Entscheidungsstichwort (Thema)
Berechtigung auf Erteilung einer Bescheinigung über das kalenderjährlich ausgezahlte Kindergeld. Ablehnung der Erteilung einer solchen Bescheinigung ist ein Verwaltungsakt
Leitsatz (redaktionell)
1. Nicht nur der vorrangig kindergeldanspruchsberechtigte Elternteil, dem das Kindergeld ausgezahlt wird, sondern grundsätzlich jeder, der nach § 62 i. V. m. § 63 EStG Anspruch auf Kindergeld hat, ist „berechtigt”, die Erteilung einer Bescheinigung nach § 68 Abs. 3 EStG über das ggf. an einen anderen Berechtigten ausgezahlte Kindergeld zu beantragen; das Steuergeheimnis steht dem nicht entgegen.
2. § 68 Abs. 3 EStG setzt für die Erteilung der Bescheinigung weder eine Begründung des Antrags noch ein berechtigtes Interesse des Antragstellers voraus. Die Familienkasse hat daher grundsätzlich nicht zu prüfen, ob und zu welchem Zweck der Berechtigte die Bescheinigung benötigt.
3. Mit der Ablehnung des Antrags, nach § 68 Abs. 3 EStG eine Bescheinigung über das ausgezahlte Kindergeld zu erteilen, erteilt die Familienkasse einen Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO.
Normenkette
EStG § 68 Abs. 3, §§ 62-63; AO §§ 118, 30 Abs. 4 Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Der Ablehnungsbescheid vom 5. Januar 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 werden aufgehoben und die Familienkasse wird verpflichtet, dem Kläger eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter X. ausgezahlte Kindergeld zu erteilen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Der Kläger bezog für seine Tochter bis einschließlich Januar 2009 Kindergeld von der Landesfamilienkasse des Landesamtes für Finanzen. Nachdem die Beklagte (die Familienkasse) der Landesfamilienkasse Ende Dezember 2008 mitgeteilt hatte, die geschiedene Ehefrau des Klägers und Mutter von X. habe als vorrangig Berechtigte bei ihr einen Kindergeldantrag gestellt, hob die Landesfamilienkasse die Kindergeldfestsetzung für X. gegenüber dem Kläger ab Februar 2009 auf.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2009 bat der Kläger die Familienkasse zunächst um Mitteilung, ob und ggf. seit wann im Jahr 2009 Kindergeld für seine Tochter an die Kindsmutter gezahlt worden sei. Mit Schreiben vom 4. Januar 2010 teilte die Familienkasse dem Kläger mit, die gewünschte Auskunft könne wegen des Steuergeheimnisses (§ 30 der Abgabenordnung – AO –) nicht erteilt werden. Mit Schreiben vom 29. November 2010 beantragte der Kläger sodann eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter ausgezahlte Kindergeld gemäß § 68 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Am 6. Dezember 2010 schrieb die Familienkasse dem Kläger erneut, die gewünschte Auskunft könne wegen des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) nicht erteilt werden. Daraufhin wiederholte der Kläger mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 seinen Antrag auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 68 Abs. 3 EStG. Mit Schreiben vom 5. Januar 2011 lehnte die Familienkasse den Antrag ab. Einen Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 68 Abs. 3 EStG könne nur die Kindsmutter als Berechtigte stellen.
Hiergegen legte der Kläger am 12. Januar 2011 Einspruch ein, den die Familienkasse mit Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 als unzulässig verwarf; das Schreiben der Familienkasse vom 5. Januar 2011 sei kein Verwaltungsakt.
Mit seiner Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor, die Ablehnung des nach § 68 Abs. 3 EStG gestellten Antrags sei ein Verwaltungsakt, da die Familienkasse damit entschieden habe, dass ein Antragsrecht nicht bestehe. Im Übrigen habe er in seinem Antrag vom 29. November 2010 für den Fall der Ablehnung um die Erteilung eines Bescheids gebeten. Die Familienkasse habe die Erteilung der Bescheinigung auch nicht verweigern dürfen. Berechtigter i.S. des § 68 Abs. 3 EStG sei der Kindergeldberechtigte i.S. des § 62 i.V.m. § 63 EStG und nicht nur derjenige Kindergeldberechtigte, an den das Kindergeld gezahlt werde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Ablehnungsbescheid vom 5. Januar 2011 und die Einspruchsentscheidung vom 13. Januar 2011 aufzuheben und die Familienkasse zu verpflichten, dem Kläger eine Bescheinigung über das für das Jahr 2009 für seine Tochter X. ausgezahlte Kindergeld zu erteilen.
Die Familienkasse beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entgegen den Ausführungen in der Einspruchsentscheidung handele es sich aus Sicht der Familienkasse bei der Ablehnung der Erteilung einer Bescheinigung nach § 68 Abs. 3 EStG gegenüber dem Kläger um einen Verwaltungsakt, so dass der Einspruch zulässig gewesen sei. Der Kläger habe jedoch keinen Anspruch auf Erteilung einer solchen Bescheinigung. Kindergeldberechtigte sei im Streitfall ausschließlich die geschiedene Ehefrau des Klägers. Die Fam...