie vor, nach Beendigung seiner nichtselbständigen Tätigkeit Anfang 1997 sei der Kläger nur noch als Unternehmer für seinen häuslichen Verlag tätig gewesen. Hierfür hätten ihm nur seine häuslichen Betriebsräume und keine weitere externe Arbeitsstelle zur Verfügung gestanden. Somit seien diese...