Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Kindergeld für im Ausland lebendes Kind. Anspruchsberechtigter. Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente. Kein gewöhnlicher Aufenthalt oder Wohnsitz des Kindes im Inland, der EU oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums. Arbeitnehmer i. S. des deutsch-türkischen Abkommens über soziale Sicherheit
Leitsatz (redaktionell)
Der in der BRD lebende Bezieher einer Erwerbunfähigkeitsrente hat keinen Anspruch auf Kindergeld für einen in der Türkei lebenden minderjährigen Sohn.
Normenkette
EStG § 63 Abs. 1 S. 3
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Der Kläger, ein in der BRD lebender Türke, übt keine versicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aus und bezieht auch kein Arbeitslosengeld, sondern seit Dezember 1999 eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Sein im Juli 1985 geborener Sohn T. (T) lebt zusammen mit der geschiedenen Ehefrau des Klägers in der Türkei.
Mit Antrag vom 22. November 2001, der am 21. Januar 1992 beim Beklagten (Arbeitsamt – AA –) einging, beantragte der Kläger Kindergeld für seinen Sohn T. Dies lehnte das AA mit Verfügung vom 31. Mai 2002 ab.
Der dagegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung – EE – vom 15. Oktober 2002, Bl. 34 f. KiG-Akte).
Im Klageverfahren machte der Kläger zunächst geltend, die Entscheidung des AA verstoße gegen den Beschluss des Assoziationsrates EWG/Türkei Nr. 3/80 vom 19. September 1980 (Auszüge Bl. 33–52 FG-Akte). Hiernach habe der Kläger Anspruch auf Kindergeld auch dann, wenn er wie vorliegend eine Rente im Rahmen der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung beziehe. Sodann wird geltend gemacht, die Ausgrenzung des Klägers, der ohne eigenes Verschulden arbeitsunfähig geworden sei, stelle einen nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung dar. Außerdem wird eine unrichtige Begründung im Ablehnungsbescheid vom 31. Mai 2002 gerügt. Der Einzelrichter verweist ergänzend auf die Schriftsätze vom 28. Oktober 2002 und 27. Juni 2003.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
unter Aufhebung des Bescheids vom 31. Mai 2002 und der EE vom 15. Oktober 2002 das AA zu verpflichten, dem Kläger Kindergeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften auszuzahlen.
Das AA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt in den Schriftsätzen vom 2. Januar und 3. Juni 2003 der Argumentation des Klägers entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Kindergeld für den Sohn T nicht zu.
Wie das AA zu Recht ausführt, ist er zwar anspruchsberechtigt, weil er durch den Bezug von Erwerbsunfähigkeitsrente Arbeitnehmer i.S.d. Assoziationsratsbeschlusses 3/80 ist (insoweit findet dieser zugunsten des Klägers Anwendung).
Ein Anspruch auf Kindergeld für den Sohn T ist aber deshalb nicht gegeben, weil dieser weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in der EU oder einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums hat (§ 63 Abs. 1 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG –). Diese Regelung ist verfassungskonform (Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 26. Februar 2002 VIII R 85/98 BFH/NV 2002, 912).
Eine Ausnahme von dieser Regel wäre nur zu machen, wenn Art. 33 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30. April 1964 (BGBl. II 1965, 1169) i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. November 1984 zur Änderung des Abkommens (BGBl. II 1986, 1040) auf ihn Anwendung fände. Dies ist aber gerade nicht der Fall, da der Kläger mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit und dem Erwerb des Anspruchs auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente nicht mehr in einem Beschäftigungsverhältnis steht (s. Urteil des FG München vom 27. Januar 2000 – 16 K 3569/98, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG – 2000, 574).
Der Einzelrichter sieht in dieser Rechtsgestaltung keine ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers. Es erscheint durchaus vertretbar, dass das deutsch-türkische Abkommen über Soziale Sicherheit die Ausnahme vom Grundsatz des § 63 Abs. 1 Satz 3 EStG auf den Kreis der Arbeitnehmer begrenzt. Es ist weder geboten noch angebracht, zugunsten des Klägers eine weitere Ausnahme von der Ausnahme zu machen (s. auch Urteil des FG München im EFG 2000, 574). Denn im Falle der Einbeziehung des Klägers in den begünstigten Personenkreis würden dessen Ansprüche über die Rechte deutscher Staatsangehöriger hinausgehen.
Unschädlich ist, dass das AA die EE mit einer nach Meinung des Klägers unrichtigen Begründung versehen hat. Bei nichtermessensgebundenen Verwaltungsakten reicht es aus, dass sie im Ergebnis (in ihrem Tenor) mit dem geltenden Recht übereinstimmen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.
Die Entscheidung ergeht durch den Einzelrichter gem. § 5 Abs. 1 FGO (s. Beschluss vom 4. August 2002).
Fundstellen