rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld. Glaubhaftmachung der ernsthaften Bemühungen um einen Ausbildungsplatz
Leitsatz (redaktionell)
1. Das Bemühen um einen Ausbildungsplatz kann außer durch Meldung bei der Arbeitsvermittlung auch glaubhaft gemacht werden durch Suchanzeigen in der Zeitung, durch direkte schriftliche Bewerbungen bei Ausbildungsstätten und ggf. darauf erhaltene Zwischennachrichten oder Absagen. Bewerbungen und Absagen durch E-Mails können ebenfalls zu berücksichtigen sein.
2. Telefonische Anfragen können im Einzelfall als Nachweis ausreichen, wenn detailliert und glaubhaft dargelegt wird, mit welchen Firmen, Behörden usw. zu welchen Zeitpunkten (erfolglose) Gespräche geführt worden sind.
3. Es ist nicht erforderlich, dass sich das Kind jeden Monat erneut um eine Ausbildungsstelle bewirbt, solange über die bisherigen Bewerbungen noch nicht entschieden ist. Hat das Kind aber bis zum Ablauf von drei Monaten noch keinen Bescheid über seine Bewerbung(en) erhalten, ist ab diesem Zeitpunkt grundsätzlich eine Parallelbewerbung erforderlich, es sei denn, das Kind kann sich nur zu bestimmten Zeitpunkten bewerben, wie z. B. bei einem Studium oder wenn Firmen nur zu bestimmten Terminen Auszubildende einstellen. Hat das Kind für einen späteren Termin eine feste Zusage für einen Ausbildungsplatz, bedarf es ebenfalls keiner weiteren Bewerbungen.
Normenkette
FGO § 94a; EStG § 32 Abs. 4 S. 1c, § 68 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Mutter von F, geb. am 9. September 1989.
Sie teilte am 20. April 2009 der Familienkasse mit, dass sich ihr Sohn im streitigen Zeitraum (März und April 2009) bei der Videothek X in U, beim Bistro B in M und bei der Tankstelle O in M beworben habe.
Mit Bescheid vom 27. Juli 2009 lehnte die Beklagte (die Familienkasse) für März und April 2009 die Festsetzung von Kindergeld für F ab, weil für diesen Zeitraum von der Klägerin keine Nachweise über die Bemühungen von F um einen Ausbildungsplatz vorgelegt worden seien und F weder als Bewerber um einen Ausbildungsplatz noch arbeitslos gemeldet worden sei. Erst im Mai 2009 habe er sich bei der Arbeitsvermittlung gemeldet.
Dagegen legte die Klägerin Einspruch ein. Darauf hin bat die Familienkasse die Klägerin ihren Vortrag über die Bemühungen von F durch geeignete Nachweise, z.B. Bewerbungsschreiben, Ablehnungsschreiben oder durch die Vorlage von Bestätigungen zu belegen.
Da in der Folgezeit trotz mehrfacher Aufforderungen durch die Familienkasse keine Nachweise eingingen, wies die Familienkasse den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 23. September 2009 als unbegründet zurück.
Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor, dass sie die Bewerbungsliste dreimal der Familienkasse vorgelegt habe. Sie könne nichts dafür, wenn Firmen es nicht für nötig hielten, abzusagen. Des Weiteren sei F bei der ARGE zwecks Arbeitssuche gemeldet gewesen.
Mit Anordnung des Gerichts wurde die Klägerin bis zum 30. März 2010 aufgefordert, mitzuteilen, wann sich F im Zeitraum Dezember 2008 bis April 2009 bei den in der von der Klägerin vorgelegten Liste aufgezählten Ausbildungsstellen (Bl. 196 f der Kindergeldakte) oder anderen Ausbildungsstellen beworben habe. Die Bemühungen sollten z.B. ggf. durch Bestätigungen dieser Stellenanbieter belegt werden. Ferner sollte mitgeteilt und nachgewiesen werden, ob F im März und April 2009 als Bewerber bei der Agentur für Arbeit um eine berufliche Ausbildungsstelle registriert worden sei.
In der Folgezeit wurden keine Nachweise vorgelegt. Das Gericht hat der Klägerin mitgeteilt, dass es nach § 94 a der Finanzgerichtsordnung – FGO – das Verfahren nach billigem Ermessen bestimmen könne, weil der Gegenstandswert unter 500 EUR im Streitfall liege.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
unter Änderung des Bescheids über die Festsetzung des Kindergelds vom 27. Juli 2009 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 23. September 2009 die Familienkasse zu verpflichten, ihr für F Kindergeld in Höhe von monatlich 164 EUR auch im Zeitraum März 2009 bis April 2009 zu gewähren.
Die Familienkasse beantragt
Klageabweisung.
Zur Ergänzung des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Einspruchsentscheidung vom 23. September 2009, die Kindergeldakte und die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist unbegründet.
1.1. Nach § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c des Einkommensteuergesetzes – EStG – besteht für ein über 18 Jahre altes Kind, das das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, Anspruch auf Kindergeld, wenn es eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz nicht beginnen oder fortsetzen kann. Zweck der Vorschrift ist die Gleichstellung von Kindern, die noch erfolglos einen Ausbildungsplatz suchen, mit solchen Kindern, die bereits einen Ausbildungsplatz gefunden haben, da in typisierender Betrachtung d...