Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1987, 1988, 1989
Tenor
1. Der geänderte Einkommensteuer-Bescheid 1987 vom 22.12.1992 und die geänderten Einkommensteuer-Bescheide 1988 und 1989 jeweils vom 04.01.1993 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18.05.1994 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Ehegatten, die der Beklagte (Finanzamt) für die Streitjahre 1987, 1988 und 1989 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte. Die Kläger erzielten in den Streitjahren Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger als Geschäftsführer der GmbH (vgl. Geschäftsführervertrag, Bl. 9 ff. LSt-Akten für Arbeitgeber), die Klägerin als kaufmännische Angestellte im Betrieb der GmbH.
Gesellschafter der GmbH waren bis zum 30.06.1989 der Kläger und Herr B. mit einer Beteiligung von jeweils 45 v.H. und Frau B. mit 10 v.H. (Vertrag über die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung vom 15.09.1978 samt Satzung, Bl. 20 ff. der LSt-Akten für Arbeitgeber). Seit 01.07.1989 ist der Kläger Alleingesellschafter der GmbH.
Bei einer am 13. und 14.07.1989 bei der GmbH durchgeführten LSt-Außenprüfung stellte der Prüfer fest, daß die GmbH vom 01.07.1986 bis 31.05.1989 u.a. für den Kläger Zuschüsse zur Krankenversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung an die AOK geleistet und für die Zuschüsse keine Lohnsteuer (LSt) einbehalten hatte. Er vertrat die Auffassung, daß diese Arbeitgeberzuschüsse nicht gem. § 3 Nr. 62 Einkommensteuergesetz (EStG) steuerfrei seien. Die Gesellschafter seien nicht sozialversicherungspflichtig, weil Gesellschafterbeschlüsse nach dem GmbH-Vertrag i.V.m. § 6 der GmbH-Satzung nur einstimmig gefaßt werden könnten (vgl. Prüfungsbericht vom 28.08.1989).
Das Finanzamt erhöhte daraufhin die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit um die von der Arbeitgeberin gewährten Zuschüsse von 7.939 DM (1987), 9.653 DM (1988) und 4.868 DM (1989). Mit gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten ESt-Bescheiden setzte das Finanzamt am 22.12.1992 die ESt 1987 auf 8.292 DM, am 04.01.1993 die ESt 1988 auf 13.530 DM und die ESt 1989 auf 17.218 DM fest. Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung (EE) vom 18.05.1994 wird Bezug genommen.
Mit der Klage wenden sich die Kläger gegen die Änderung der ESt-Festsetzungen 1987 bis 1989 aufgrund der Feststellungen der LSt-Außenprüfung. Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor, daß der zuständige Sozialversicherungsträger, die AOK die Gesellschafter-Geschäftsführer aufgrund mehrmaliger Überprüfungen der Sozialversicherungsbeiträge bei der GmbH – zuletzt im August 1988 – als sozialversicherungspflichtig angesehen habe. Daran sei das Finanzamt gebunden. Die AOK habe die tatsächlichen Verhältnisse ihrer Entscheidung zugrundegelegt. Entgegen der Bestimmung des § 6 GmbH-Satzung seien die Beschlüsse der GmbH mit Mehrheit entspr. der Höhe der Stammeinlagen gefaßt worden.
Das Verhalten des Finanzamts stehe auch im Widerspruch zu den Grundsätzen von Treu und Glauben. In vier vorangegangenen LSt-Außenprüfungen sei die Steuerfreiheit der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung unbeanstandet geblieben. Dies sei wie eine verbindliche Zusage gem. § 204 AO anzusehen.
Im übrigen seien die Voraussetzungen für eine Änderung der Steuerbescheide gem. § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel nicht gegeben. Aufgrund der vorangegangenen vier LSt-Außenprüfungen und der Tatsache, daß der Sachverhalt bereits seit Gründung der GmbH im Jahr 1978 steuerlich relevant sei, könne es sich nicht um neue Tatsachen oder Beweismittel handeln, die der Veranlagungsstelle des Finanzamts erstmals mit der Prüfung vom 13. und 14.07.1989 bekannt geworden seien. Bei derartigen Dauerverhältnissen müsse sich das Finanzamt die Erkenntnisse der einzelnen Prüfer zurechnen lassen. Ergänzend verweist das Gericht auf die Schriftsätze der Kläger vom 25.08.1994 und 05.12.1996.
Die Kläger beantragen,
die geänderten ESt-Bescheide 1987 vom 22.12.1992 sowie 1988 und 1989 vom 04.01.1993 und die EE vom 18.05.1994 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Zur Begründung verweist das Finanzamt auf seine EE. Ergänzend führt es im wesentlichen aus, daß bei den vier vorangegangenen LSt-Außenprüfungen in den Prüfungsberichten die Steuerpflicht der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung nicht erwähnt sei (vgl. Schriftsätze vom 06.10.1994 und 24.10.1996).
Auf den Inhalt der Niederschrift über die öffentliche Sitzung des Senats vom 10.12.1996 wird hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Zu Unrecht hat das Finanzamt die streitigen Zahlungen der GmbH an den Sozialversicherun...